Wenn Golf-Reiseleiter Paul nach der Rückkehr von der Runde zum Tai-Chi auf der «Excellence Rhône» lädt, hat er einen schweren Stand: Den drei Dutzend Golferinnen und Golfern unter den 142 Schiffspassagieren steht der Sinn nicht zuerst nach Schattenboxen und Meditation. Wer vom Spiel kommt, will nicht schweigen wie ein Shaolin-Mönch, sondern plappern wie ein Buch. Über verschobene Birdieputts, hinterlistige Fahnenpositionen, grossartige Annäherungsschläge. Und dazu ein gutes Glas Wein geniessen. Oder zwei. Ganz besonders hier auf der Wasserstrasse vom Burgund bis in die Camargue. Zum Apéro ein spritziger Bourgogne Aligoté, ein edler Pouilly-Fuissé oder ein rauchiger Chablis, später beim Abendessen zu hervorragenden regionalen Spezialitäten ein schwerer Romanée-Conti, ein körperreicher Châteauneuf-du-Pape oder ein fruchtig-würziger Juliénas. Die Reisestrecke südwärts ab Saint-Jean-de-Losne auf der Saône und dann ab Lyon auf der Rhône bis nach Arles ist ein einziges Vademecum grosser Weinprovenienzen. Wer will da schon meditieren?
Dabei entfachen auch die Golfplätze auf der achttägigen Flussreise eine gewisse Andacht bei den Besuchern. Und das umso mehr, je weiter es nach Süden geht. Die erste Runde im Golf de Mâcon in La Salle weckt die Begeisterung noch zögerlich. Zu viele «blinde» Schläge oder nach aussen hängende Spielbahnen machen die Front Nine des Parcours für Platzunkundige nicht eben einfach. Zudem ist der Pflegezustand des Par-71-Kurses zu dieser Jahreszeit, Mitte Mai, nicht ganz von Top-Standard. Die zweiten neuen Spielbahnen bieten dafür mit etlichen schmalen Passagen entlang des Wassers spannende Herausforderungen. Witzig das zehnte Green, das die Form eines Fusses hat.
Das wohl schönste landschaftliche Bijou sämtlicher fünf Golfrunden der Reise folgt noch im Burgund. Der 6000 Meter lange Parcours von Val de Sorne in Vernantois zwischen Mâcon und der Schweizer Grenze ist ein stetes, aber eher belebendes denn ermüdendes Auf und Ab. In absoluter Ruhe führt er, entlang von Rebbergen und felsigen Hügeln, über künstliche Gewässer, die doch äusserst natürlich wirken, und oft auch durch lauschige Waldabschnitte. Gleich mehrmals liegt bei erhöhten Tees die ganze Spielbahn zu Füssen der Golfenden. Highlight ist Loch 14, wo atemberaubende Ausblicke über ein saftig grünes Tal mit mehreren Kirchtürmen den steten Aufstieg zum Green lohnen. Dass die Anreise von der «Excellence Rhône» nach Val de Sorne mit dem Luxuscar mehr als eine Stunde dauert, irritiert höchstens auf dem Hinweg leicht. Beim Rückweg weiss man, dass sich jeder Kilometer gelohnt hat.
Von komplett anderer Charakteristik ist der berühmte Golf du Gouverneur bei Lyon. Zwei sehr lange und sportlich fordernde 18-Loch-Plätze – Le Breuil und Montaplan – stehen zur Auswahl, beide amerikanisch anmutend flach, offen und gewässerreich. Der gespielte Montaplan besticht mit seinem exzellenten Pflegezustand und grossartigen Greens. Dass hier die European Challenge Tour mehrere Jahre lang Station gemacht hat, spricht für sich. Prunkstück der Anlage ist das Klubhaus mit Hotel im mittelalterlichen Gouverneursschloss. Witzig: Von der Driving Range aus werden die Bälle aufs Wasser hinausgedroschen.
«Wahrzeichen» des Golf Grand Avignon in Vedène sind die zahllosen, teils sehr alten Bäume, die die Spielbahnen säumen. Zwischen Zypressen, Pappeln und Trauerweiden den Ball auf schmalen Bahnen im Spiel zu halten, ist oft eine beträchtliche Herausforderung. Auch hier verschafft das Einspielen auf der Wasser-Driving-Range einen besonderen Kick. Und auf der Runde ist der Lavendelduft allgegenwärtig. Ici, c’est la Provence!
Golferischer Abschluss und gleichzeitig absolutes Highlight der über 500 Kilometer langen Flussreise ist der Platz von Pont Royal in Mallemort. Östlich von Arles, am Rand des Naturparks des Lubéron, hat Altmeister Seve Ballesteros vor 27 Jahren einen Platz geschaffen, der vor landschaftlicher Schönheit und sportlichen Challen-ges strotzt. Flache, lange Fairways wechseln sich mit kurzen, gewunden ansteigenden ab, offene Spielbahnen mit grandiosen Aussichten über die hier doch sehr südländische Gegend konkurrieren mit engen und von Pinienwald umschlossenen. Besonders tricky: Spielbahn Nummer 7, ein Par 4 mit 120-grädigem Dogleg, das mutige Longhitter direkt Richtung Green überspielen. Der Platz ist ein Ballesteros-Meisterwerk – für 85 Euro Greenfee in der Hochsaison, notabene!
Nach der Runde? Gehts bequem mit dem Bus zurück zur luxuriösen Erholung auf die «Excellence Rhône». Mit Tai-Chi für jene, die wollen. Mit ein paar Gläsern voller Gaumenfreude für die anderen. So oder so: Besser als per Schiff auf Saône und Rhône durch ein Wein-Königreich lassen sich Lebensart und Golfgenuss kaum kombinieren.
Leinen los!
Anreise Mit dem Königsklasse-Luxusbus von Wil, Winterthur, Flughafen, Baden oder Pratteln nach Saint-Jean-de-Losne im Burgund, Rückreise im Bus ab Avignon.
Golf-Anforderungen Handicap 36 ist offiziell verlangt, aber schon mit der Platzreife ist man dabei (Start bei den internen Turnieren mit Hcp 36). Info www.mittelthurgau.ch, Tel. 071 626 85 85