Gute Vorbereitung ist alles: Yangzom Brauen, 39, sitzt im Schatten beim Pool und macht eifrig Notizen ins Drehbuch. Es ist 40 Grad heiss im kalifornischen La Quinta, aber auf ihrer Stirn ist keine Schweissperle auszumachen. «Ich liebe die trockene Hitze», sagt die Bernerin. «Aber man muss schon dringend einen Swimmingpool haben. Und früh aufstehen, denn um sechs Uhr ist die schönste Zeit in der Wüste.»
Die Regisseurin hat die schmucke Fünf-Zimmer-Casita im spanischen Revival-Stil vor einem Jahr gekauft. Hier, zwei Autostunden östlich von Los Angeles, verbringt Yangzom Brauen die meiste Zeit. Das heisst, wenn sie nicht in L. A., Atlanta oder Honolulu auf einem Filmset steht.
Die Schauspielerin mit Schweizer und tibetischen Wurzeln hat sich nämlich inzwischen als Regisseurin von amerikanischen TV-Serien etabliert: «Vor gut einem Jahr drehte ich die erste Folge von ‹Navy CIS: L. A.›, jetzt kommen ‹Hawaii Five-0›, ‹Station 19› und ‹MacGyver› dazu. Ein Angebot für ‹How to Get Away with Murder› musste ich aus zeitlichen Gründen sogar ablehnen», so Brauen. Sie ist selber erstaunt, wie schnell ihre Karriere hinter der Kamera abhob.
Der Erfolg kam freilich nicht über Nacht: Erst drehte Yangzom Brauen quasi als Trainingsstück die Komödie «Who Killed Johnny» bei sich zu Hause mit Melanie Winiger, 40, und Carlos Leal, 50, dann den Kindersoldaten-Movie «Born in Battle».
Bei einem Screening des Kurzfilms lernte sie einen TV-Regisseur der Krimiserie «Navy CIS: L.A.» kennen. Er erklärte ihr, dass man zuerst einem Regisseur während der Produktion über die Schulter schauen müsse, um beim US-Fernsehen einen Fuss in die Tür zu bekommen. Nach ein paar Monaten willigte er ein, dass sie über seine Schultern gucken darf.
Nach diesem Blick hinter die Kulissen bewarb sich Yangzom Brauen bei den Produzenten als Regisseurin. Wieder verstrichen Monate. Brauen blieb am Ball. Schliesslich bekam sie den Zuschlag für eine Episode. «Ich sprang ins kalte Wasser. Die grosse Verantwortung machte mich schon etwas nervös», gibt sie zu.
«Die Folge enthielt viele Action-Szenen, und meine Agentur meinte, ich müsse einen Superjob machen, damit sie mich für weitere Episoden wieder holen.» Sie bestand die Feuertaufe. Bereits beim Schneiden wurde sie für eine weitere Folge engagiert. Mit den Serienstars LL Cool J, 51, und Chris O’Donnell, 49, kommt sie gut zurecht: «Sie haben keine Allüren. Und ich habe keine Hemmungen, etwas Neues einzubringen.»
Yangzom Brauen legt das Drehbuch zur Seite. Zeit für etwas Abkühlung im eigenen Pool. Ihr Blick streift über die Zitrusbäume, Wüstenpflanzen, den alten Rebstock, dessen Ausläufer sie bis in zwei Jahren ganz über den Sitzplatz ziehen will: «Ich habe den Garten neu angelegt. Es braucht seine Zeit, aber diese Arbeit ist ein guter Ausgleich», sagt sie. «Die Liebe meiner Mutter zum Gärtnern hat wohl doch auf mich abgefärbt.» Nur ihrem elfjährigen Hund Will ist der Garten egal, er schläft lieber auf dem kühlen Steinboden der klimatisierten Küche.
Der Abwesende in der idyllischen Oase: Brauens Mann Hadi Salem, 52. Die beiden haben sich im verflixten siebten Ehejahr getrennt. «Es heisst, man verändert sich alle sieben Jahre. Vielleicht stimmt das ja wirklich», meint sie und fügt an, dass die Zahl Sieben in Tibet eine Glückszahl ist. «Wir haben gemerkt, dass wir die Beziehung, die wir hatten, so nicht mehr wollten. Wir sind immer noch Freunde und teilen uns den Hund.»
Sie glaubt nicht, dass ihr Aufstieg zur erfolgreichen Hollywood-Regisseurin die Trennung herbeigeführt hat, da beide schon vorher busy waren. «Mich macht das Ganze auch nicht traurig. Ich glaube immer noch an die Liebe», sagt sie. «Aber ich bin ein anderer Typ als meine Eltern, die seit fast 50 Jahren verheiratet sind. Aus dem Buddhismus weiss ich, dass alles vergänglich ist: Auch die Liebe kommt und geht.»
Eine letzte Runde im Pool. Yangzom Brauen will noch am Schnitt ihres Dokumentarfilms über ihre 103-jährige tibetische Grossmutter weiterarbeiten. Es ist ein Projekt, das sie zusammen mit ihrem Vater, dem Ethnologen Martin Brauen, 71, begonnen hat.
Und später will sie zur Driving Range: «Hier draussen in der Wüste spielen alle Golf. Ich habe jetzt auch angefangen und will unbedingt besser werden.» An Durchhaltevermögen fehlt es ihr jedenfalls nicht.