Jöö, wie mickrig, dachten sich die Künstlerinnen Nina, Dominique und Christina, als sie vor zehn Jahren für eine Ausstellung gestickte Mini-Comics in durchsichtigen Plastiktüten bastelten. Und weil ihnen damals der passende Künstlername fehlte, tauften sie sich spontan Mickry 3.
Mickrig ist gar nichts mehr im Leben der drei Zürcherinnen. Seit 1999 surfen sie mit unverkennbarer Handschrift auf der Erfolgswelle. Im Sturm eroberten sie von Zürich bis New York ihr Publikum mit humorvollen, provokativen, verträumten Arbeiten zum Thema Konsum-Ästhetik, Kitsch und Kunst. Diese Woche feiert das Trio sein zehnjähriges Jubiläum. Mit einer Monografie und der brandneuen Installation «Tag im Wald».
Ein trister Regentag. Das Atelier der Künstlerinnen ist genau so, wie man es sich vorstellt: charmant und chaotisch. Noch zwei Tage bis zur Vernissage in der Galerie A. C. Kupper Modern in Zürich. In einer stillgelegten Autogarage im Industriegebiet von Schlieren wird gepinselt, gelackt und gelacht. Die Französischen Bulldoggen Wilma und Itschi machen mit ihrem Rumgehopse alle verrückt. Mitten im Raum: Riesen-Landschaften aus Styrofoam und Acryl mit wundersamen Höhlen, Lichtungen und Pfaden.
«Unsere Skulpturengruppe entstand durch Studien im Wald. Wir wollten mal was Schönes machen», sagt Dominique Vigne.
Schön schräg, das Universum von Mickry 3. Unvergessen: die über tausend handgefertigten, poppig verpackten Kultobjekte aus der ersten grossen Werkserie «M3 Supermarkt». Alles, was das Herz begehrt, war im Fantasie-Laden erhältlich: Kinderspielzeug, Süssigkeiten, menschliche Organe. Leber, Nieren, Lungen, Brüste waren fein säuberlich in Frischhaltefolie verpackt und wurden wie beim Grossverteiler im Regal angeboten.
Jedes Teil wurde aus Alufolie, Plastilin, Styropor oder anderen Materialien hergestellt – von Hand.
Die komplette «Supermarkt»-Palette gabs 2002 in der renommierten Galerie Hauser & Wirth in St. Gallen zu bestaunen. Das kreative Spiel um Kunstwaren in der Konsumwelt katapultierte Christina Pfander, 29, Dominique Vigne, 28, und Nina von Meiss, 31, über Nacht in die Liga der Schweizer Shootingstars.
Das Kunsthaus Zürich erwarb für seine Sammlung sogar die Sex-Abteilung mit Spielzeugen für Erwachsene. «Der ‹Supermarkt›-Hype klebt bis heute an uns, und natürlich sind wir dankbar», sagt Christina Pfander. «Es war schwer, die Neugierde auf Neues zu lenken. Daran arbeiten wir.» Nicht immer klappt das reibungslos. Vor allem die Serie «Get Physical» (Riesen-Penisse mit fuchtelnden Armen oder Brüste auf zwei Beinen) lief harzig. Nina von Meiss: «Unser Stand an der Art Brüssel war super besucht, aber verkauft haben wir kaum was.»
Mickry 3 nehmen diese Risiken bewusst in Kauf. «Unsere Arbeit hat viel mit Intuition zu tun. Wir wollen nicht nur in Museen und Galerien präsent sein, sondern auch im subkulturellen Milieu fernab des Kunstbetriebes.» Kann man damit reich werden? «Ja klar, man könnte», sagt Dominique Vigne. «Allerdings gefällt uns die Idee, preiswerte Kunst für alle herzustellen.»
Wichtiger als eine Villa an der Goldküste sind ihnen Zusammenhalt und Harmonie. Nina, Dominique und Christina wohnen alle im pulsierenden Zürich. Nicht in einer gemeinsamen WG, sondern jede für sich.
Kennengelernt hatten sie sich vor über zehn Jahren an der F+F Schule für Kunst und Mediendesign. Geht man sich nach zehn Jahren nicht auf die Nerven? «Gahts no!?», lautet uni-sono die Antwort. Die Kunst-Amazonen sind sich einig: «Die Arbeit ist unser gemeinsames Ziel. Früher verbrachten wir auch noch die Freizeit miteinander. Damit haben wir aufgehört – ist besser so.»