Wer mag, hat am Ende der Reise 600 neue Freunde. Die «Seabourn Ovation» ist ein sehr amerikanisches Schiff, die Mitreisenden sind ausserordentlich kontaktfreudig. Den ersten Small Talk gibts bereits am frühen Morgen im Lift. Und auf dem Seabourn Square, dem Epizentrum des luxuriösen Kreuzers, gehts gleich weiter: Der Square ist Réception, Lounge, Bibliothek (mit Online-Stationen) und Kaffeetheke in einem. Es geht hier zu und her wie bei Starbucks: Coffee to go im Pappbecher mit einer Kartonbox, dazu Croissants, Apple Danish, Cranberry Swirl, Pain au Chocolat, Sugar Donut, Blueberry Muffin. Der Kaffee ist exzellent: Guatemala-Arabica, an Bord täglich frisch gemahlen. Die Herrschaften, die da im Morgengrauen bereits an der Theke stehen, sind, mit Verlaub gesagt, oft etwas seltsam gewandet. Abends in «The Restaurant» und in «The Grill» sehen sie deutlich eleganter aus, auch wenn der «Tenuebefehl» auf dieser «ultimate luxury cruise» angenehm entspannt ist. Tuxedo (Smoking) wird nur für einen einzigen Abend empfohlen und ist auch zwingend, sonst ist «elegant casual» angesagt.
Die «Ovation» (210 Meter lang, 12 Decks hoch, 600 Passagiere) ist das neue Flaggschiff von Seabourn. Eine ziemlich genial konzipierte Jacht, mit einem genialen Architekten: Der amerikanische Designer Adam D. Tihany hat erst an Land für grosse Hotels («One & Only Cape Town», «Mandarin Oriental Las Vegas», «The Breakers Palm Beach», «Four Seasons Dubai») tolle Arbeit geleistet und spielt jetzt sein Talent auch auf See aus. Die «Ovation» (und auch das baugleiche Schwesterschiff «Encore») ist hell, freundlich, kommunikativ, luxuriös und doch gemütlich. «Home away from home» lautete der Auftrag. Die Suiten (mindestens 23 Quadratmeter gross) sind sehr angenehm: alle mit Balkon, edlem Leinen, Walk-in-Garderobe. Kühlschrank und Bar werden nach Vorgabe der Gäste ausgestattet: Grey Goose, Stolichnaya, Tanqueray, Bombay Sapphire, J&B Scotch, Baileys, Tia Maria, Chardonnay Louis Latour, Tempranillo Lan Rioja Crianza. Alles ist im Preis inbegriffen. Das gilt auch für den Kaviar (Sterling, Kalifornien): Den gibts auf Nachfrage überall und jederzeit, in guter Qualität und auch mit allem, was wirklich nicht mehr dazugehört: Eigelb, Eiweiss, Zwiebeln. Auch alle Bars (von denen gibt es ziemlich viele an Bord!) sind «open». Heisst: Jeder kann für seine neuen Freunde eine Runde schmeissen. Keiner muss bezahlen.
Kultchef Thomas Keller, doppelter Drei-Sterne-Koch in den USA (Napa Valley, New York), ist bei Seabourn der kulinarische Berater. Er ist US-Bürger und trotzdem Ritter der französischen Ehrenlegion, nimmt seinen Auftrag sehr ernst. Natürlich gib es an Bord nicht seine berühmte, nicht exportierbare «French Laundry Cuisine», dafür ein eigenständiges Konzept – «The Grill», mit viel Steakhouse-Nostalgie: Der Classic Caesar Salad aus der riesigen Holzschüssel wird von den jungen Köchen Abend für Abend mit viel Krafteinsatz über 30-mal zubereitet. Den Lobster gibts, wie in den uralten Kochbüchern von Maître Escoffier beschrieben, in der Variante «Thermidor». Kalbs-T-Bone, Rib-Eye vom Snake River oder das «Prime New York Strip Steak» sind riesig und riesig gut. Allzu leicht wird nicht aufgetischt: Zu den mächtigen Kartoffelgnocchi wird eine Emulsion von schwarzem Trüffel und Parmesan serviert; das Signature Dessert «Ice Cream Sundae» würde eine ganze Familie ernähren. Thomas Keller überlässt nichts dem Zufall: Die junge Küchenchefin Somananda Sharma wurde bei ihm im Napa Valley ausgebildet, und einen «Travelling Chef de Cuisine» gibts auch: Jane Caruana besucht alle Schiffe der Seabourn-Flotte, hält die schwimmenden Restaurants auf einem hohen Standard. Die gute Nachricht: Auch das grosse Dinner in «The Grill» ist ohne Aufpreis zu haben. Die schlechte: Weil die Nachfrage riesig ist, darf man pro Cruise nur einmal rein.
Macht nix, denn auch die anderen Restaurants an Bord überzeugen: In «The Colonnade» (mit Terrasse) wird immer wieder ein anderes Buffet aufgebaut, kommen vergnügliche «daily specials» direkt und heiss aus der Bordküche. Pasta und indisch ist prima; an den China-Gerichten muss die Brigade noch etwas arbeiten. «Earth & Ocean» draussen am Pool ist bei milden Temperaturen der Geheimtipp: Weltküche à la carte, von Penne bis Peking Duck, serviert unter den Sternen. Im kleinen Sushi-Restaurant gibts Nigiri, Sashimi, Rolls und auch mal ein Kaiseki-Menü. In «The Restaurant» auf Deck 4 spielt der kanadische Executive Chef de Cuisine Joseph Kalynuik, seit 40 Jahren auf See, mit 61 Köchen und 20 «cleanern» seine grosse Erfahrung aus: «Wir sind das Herz der ‹Ovation›!» Wir mochten seine Turbots, sein ziemlich rustikales Filet Wellington und die an Bord gemachte Pasta mit Lobster-Bolognese. Kalynuik ist «part of the show»: Legt die «Ovation» an einer besonders attraktiven Destination an, geht der Chef auf Wunsch mit Passagieren auf den Markt und dann in die Galley. Kalorien-Abbau ist jederzeit möglich: Im riesigen Gym auf Deck 10 (u. a. mit acht neuen TechnoGym-Laufbändern). Am schönsten war die Session in Monte Carlo: Über dem Meer stieg die Sonne hoch, im Grimaldi-Palast Seiner Durchlaucht Fürst Albert II. gingen die Lichter an.
«Master» an Bord und Chef der 450 auffallend freundlichen Crewmitglieder aus 50 Nationen? Der norwegische Kapitän Stig Betten. Ein freundlicher Zwei-Meter-Mann, der lieber den Seefahrer als den Partylöwen gibt. Master Stig strahlt Ruhe aus, auch wenns mal hektisch wird:
Der Hurrikan Leslie donnerte mit voller Wucht auf Lissabon zu. Der Kapitän blieb im sicheren Hafen, die wunderschöne «Seabourn Ovation» unbeschädigt. Kotztüten wurden vorsichtshalber verteilt, aber nicht benötigt.
5 for the road
Anreise All-inclusive! Acht Tage Mittelmeer gibts ab 3799 Euro
Showtime Die Reederei holt TV-Stars und Konzertpianisten an Bord
Restaurant Top! Ins «The Grill» von Thomas Keller darf man nur ein Mal. Tisch im Voraus reservieren!
Fit & Spa Begehrte Massagen, modernste TechnoGym-Geräte
Internet Sehr stabil, aber nicht inbegriffen: 399 Dollar für die ganze Reise