«Ich habe nicht das Gefühl, dass es bereits zehn Jahre sind», sagt Moderator Sven Epiney, 49, mit einem Lächeln zu seinem Freund Michael Graber, 28. Dieser nickt, schnippt mit den Fingern und lacht: «So schnell gingen sie vorbei.» Dieses Wochenende geht es nur um sie. Im Grand Resort Bad Ragaz feiern sie ihr Liebesjubiläum. Vor zehn Jahren trafen sich die beiden erstmals an den Schweizer Kochmeisterschaften 2011 in Rapperswil-Jona SG. Epiney moderierte den «Gusto»-Event, Graber nahm als Finalist am Wettbewerb teil.
Wars Liebe auf den ersten Blick?
Sven: Wir waren uns auf Anhieb sympathisch, aber standen beide im Einsatz und machten unsere Arbeit. Wir waren zu fokussiert für etwas anderes.
Michael: Am Samstag waren die Schweizer Meisterschaften, und am Mittwoch darauf sind wir uns in Zürich über den Weg gelaufen. Ein verrückter Zufall. Ich war in der Heldenbar am «Töggele», und Sven kam herein. Ich schaute ihn an und er mich …
Sven: Dann haben wir fünf Stunden miteinander geredet, danach (beide zusammen) war alles klar (sie lachen).
So schnell?
Michael: Mein Kollege war auch dort. Als wir nach Hause gingen – also nicht mit Sven –, sagte er nur: «Gell, du hast dich verliebt.»
Sven: So gesehen war es Liebe auf den ersten Blick, einfach beim zweiten Treffen. Von da an haben wir uns jeden Tag gesehen, rund zwei Jahre lang. Das fiel uns erst auf, als ich für den Eurovision Song Contest allein an den Austragungsort ging.
Michael: Entweder kam ich bei dir mit oder du bei mir. Wir sind uns generell sehr nah, teilen gemeinsame Hobbys, Ideen und Einstellungen zum Leben.
«Es war Liebe auf den ersten Blick, einfach beim zweiten Treffen»
Sven Epiney
Das «Surf & Turf»-Gericht von den Schweizer Meisterschaften – Bärenkrebsschwänze und Rindsfilet in Mangoldhülle – hat Michael Graber nie mehr serviert. Doch in der Küche stehen der ausgebildete Koch und Epiney, der jahrelang die Kochsendung «al dente» moderierte, beide gern. Jede Woche bruncht das Paar ausgiebig, so auch jetzt in seiner Suite. «Wenn wir frei haben, schlafen wir aus, brunchen im Bett und haben so einen gemütlichen Start in den Tag», sagt Epiney. «Wir haben Freude an gutem Essen», und so lassen sie es sich nicht nehmen, Spitzenkoch Sven Wassmer, 35, im «Memories» zu besuchen.
War euch der Altersunterschied bewusst?
Sven: Ja klar, aber er war nie ein Thema.
Dann wurde eure Beziehung publik.
Sven: Das war etwa nach einem halben Jahr. Wir wollten sie aber nie gross nach aussen tragen, aber auch kein Versteckspiel machen.
Michael: Es war nicht einfach, von null auf hundert als Freund von Sven bekannt zu sein. In der Öffentlichkeit drehte sich alles um ihn, und ich war die neue Person an seiner Seite.
Vor zehn Jahren war es noch anders, als gleichgeschlechtliches Paar in den Medien zu erscheinen.
Michael: Ja, aber ich war bereits geoutet, das passierte also nicht durch unsere Beziehung. Schön ist, wenn Heterosexuelle mit allfälligen Vorurteilen uns kennenlernen und diese Vorurteile dann verfliegen.
Sven: Wir versuchen, es auf eine natürliche und simple Art zu zeigen, indem wir einfach unser Leben leben, unsere Mitmenschen respektieren und hoffen, sie machen das Gleiche mit uns. Es wäre schön, wenn wir alle die gleichen Rechte und Pflichten hätten.
Verspürt ihr einen Druck, in eurer Beziehung Vorbild zu sein?
Sven: Nein. Wir führen die Beziehung, weil wir das wollen, sie geniessen, und wir sind dankbar für jeden Tag, den wir zusammen verbringen können.
Michael: Wenn wir damit auch ein kleines, ermutigendes Zeichen setzen können, ist das ein schöner Nebeneffekt.
