Ob sich im 75-Hektaren-Ostsee-Resort «Weissenhaus» Fuchs und Hase wirklich gute Nacht sagen, können wir nicht bestätigen. Aber andere Tiere haben wir auf ihrem Abendspaziergang zum Futtertrog beobachtet: Hirsch und Reh stolzieren über die «Grand Koppel», direkt vor der eleganten Terrasse des Sterne-Restaurants Courtier. Rehrücken gibts dort übrigens auch, aber Chef Christian Scharrer nimmt Rücksicht auf die Befindlichkeit der Gäste: Die zarten Tierchen stammen nicht aus dem eigenen Park, sondern aus einem Forst in Schleswig-Holstein. Hirsch, Reh & Hase – das ist bezeichnend für das Weissenhaus Grand Village Resort & Spa am Meer. Eine Oase der Ruhe, ein Kraftort, um neue Energien zu tanken. Schweizer «tanken» besonders gerne: Der Gästeanteil beträgt überraschende zehn Prozent. Bundesrätin Karin Keller-Sutter, wir plaudern das mal aus, haben wir mit ihrem Mann auch gesichtet.
Die besten Hotelgeschichten beginnen oft mit einer krachenden Pleite. War im «Weissenhaus» auch so: Acht Generationen lang wohnte hier die gräfliche Familie von Platen-Hallermund. Dann musste Hamburgs Internet-Pionier Jan Henric Buettner übernehmen. Er investierte 80 Millionen und neun Jahre Bauzeit in die ramponierte Anlage, eröffnete das Anwesen an der Hohwachter Bucht als Hotel. Das schönste Resort in Schleswig-Holstein, der neue Weekend-Spot der Hamburger Society. Ungewöhnliche Resorts blühen nur bei ungewöhnlichen Gastgebern so richtig auf: Natalie Fischer-Nagel und Frank Nagel führen das Hotel mit angenehmer Gelassenheit und sehr zuvorkommend. Natalie bringt es auf den Punkt: «Wir wollen unsere Gäste extrem glücklich machen.»
Das «Weissenhaus» besteht aus über 40 (!) wunderschönen, zum Teil denkmalgeschützten Gebäuden. Also kann man das noble «Kavaliershaus» ausschliesslich fürs Frühstück nutzen. Es duftet nach frischen Brötchen und Kuchen aus der Schlossbäckerei. Fleisch und Wurst werden aufgeschnitten, die Eierspeisen à la minute zubreitet und alles mit rustikaler Freundlichkeit serviert. Typisch «Weissenhaus»: Die riesigen Buffets werden nicht eher abgeräumt, als dass der letzte Gast beim Frühstück war. Das kann gut und gerne erst um zwölf Uhr sein. Die höchstens 110 Gäste schlafen angesichts der Ruhe gerne etwas länger und spazieren dann aus allen Richtungen hin zum «Kavaliershaus». Einige übernachten in den grandiosen Suiten im über 400-jährigen markanten und sehr liebevoll eingerichteten Schloss. Andere bevorzugen die Idylle der Cottages am Strand oder ziehen im umgebauten Badehaus ein. Jeder soll nach seiner Façon glücklich werden: Mal prägt die stolze Geschichte des Anwesens die Zimmer, mal sind Moderne und Design angesagt. Die Preisfrage wollen wir auch gleich klären: Den Zutritt zum Paradies gibt es ab 380 Euro (DZ pro Nacht).
Früher oder später will jeder «Weissenhaus»-Gast nur das eine: einen Strandkorb an der Ostsee! Der Naturstrand ist drei Kilometer lang. Windstill ist es nie, aber in diesen Sylt-Körben fühlt man sich bei jeder Windstärke wohl. Viele kehren abends an die See zurück – weil auch die Küche von Christopher Schlang im «Bootshaus» in den Dünen bemerkenswert gut ist (15 Punkte im GaultMillau): Pfifferlinge im «Vogelnest», Cevice von der Selenter Forelle, Fischsuppe mit Edelfischen aus der Ostsee, Fehmarnscher Kabeljau, Wild und Weidelamm – was will man am Meer mehr? Am Sonntag bittet Schlang zum Brunch: Pizzabrot aus dem Steinofen, geschlagene Fassbutter mit Meersalz, Würste aus der Hausschlachterei, Barbecue mit Fisch, Bio-Huhn und Rinderhuftsteak, Spaghetti aglio e olio, Desserts – alles zum Schnäppchenpreis: 45 Euro inklusive Begrüssungsapéro.
33 Punkte vergibt GaultMillau Deutschland fürs «Weissenhaus». 18 und zwei Michelin-Sterne steuert «Schlosskoch» Christian Scharrer bei. Er legt im «Courtier» eine «grosse Reise» und eine «kleine Rundfahrt»; seine Frau Natalie deckt wenn immer möglich auf der Terrasse zum Park auf. Natürlich musste es die «grosse Reise» sein: Kalbskopf, leicht angebraten, in einer Bärlauchsuppe. Saibling mit Kohlrabi und Rauchfisch-Fumet. Loup de Mer mit dicken Bohnen und Tomatenbutter. Lammrücken mit Artischocke und Sellerie; vor allem die geschmorte Schulter war grandios. Die Suche nach den passenden Weinen kann man an Anne Tenschert delegieren. Die versierte Sommelière bittet auch immer wieder zu Degustationen ins Gewächshaus oder in den Rosengarten. Christian Scharrer beeindruckt mit seiner klassischen und kreativen Küche nicht nur die Gäste, sondern auch Berufskollegen: «Christian weiss zum Thema Kochen alles», schwärmt «Ecco»-Chef Rolf Fliegauf, GaultMillaus «Aufsteiger des Jahres». Scharrer und Fliegauf haben zusammen gearbeitet – im «Giardino» in Ascona. Im dritten «Weissenhaus»-Restaurant gibts weder Sterne noch Punkte, aber modern interpretierte Sushi und asiatische Gerichte. Pop-up im Park.
Nicht nur Christian Scharrer sammelt Auszeichnungen, auch das Spa. Die 2000 Quadratmeter grosse Schlosstherme mit gläsernem Pavillon ist so ruhig und exklusiv wie das ganze Resort: vier Saunen, ein Hamam, ein Rasul-Bereich, ein 20 Meter langer Innen- und Aussenpool, eine Vitalbar und ein gut ausgestattetes Gym. Der Sole-Whirlpool unter freiem Himmel ist die neueste Attraktion. Der Salzgehalt des 35 Grad warmen Wassers ist genauso wie in der Ostsee: 0,5 Prozent. Alternative: entschleunigen im historischen «Bienenhäuschen» mit eigener Sauna, Jacuzzi und eigenem Garten. Mehr Privacy geht nicht.
5 for the road
Anreise Mit Swiss nach Hamburg. Hotel-transfer: 90 Minuten. www.tui.ch/weissenhaus
Mehr als nur ein Hotel Beach-Cabanas, Privatkino im Schlossgewölbe, Yoga im Park.
Spa Ein Kraftort! Schlosstherme, Innen- und Aussenpool, Sole-Whirlpool, Chillen am Kamin.
Private Spa Im «Bienenhäuschen» hat man alles für sich: Sauna, Jacuzzi und privater Garten.
Golf Golfen mit Meeresbrise in der Golfanlage Hohwacht. www.golfclub-hohwacht.de