Ein Klotz ist ein Klotz ist ein Klotz – oder eben nicht. Denn wenn er den Namen Cuboro trägt, schlängeln sich Kurven und Rillen über seine Oberflächen oder verstecken sich Tunnels im Innern. «Bei uns heissen sie Elemente», sagt Sebastian Etter, Geschäftsführer von Cuboro. Über hundert Varianten gibt es davon. Der 33-Jährige kennt sie alle – ist er doch mit den Holzklötzchen aufgewachsen. Auf einem Hof in der Toskana, wohin seine Eltern in den Achtzigerjahren aus der Schweiz ausgewandert sind und zum grössten Teil als Selbstversorger lebten. «Mein Bruder und ich waren meistens draussen. Aber im Winter, wenn das Cheminée brannte, leerten wir die vollen Schachteln mit Cuboro aus und bauten riesige Kugelbahnen», erinnert er sich.
Sein Vater Matthias, Pädagoge, Mechaniker und Tüftler, entwickelte das Spiel anfänglich als Lernhilfe für Kinder mit geistiger und körperlicher Beeinträchtigung. Der erste Grosskunde war der WWF, welcher von der Nachhaltigkeit des Spiels überzeugt war. Seither werden auf der ganzen Welt Cuboro-Bahnen gebaut. Vor zwei Jahren hat Sebastian Etter die Leitung des Familienunternehmens mit Sitz in der Stadt Bern übernommen. «Wenn ich nicht zu hundert Prozent hinter der Firmenphilosophie stehen würde, hätte ich das nie gemacht», sagt er. «Ich finde es wichtig, dass Kinder mit wertigen Spielsachen aufwachsen. So ein Holzelement hat ein Gewicht, eine Struktur, einen Geruch. Wir müssen der nächsten Generation zeigen, dass es sinnvoller ist, weniger, dafür gute Dinge zu besitzen.»
«So ein Holzelement hat ein Gewicht, eine Struktur, einen Geruch»
Die Qualität beginnt bei den Baumstämmen. Remo Nyfeler, Inhaber der Nyfeler Holzwaren AG, welche die Elemente für Cuboro produziert, wählt die Baumstämme sorgfälltig aus. Die Buchen stammen alle aus Schweizer Wald, oftmals nicht weiter als fünfzehn Kilometer von der Schreinerei in Gondiswil BE entfernt. Hier auf einem Hügel, wo es Tag und Nacht «luftet», wird seit drei Generationen gesägt, gehobelt, geschliffen – in einer Präzision von Hundertsteln. Das gelingt nur den wenigsten. Die zugeschnittenen «Läde» kommen zuerst auf den Holzplatz, wo sie im Freien gestapelt werden. Das stete Lüftchen sorgt für eine rasante Trocknung – was normalerweise sechs Jahre dauert, reduziert sich dank dem Standort auf zwölf Monate. «Mein Vater sagte immer: Wir müssen einfach schneller sein als der Wurm», erzählt Remo Nyfeler. Das ist besonders wichtig, weil das Holz bis zum Schluss unbehandelt bleibt. «Wir brauchen keine Mittel gegen Schädlinge, die Vögel helfen uns.»
Bis aus einem Holzwürfel ein Element entsteht, durchläuft er in der Schreinerei 30 bis 35 Schritte. Dort sind viele der hochmodernen Maschinen selbst gebaut und so einmalig, dass schon Technikschulen nach dem Geheimnis der Echtkurvenbohrung fragten. «Aber das verraten wir nicht», sagt Remo Nyfeler und kontrolliert mit der Schieblehre die Masse eines Elements, währenddem ein Roboter Stab um Stab auf ein Palett «chneblet». Die präzise Verarbeitung von Massivholz ist zeitaufwendig und kann nur teilweise automatisiert werden. So kommt es vor, dass die Produktion der Nachfrage hinterherhinkt. «Ein kleines Dilemma. Aber unsere Stärke ist die Qualität», sagt Sebastian Etter. «Wären da nicht die Plagiate, würde ich mir gar keine Gedanken machen.»
Um die Fälschungen in Schach zu halten, beauftragt Cuboro eine Anwältin in China. Produktionsschritte ins Ausland auszulagern, um schneller zu sein, kommt aber nicht infrage. Im Gegenteil: Cuboro setzt umso mehr auf Swissness. Sogar die Schachteln werden im nahen Kirchberg von Hand geheftet – auch wenn Verpackungen anderswo viermal günstiger wären. «Wir denken nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial. Dieses Unternehmen unterstützt uns seit Beginn, und die Schachteln halten ewig.»
In Japan löste ein Schachprofi einen Cuboro-Hype aus
Genauso treu sind auch die Cuboro-Fans. Auf Youtube gibt es Videos, die 50 Millionen Mal angeklickt wurden. In Japan löste ein Schachprofi einen Hype aus, als er verriet, dass er als Kind mit Cuboro sein logisches Denken trainiert hatte. Für das aktuelle Redesign reiste eine Familie aus Barcelona extra nach Bern, um die leicht angepassten Bahnen zu testen und Ideen zu liefern. Trotz neuem optischem Auftritt bleibt Cuboro, was es schon immer war: eine Kugelbahn aus Holz – eigentlich ganz simpel.