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  4. Schwangerschaft: Schweizer Jungunternehmer früh Kind und Karriere
Die zwanzigjährige Unternehmerin erwartet ihr erstes Kind

«Zweifel? Nicht weil uns Leute kritisieren, ohne uns zu kennen»

Knapp zwei Jahre kennen sie sich. Seither haben Yaël Meier und Jo Dietrich eine Firma gegründet, für ihren Innovationsgeist vom Wirtschaftsmagazin «Forbes» eine Auszeichnung erhalten und ein Kind gezeugt. Wie sich die 20-jährige Luzernerin und der 24-jährige Zürcher bei Karriere und Kind über alle Zweifel hinwegsetzen – und warum sie nichts auf Hatespeech im Internet geben.

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Yael Meier und Jo Dietrich, Dez 2021

Sie ist 20, er 24, und ab Mitte Januar sind sie zu dritt: Start-up-Gründerin Yaël Meier mit Partner Jo Dietrich.

David Biedert

Sie bilden ein unermüdliches Paar. Yaël Meier und Jo Dietrich stellen eine eigene Firma auf die Beine, pendeln währenddessen ihrer Beziehung wegen zwischen Lissabon (wo er wohnte) und Zürich (wo sie wohnte) – und nun bekommt Yaël ihr erstes Kind. Bemerkenswert: Die Jung-Unternehmerin ist gerade mal 20, ihr Freund 24. Nun machen die beiden einen Moment halt. Den Januar verbringen sie in Meiers Elternhaus in Vitznau LU. Sie warten auf die Geburt ihres Sohnes.

Yael Meier, Dez 2021

Bei ihren Eltern am Vierwaldstättersee wartet Yaël Meier auf die Geburt ihres Sohnes.

David Biedert

Hier am Vierwaldstättersee ist Meier mit drei Brüdern aufgewachsen. Von hier wollte sie schon in ihrer Kindheit dringend weg. «Zu eng» war es ihr. Bei der ersten Gelegenheit, nachdem sie das Gymnasium mit 17 abgeschlossen hatte, hiess es darum: ab nach Zürich, ein Praktikum und danach einen festen Job beim «Blick» ergattern; daneben schauspielern, Rollen in Komödien wie in Natascha Bellers «Die fruchtbaren Jahre sind vorbei» einheimsen; dazwischen Jo auf einer Party kennenlernen, zusammen nach Hause laufen – sich verlieben.

Der gebürtige Zürcher studierte da gerade Digital Business Management und stand kurz vor einem Auslandsjahr. «Natürlich hörten wir Dinge wie: ‹Eine Fernbeziehung? Von Anfang an? Ui. Das klappt nie!›», sagt Dietrich. Es klappte doch. Auch die kritischen Stimmen, die ein paar Monate später meinten: «Ihr wollt euch selbstständig machen? Riskant!», ignorierten sie. Der Erfolg gibt ihnen Recht.

«Älter und erfahrener heisst nicht automatisch auch besser zu sein»

Jo Dietrich

Seit Anfang 2020 ist das Duo selbstständig. Mit ihrer Kommunikations- und Beratungsfirma Zeam helfen die beiden Firmen, die Generation Z zu erreichen. «Obwohl die Zielgruppe zwischen 15 und 25 Jahre alt ist, entwickeln und entscheiden in Unternehmen meist Menschen, die älter sind als 30, über Produkte, Dienstleistungen und Kommunikationsstrategien. Wir wollen diese Lücke schliessen», sagt Meier. Dazu lehren sie etwa, Kurzvideos zu erstellen. Oder geben Tipps, um erfolgreich Instagram-Kanäle zu führen.

Knapp 400'000 der derzeit erwerbstätigen Schweizerinnen und Schweizer sind gemäss dem Bundesamt für Statistik um die Jahrtausendwende geboren. Das mache zwar gerade mal acht Prozent aus, sie bilden aber die künftige Kundschaft. Deshalb interessieren sich Unternehmen immer häufiger und besonders für sie. Das Konzept von Meier und Dietrich ist gefragt: Versicherungen wie die Mobiliar oder Bauunternehmen wie Walo Bertschinger wollen ihren Rat.

Yael Meier und Jo Dietrich, Dez 2021

Nach einem Jahr in Lissabon arbeiten sie jetzt von Vitznau aus. Im Anschluss an die Geburt (kann jeden Moment soweit sein) solls direkt nach London gehen.

David Biedert

Das Wirtschaftsmagazin «Forbes» hat die beiden für ihr Geschäftsmodell unter die 30 einflussreichsten Unter-30-Jährigen im deutschsprachigen Raum erkoren. Dazu kommt eine beachtliche Reichweite in den Sozialen Medien. Auf Tiktok folgen ihnen über 200'000 Leute, auf Instagram mehr als 22'000, und seit Kurzem hat auch ihr Youtube-Kanal mehr als 1000 Abonnenten. Hier sprechen sie etwa darüber, wieso sie in ihrem Alter ein Kind wollten – und werden dafür angefeindet.

«Wenn dich jemand, der dich nicht mal kennt, kritisiert, weil er halt vielleicht ein Problem mit sich selber hat, muss man nicht gleich alles hinterfragen», meint Dietrich unbeeindruckt. «Durch die Selbstständigkeit haben wir genug Selbstvertrauen gewonnen. Auch darin, eine eigene Familie zu gründen», so Meier.

Ihren Sohn bringt Yaël im Januar in Luzern zur Welt. Dann ist Schluss mit der Vitznauer Verschnaufpause. Im Februar ziehen sie nach London. Jo beendet dort sein Studium. Die Elternzeit und die Arbeit im niemals ruhenden Business wollen sie gleichberechtigt aufteilen. Kürzerzutreten ist auch in Zukunft nicht geplant.

Von Rahel Zingg am 19. Januar 2021 - 06:09 Uhr