Als Patrick Fischer, 43, im Dezember 2015 Trainer der Schweizer Eishockey-Nati wird, hat niemand auf ihn gewartet. Seine erste WM ist schlecht, die Kritiker wetzen die Messer. Doch der charismatische Zuger schafft die Wende und führt das Team zu WM-Silber. Auch diesen Winter hat er Grosses vor.
Sie sind ein Mensch, der sich gern in der Natur bewegt. Früher besuchten sie oft ein Indianerdorf in Peru, im Herbst nahmen Sie in einem Indianerreservat in South Dakota in den USA Reitstunden. Erzählen Sie!
Ich war mit meinem Bruder für zweieinhalb Wochen in South Dakota. Es war cool. Eine Kulturreise, die mit Reitstunden verbunden war.
Konnten Sie vorher schon reiten?
Das war Voraussetzung. Ich hatte elementare Kenntnisse, zehn bis zwölf Reitstunden hinter mir.
Und? Wären Sie ein geborener Cowboy oder Indianer?
Geboren vielleicht nicht. Wir sind Western Style geritten. Diese Pferde sind unglaublich. Es ging rauf und runter. Zwei Teilnehmerinnen sind beim Galoppieren vom Pferd geflogen. Eine hat sich die Hüfte gebrochen, die andere das Schlüsselbein. Das war natürlich bitter, aber Reitunfälle passieren halt immer wieder.
Davon abgesehen war es für uns persönlich ein schönes Erlebnis. Ich habe es geliebt. Aber es ging vor allem auch darum, die native Kultur kennenzulernen. Die Lakota und das Pine-Ridge-Reservat. Dort sind wir herumgeritten.
War das der perfekte Ort, um Abstand vom Eishockey zu gewinnen?
Ja. Aber es gibt immer wieder viele Reaktionen von Leuten, denen unsere WM noch präsent ist. Ich wurde auf der Strasse oft angesprochen. Die Leute hatten Freude. Jetzt klingt es etwas ab.
Haben Sie in den vergangenen Monaten gehadert, dass Sie sich nicht Weltmeister nennen dürfen?
Nein. Natürlich war der Titel nahe. Im Moment des Finals war mir nicht bewusst, wie nahe er war. Ich weiss einfach, was wir nächstes Mal besser machen müssen. Unsere Emotionen überbordeten nach dem Halbfinalsieg gegen Kanada. Das kostete uns Energie und vielleicht etwas Konzentration.
Es ist ein Lehrstück für uns. Dass ein so kleines Land plötzlich um den WM-Titel mitspielt, war vor Jahren noch undenkbar. Bleibt das die Ausnahme?
Ich weiss jedenfalls, dass wir uns weiterentwickelt haben. Wir sind mutiger geworden, schiessen mehr Tore, haben uns defensiv sehr gut stabilisiert.
Liegt die Schweiz leistungsmässig näher bei Deutschland und Norwegen oder bei Kanada?
Wenn wir die Statistik der Spiele gegen die Teams machen, die vor uns klassiert sind, stehen wir bei genau 50 Prozent Siegen. Das ist eigentlich ein guter Wert. Wir wollen in die Top 6 drängen. Aber wir sehen, dass wir bei den Junioren bis zur Professionalisierung hinterherhinken.
Gibt es genügend Sportschulen, die Eishockeytalente besuchen können?
Die Lage verbessert sich. Es gibt immer mehr kombinierte Ausbildungen, in denen die Sportler gefördert werden. Dort findet das Training neben der Schule statt, nicht erst abends. Das ist das Ziel. Dass der Tag abends um sieben fertig ist, nicht erst um elf. Es geht nicht, dass die Teenager abends völlig platt ins Bett fallen.
Überrannt wird das Eishockey aber nicht von Kinderscharen.
Wir wollen auch mit der Heim-WM 2020 erreichen, dass mehr Kids Hockey spielen. Wichtig ist, dass für die Eltern das Gefühl stimmt. Wir schauen auf eine gute Ausbildung, auf Charakter. Wir wollen Werte vermitteln. Eishockey soll als Lebensschule verstanden werden.
Der Winter ist für Sie durchs Eishockey dominiert. Welche Erinnerungen verbinden Sie sonst mit dem Winter?
Die ersten Erinnerungen habe ich an die Winterferien in Savognin mit den Eltern. Wir waren jedes Jahr da. Ich ging in den Pinocchio-Club. So hiess die Skischule.
Sind Sie ein guter Skifahrer?
Ich bin immer Ski gefahren. Mein Niveau ist ganz okay. Aber ich bin kein Angefressener. Sobald ich nach der Saison freihatte, wollte ich ans Meer. Eigentlich bin ich der Sommertyp.
Und wie gefällt Ihnen Snowboarden? Haben Sie es schon probiert?
Ja, ich habe damit in Davos angefangen. Da bin ich aber eher der Geniesser und recht gemütlich unterwegs. Mein Sohn Kimi fährt Snowboard. Obwohl er als halber Tessiner nicht so schneeaffin ist. Es gibt viele Wintersport-Aktivitäten.
Kommt noch etwas infrage?
Langlauf habe ich auch schon gemacht. Die Technik machts da. Curling ist schwierig. Wer da nicht präzis arbeitet und kein Gespür hat, trifft gar nix!
Was geniessen Sie sonst am Winter? Gemütlich in der Wärme sein oder draussen einen Schneemann bauen?
Beides hat seinen Reiz. Ich wohne auf fast 1000 Metern über Meer im zugerischen Edlibach. Da haben wir oft Schnee. Das geniesse ich. Diese Landschaft mit den Bergen im Hintergrund ist unschlagbar. Wir sehen Richtung Rigi und Pilatus.
Vertragen Sie Kälte gut?
Ich habe meist die dicke Jacke an. Ich friere nicht gern. Auf dem Eis hat man halt nie kalt.
Und als Coach?
Da bin ich meist warm angezogen. In einem kalten Stadion habe ich auch mal lange Unterhosen an.
Die Hockey-Felder sind fast alle in der Halle. Kennen Sie auch richtig schöne Natureisfelder?
Ich bin nicht so der Romantiker, der sich diese Eisfelder suchen würde. Aber eins der schönsten offenen Eisfelder gibt es in Davos. Dort habe ich als Kind während des Spengler Cups oft Hockey gespielt. Das Eis ist zudem qualitativ gut, weil es hoch gelegen ist.
Gehen Sie nie bloss Schlittschuhlaufen?
Ich war als Kind vielleicht einmal Schlittschuhlaufen. Aber meist habe ich den Stock dabei. Mir ist es sonst schnell zu langweilig.
Haben Sie sich für diesen Winter – abgesehen von sportlichen Erfolgen – etwas vorgenommen?
Ich habe viele Freunde in Davos. Die treffe ich gern und gehe auch mal in die Jatzhütte auf dem Jakobshorn. Da ist es nicht nur gemütlich, ich kann auch gut abschalten. Und die Aussicht ist grandios.