«Dass wir uns immer noch so viel zu erzählen haben, ist cool»
Michael Graber
Sven Epiney und Michael Graber im Pärchen-Check
Als Koch hat Michael Graber seit seinem Abschluss nicht mehr gearbeitet. Heute ist er als Social-Media-Manager in der Kommunikation bei der Migros tätig. «Michael ist in der Öffentlichkeit längst nicht mehr ‹nur› mein Freund, sondern wird eigenständig wahrgenommen», sagt Sven Epiney. Zusätzlich ist das Paar aber auch im Duo präsent – ob an Events oder in den Medien. «Wir sind in den Jahren zu einem tollen Team zusammengewachsen, ergänzen uns gegenseitig.» – «Ja es hört sich immer nach Puderzucker an», sagt Graber. «Aber auch in unserer Beziehungs gibts Salz und Pfeffer.»
Habt ihr Ups und Downs erlebt?
Sven: Das gehört wohl dazu. Downs erleben wir bei kleineren Meinungsverschiedenheiten oder wenn einer von uns weniger gut gelaunt ist.
Michael: Der Stresslevel spielt hier jeweils eine Rolle. Wenn Sven oder ich ein wichtiges Projekt haben, fokussieren wir uns stark darauf, da ist es nicht immer einfach, die richtige Balance zu finden. Bei uns sieht kein Tag gleich aus, was mir anfangs Energie raubte und viel Organisation erforderte.
Wie pflegt ihr eure Beziehung?
Sven: Wir freuen uns an den überwiegenden positiven Momenten, die unsere Liebe stärken.
Michael: Kommunikation ist ein wichtiger Schlüssel unserer Beziehung. Dass wir zusammen in ein Restaurant gehen können und abends heimkommen und einander immer noch so viel zu erzählen haben, ist cool. Gut, mit Sven ist es einfach, weil er eh so viel redet (lacht).
Sven: Du redest auch viel! (Lacht.) Es ist wichtig, dass man sich gegenseitig sagt, was man denkt und fühlt. Aber meistens verstehen wir uns sowieso blind. Michael: Und wir schenken uns gern kleine Aufmerksamkeiten, die die Beziehung beleben. Ein Post-it am Spiegel zum Beispiel mit einer herzigen Nachricht. Mit kleinen alltäglichen Dingen versuchen wir, stets wieder für kleine Überraschungen zu sorgen.
Sven: Bei uns verschmilzt die Arbeit oft mit der Freizeit. Da ist es nicht leicht, dies zu trennen oder abzuschalten. Eine volle Agenda setzte Michael anfangs oft unter Druck, auch wenn da viele private und schöne Aktivitäten dabei waren. Die Termine können zwar stressig sein, aber deren Inhalte sind es meist nicht.
Michael: Das musste ich lernen, und da habe ich mich in den letzten Jahren am meisten weiterentwickelt. Ich lebe bewusster, geniesse mehr den Moment.
Ein Besuch auf dem Weingut Fromm in Malans GR steht an. Francesco Benvenuto, Sommelier des Restaurants Igniv, lädt zum Fassabfüllen seiner Weine ein. Zum Abschluss wird mit einem Malanser aus dem Jahr 2011 auf die Liebe angestossen. «Das muss der beste Jahrgang sein», scherzt Epiney und schaut Michael verliebt an. Tatsächlich wird der «Abgang» vom Weingut sehr romantisch: eine Kutschenfahrt mit der Rösslipost. In ihren Teenager-Jahren sind beide mehrere Jahre geritten.
Zelebriert ihr gern eure Beziehung?
Sven: Zelebrieren ist das falsche Wort, aber es ist doch schön, wenn man gewisse Daten feiern kann. Das gehört für uns auch zur Wertschätzung der Partnerschaft.
Michael: Es ist grandios, was wir alles schon gemeinsam in diesen zehn Jahren erleben durften, und wir freuen uns auf alles, was noch kommen wird.
Habt ihr Zukunftspläne?
Sven: Wir haben Träume und Visionen. Möchten noch vieles auf die Beine stellen und einige Projekte realisieren.
Zum Beispiel die Hochzeit?
Sven: Ja, aber wegen der aktuellen Lage nehmen wir es, wie es kommt, wir haben diesbezüglich keinen Stress. Das Jahresziel ist es, die Location zu suchen und für nächstes Jahr zu buchen.
Keine Angst, dass das Wort Ehe euch einengt?
Gemeinsam: Nein! (Lachen.)