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«Das Geschäft basiert auf Ausbeutung»

Yannik Zamboni rechnet mit der Modebranche ab

Yannik Zamboni bricht mit Amazon aus ethischen Gründen und kämpft gegen die Ausbeutung in der Textilindustrie. Im Interview mit Blick spricht er über sein Engagement.

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PASADENA, CA - APRIL 6: Heidi Klum and Yannik Zamboni are seen on April 6, 2023 in Pasadena, California.  (Photo by Hollywood To You/Star Max/GC Images)

Yannik Zamboni gewann vor zwei Jahren die Reality-Show «Making The Cut».

GC Images

Vor zwei Jahren veränderte sich das Leben von Yannik Zamboni (37) für immer. Der aus dem Baselbiet stammende Modedesigner gewann die Reality-Show «Making the Cut» mit Heidi Klum (51) und damit eine Million Kapital für sein Label «Maison Blanche». Seither ist er immer wieder im nationalen und internationalen TV zu sehen. So steht er am Dienstagabend (20.15 Uhr, Prosieben) an Heidi Klums Seite, wenn sie die Finalisten für die diesjährige Staffel von «Germany's Next Topmodel» auswählt. Geschäftlich steht der Schweizer vor neuen Herausforderungen: Er hat mit seinem ehemaligen Vertriebspartner Amazon gebrochen und berichtet von langen Arbeitstagen. «Es ist, als würde ich von neuem beginnen.»

Blick: Yannik Zamboni, wieso haben Sie sich von Amazon, diesem grossen Vertriebspartner, getrennt?

Yannik Zamboni: Zu Beginn fand ich es eine gute Herausforderung, mit meinen Werten und meinen Ansichten etwas zum Positiven zu verändern. Wenn man bei Amazon etwas kleines ändert, hat es eine grosse Wirkung. Aber ich habe schnell gemerkt, dass gewisse Dinge naiv von mir waren – und dass man manche Sachen nicht so schnell verändern kann. Alles musste von 18 Stellen gutgeheissen werden.
 

Welche Dinge sind bei Ihrem Label einfacher umsetzbar?

Ich setze seit Beginn auf Nachhaltigkeit, faire Löhne und biologisch abbaubare und vegane Textilien. Das wäre mit dem neuen Deal mit Amazon und der grossen Produktionsmenge zu einem Problem geworden.

Was heisst die neue Selbstständigkeit für Sie konkret?

Ich musste Personal um die Hälfte reduzieren. Ich arbeite momentan sehr viel, seit Dezember rund sieben Tage die Woche. Mir ist es sehr wichtig, dass wir eigenständig bleiben und weiter produzieren können. Und dass ich weiterhin faire Löhne zahlen kann. Viele schauen mich fragend an, wenn ich sage, dass ich meine Praktikanten bezahle, weil das in der Branche nicht üblich ist. Aber ich finde, ein fairer Lohn steht allen zu. Die ganze Textil- und Modebranche ist auf Ausbeutung aufgebaut.

Inwiefern?

Man sieht es nicht nur im Ausland, sondern auch bei uns. Früher haben Hausfrauen Stickereien gemacht und wurden dafür kaum bezahlt, dafür ihre Arbeit teuer weiterverkauft. Von Baumwollplantagen müssen wir gar nicht sprechen. Es gibt sehr viele sehr reiche Unternehmen, die auf Ausbeutung basieren. Ich will beweisen, dass man ein erfolgreiches Geschäft mit fairen Bedingungen führen kann.

Durch ihren Sieg in der US-Realityshow ist Ihr Label international bekannt. Wie viel Prozent von «Maison Blanche» wird hierzulande abgesetzt, wie viel international?

Das finde ich sehr traurig. National liegen wir bei sechs Prozent, den Rest verkaufen wir international. Amazon ist vor allem im Ausland tätig, darum liegen die grössten Märkte für uns noch in den USA und in Südamerika. Aber im Herbst lancieren wir eine neue Kollektion mit grösserem Fokus auf die Schweiz.

 

Yannik Zamboni im SI.Talk


«Ich finde Nacktheit befreiend»


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Designer, Lebemensch & Heidi Klums Darling – Yannik Zamboni fällt auf und startet mit seiner Mode durch. Im SI.Talk spricht der Baselbieter über seinen inneren Kampf mit der Religion, über Nacktheit und Mobbing-Erfahrungen. Ausserdem verrät der Modemacher, dass er sich synchron mit seiner Schwester geoutet hat und gesteht, dass Heidi ihn zum Zittern brachte. Sina Albisetti

Ist Ihre Mode zu auffällig für unser Land?

Ich habe schon den Eindruck, dass Schweizer etwas zurückhaltender und dezenter sind und modisch nicht viele Experimente wagen. Aber ich weiss auch, dass Mode ein Business ist, in dem man sich langsam und über Jahre etabliert. Immer wieder heisst es: Weitermachen und durchbeissen. Und momentan ist es genau das.

Können Sie von Ihrer Arbeit leben?

Ja, ich und meine Mitarbeiter können davon leben.

Woher kommt Ihre aktivistische Ader?

Ich habe sehr schlechte Erfahrungen in einem Praktikum gemacht und dort die schlimmen Seiten des Modebusiness kennengelernt. Da war mir schnell klar: Ich will das nicht. Ich habe angefangen, zu recherchieren und sah, wie viel schiefläuft in diesem Geschäft. Die Modebranche ist beispielsweise der zweitgrösste Umweltverschmutzer der Welt. Das ist doch verrückt. Wenn wir nur diese Branche ändern, hätte das schon einen riesigen Einfluss. Ich weiss nicht, wie man in diesem Wissen normal weiterarbeiten kann, und das stresst mich.

Sie bezeichnen sich als gender-nonconforming. Was heisst das?

Ich sehe mich als Mann, habe aber keine Lust, die gesellschaftlichen Erwartungen eines Mannes zu erfüllen. Deswegen finde ich es okay, wenn die Pronomen er/ihm und sie/ihr für mich verwendet werden. Das einzige, was ich nicht mag, ist, wenn ich als «Herr Zamboni» angesprochen werde. Das klingt altbacken und überhaupt nicht zeitgemäss. Ich bin einfach Yannik Zamboni.

Dienstagabend sind Sie als Gastjuror in «Germany's Next Topmodel» zu sehen. Wie oft sind Sie in Kontakt mit Heidi Klum?

Wir hören uns zwei- bis dreimal in der Woche.

Heidi Klum kürte Sie zum Sieger ihrer Show «Making the Cut». Steht sie Ihnen heute in Geschäftsfragen beratend zur Seite?

Ich versuche, das klar zu trennen. Wenn ich etwas Geschäftliches von Heidi will, kontaktiere ich ihr Management. Wenn ich ihr direkt schreibe, sind es freundschaftliche, witzige und auch blöde Sachen.

Sie wollten Heidi Klum ein Chalet in den Alpen organisieren.

Ja, aber bislang habe ich nichts Passendes gefunden! Es soll etwas richtig Urchiges und trotzdem an einer guten Lage sein. In St. Moritz oder Zermatt habe ich bislang nur top-ausgebaute Berghütten gefunden. Dabei will Heidi wirklich so etwas wie im Klischee: Heidi auf der Alp.

Von Michel Imhof am 12. Juni 2024 - 12:00 Uhr