Mein Mann und ich sind uns in Erziehungsfragen oft uneins. Er reagiert nachgiebiger als ich. Wenn ich etwas verbiete, erlaubt er es sogar heimlich. Schadet das unseren Kindern? – Christa
Liebe Christa
Dass sich Eltern nicht in allen Erziehungsfragen einig sind, ist total normal und muss dich nicht beunruhigen. Dennoch finde ich es wichtig, dass ihr euch über die wesentlichen Punkte austauscht und eine gemeinsame, wenn auch nicht einheitliche Linie vertretet. Denn wenn du deinen Kindern etwas verbietest und dein Mann es hinter deinem Rücken erlaubt, ist das für euer friedliches Miteinander sicher nicht förderlich. Zudem werdet ihr als Eltern in den Augen der Kinder schnell unglaubwürdig.
Auch bringt euer Verhalten eure Kinder in eine unangenehme Lage. Wie sollen sie reagieren, wenn sie zwei verschiedene Anweisungen erhalten? Fernseher ausschalten, wenn Mama das will. Oder weiter fernsehen, weils der Papa ja erlaubt. Eine unmögliche Situation, nicht? Manche Kinder fühlen sich geradezu provoziert, die Eltern gegeneinander auszuspielen und gehen, wenn sie von einem Elternteil ein «Nein» erhalten haben, einfach zum anderen Elternteil die Erlaubnis einholen.
Alexandra Langmeyer, Leiterin der Fachgruppe «Lebenslagen und Lebenswelten von Kindern» am Deutschen Jugendinstitut in München denkt noch weiter. «Wenn manche Elternteile soweit gehen, dass sie ihren Kindern Dinge erlauben, die der andere Elternteil verboten hat, lernen die Kinder, dass Eltern einander in den Rücken fallen», sagt Langmeyer.
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Generell ist es für Kinder nicht tragisch, wenn ein Eltern-Konflikt auch mal eine heftige Diskussion auslöst. Längst nicht jeder Streit ist schädlich! Eine gute Streitkultur fördert sogar die kindliche Entwicklung. «Wenn man eine gemeinsame Lösung findet und zeigt, dass man sich trotzdem gerne hat, lernen die Kinder dadurch, dass Streit zum Leben dazugehört und nicht per se bedrohlich für eine Beziehung sein muss», so Langmeyer. Wenn jedoch aus den unterschiedlichen Erziehungsstilen ständige Konflikte zwischen den Eltern resultieren, sei das schädlich für die Kinder und führe zu Verhaltensauffälligkeiten.
Liebe Christa, es hat auch Vorteile, wenn man sich als Eltern nicht immer einig ist. Eure Kinder lernen dadurch, lösungsorientiert zu denken. Sofern ihr als Team auftretet, gegenseitig eure Standpunkte akzeptiert und bestrebt seid, eine gemeinsame Lösung zu finden. So könnte das tönen: «Schau, wenn Mami da ist, stellt ihr den Fernseher ab. Dafür dürft ihr am Wochenende bei Papa 15 Minuten länger schauen.»
Dafür aber braucht es dringend ein Gespräch zwischen deinem Mann und dir. Warum geht ihr nicht spazieren und diskutiert das Thema in Ruhe? Frag deinen Mann, warum er unterschiedlicher Meinung ist und höre ihm auch gut zu. Anschliessend kannst du in Ruhe deinen Standpunkt vertreten und ihm aber auch sagen, was du dir wünschst! Nur so könnt ihr gemeinsam eine Lösung finden, ein Kompromiss, hinter der ihr beide stehen könnt.
Herzlich,
Romina
Unsere Expertin für Familienfragen
Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.