Auf den Zentimeter genau lenkt er das Schiff in die Schleuse. Die Mauern sind plötzlich so nah, dass man sie leicht berühren könnte. Müsste man ein Auto unter diesen Bedingungen parkieren, würde man Blut schwitzen. Doch Kapitän Franck Masselon schwitzt nicht. Er ist die Ruhe selbst, steht am Seitensteuer, korrigiert mit sicherer Hand. Der Mann hat die «Excellence Royal» im Griff. Seine 144 Passagiere können sich zurücklehnen. Fast alle sind an Deck, um das Manöver zu beobachten. Entspannt geniessen sie dabei den letzten Morgenkaffee oder den ersten Drink. Die einen tragen einen Sonnenhut und machen es sich im Liegestuhl bequem. Die anderen plaudern in fröhlicher Runde – Ferienstimmung inmitten einer üppig grünen Szenerie, gekrönt von Burgen, gesäumt von prächtigen Landsitzen und mit zahlreichen Gelegenheiten, pittoreske Dörfer, farbenfrohe Städte und geschichtsträchtige Plätze zu besuchen.
Die Seine ist ein herrlicher Fluss. In unzähligen Windungen schlängelt sie sich durch die Landschaft, fliesst mitten durch Paris, umarmt erst die Ile de la Cité, um dann 360 Kilometer späterin der Nähe von Le Havre in den Ärmelkanal zu münden. Die ideale Kulisse für eine Flussreise! Der Strom bildet eine imposante Wasserstrasse, nicht zu breit jedoch, sodass man immer beide Ufer im Blick hat. Selten kreuzt ein Transportschiff den Weg. Nach Rouen, wo die Seine zur «Seine maritime» wird, las-sen die Gezeiten das Wasser zeitweise rückwärts fliessen.
Die Reise ist voller Höhepunkte: In Paris passieren wir an Bord eines kleinen Ausflugsbootes die (havarierte, aber nicht minder imposante) Notre-Dame, den Louvre und geniessen vom Montmartre aus den Blick über die Stadt. Am Abend, als die «Excellence Royal» ablegt, blinkt und funkelt der Eiffelturm zum Abschied. Bald erwartet uns das hübsche Städtchen Les Andelys, umrahmt von wuchtigen Kalkfelsen und der trutzigen, von Richard Löwenherz erbauten Festung. Rouen gefällt mit seinen Gässchen und den Erinnerungen an die französische Nationalheldin Jeanne d’Arc. Mit seinen farbigen Fassaden und dem lebhaften Hafen mutet das Städtchen Honfleur schon fast putzig an. Ein beliebtes Fotosujet liefern das berühmte Felsentor und die aufragenden Klippen in Etretat.
Diese Umgebung inspirierte zahlreiche Maler. In der Wiege des Impressionismus liessen sich Boudin, Pissarro, Braque und Manet von den Küsten und Kathedralen, vom Wechsel von Licht und Wolken zu unvergänglichen Werken animieren. Allen voran Claude Monet. Mit seinen Bildern machte er die Normandie weltberühmt. Ein Publikumsmagnet ist sein Wohnhaus mit dem blühenden Garten und dem Seerosenteich, den er in so vielen Gemälden festgehalten hatte. Gut, dass die Twerenbold-Busse, die treuen Begleiter der «Excellence Royal», ihre Gäste früh genug an die Gartenpforte in Giverny bringen. So hat man den Teich, die mit Glyzinien bewachsenen Brücklein und die Seerosen noch fast für sich alleine.
Eine kräftige Prise Savoir-vivre würzt diese Normandie-Reise. Die Region ist ein Paradies für Geniesser. Hier gedeihen nämlich die drei grossen C: Cidre, Camembert und Calvados. Unendlich viele Apfelbäume liefern den Saft für den kräftigen Cidre und den Apfelschnaps Calvados. Die gute Milch der Kühe lässt den Camembert reifen, und aus dem nahen Meer stammen der frische Fisch, die Austern und Meeresfrüchte. Offensichtlich beflügelt dieser kulinarische Garten Eden auch das Kochteam der «Excellence Royal». Diese entpuppt sich im Laufe der Reise als schwimmendes Grandhotel. «Die gehobene Küche und Gastlichkeit gehören zu unserer Excellence-Philosophie», bestätigt Stephan Frei, Geschäftsleiter des Reisebüros Mittelthurgau. Und fügt an: «Am Herd stehen bestens ausgebildete Profis.»
Zur Gastlichkeit zählen auch die überraschenden Ausflüge. In Honfleur beispielsweise besucht die ganze Gästeschar ein typisches Bistro am Hafen. In der Brennerei von Christian Drouin im Herzen des Pays d’Auge wird eine Degustation vom einfachen Cidre bis zum 20-jährigen Calvados geboten. Und jene Passagiere, welche ihre Reise mit dem Besuch eines Michelin-besternten Spitzenkochs kulinarisch krönen wollen, buchen ein Mittagessen bei David Görne in Caudebec-en-Caux. Er empfängt im charmanten «Manoir de Rétival», serviert zum Apéro im mediterranen Garten warme Austern mit Champagner, lädt dann zur Table d’hôte in die Küche und entfaltet dort in entspannter Atmosphäre einen Reigen an Gaumenfreuden. Gelassen geht es ohnehin auf der ganzen Schiffsreise zu. Sei es an Deck bei Liegen und Whirlpool, in den feudalen Zimmern, im Salon mit abendlicher Pianomusik oder beim Frühstück. Letzteres steht übrigens dem Frühaufsteher genauso wie dem Langschläfer zur Verfügung. Kein Wunder, dass viele Gäste immer wieder mit von der Partie sind. Wie etwa Louise Galliker aus dem Luzerner Seetal. Zum neunten Mal bereits bucht sie mit ihren zwei Töchtern eine Flussreise. Und während dieser Fahrt denkt sie schon darüber nach, wo es im kommenden Jahr wohl hingehen könnte.
Leinen los!
Anreise Mit dem Twerenbold-Reisebus von diversen Schweizer Städten nach Paris und von dort per Schiff bis Caudebec-en-Caux. Ausflüge nach Les Andelys, Honfleur, Deauville, Etretat, Rouen, Giverny. Info www.mittelthurgau.ch, Tel. 071 626 85 85