Leichtsinn bezeichnens einige. Wahnsinn andere. Für Patrick Seabase ist das Fixie einfach eine persönliche Herausforderung. Nicht gefährlicher als andere Sportgeräte. «Wenn ich fahre, bin ich mehr als hundert Prozent darauf fixiert», sagt der 30-jährige Berner im Gespräch mit SI online. Und stellt klar: «Ich mache nur Dinge, die ich auch wirklich im Griff habe.» Fixie-Fahren ist so eine Sache, die er besonders gut kann. Das heisst: Velofahren ohne Bremse, Gangschaltung und Leerlauf. Ohne Schutzblech, Licht und Klingel. Manchmal geradeaus. Manchmal mit rund 70 Stundenkilometer den Berg hinab.
Es ist nicht etwa der Adrenalinkick, der ihn daran reizt. Es ist das Minimalistische, das Puristische. 2007 hat er erstmals ein Fixed Gear Bike - kurz Fixie - gesehen, sich anschliessend darüber informiert und beschlossen: So eins baue ich aus Einzelteilen selber! «Und ich habs tatsächlich zustande gebracht», erinnert sich Patrick Seabase lachend. «Obwohl ich nie ein Velofahrer war. Und es auch nicht bin.»
Schwer verständlich. Schliesslich verbringt Patrick Seabase heute wöchentlich rund 20 Stunden im Sattel und legt im Jahr gegen 12'000 Kilometer auf dem Zweirad zurück. In der Schweiz genauso wie in Frankreich, Italien oder Australien. Sponsoren finanzieren die zahlreichen Reisen, daneben arbeitet der gelernte Informatiker 40 Prozent selbstständig im Marketingbereich. Sein bislang grösstes Projekt: mit dem Fixie 103 Kilometer durch Eritrea - 60 davon steil abwärts, auf einer der gefährlichsten Bergstrassen Afrikas. 40 Grad und aussergewöhnliche Verkehrsteilnehmer wie Kühe oder Ziegen erschwerten die Tour zusätzlich. Ein Filmteam begleitete ihn und dokumentierte die Strapazen in einem Dok-Streifen. Filme übers Fixie-Fahren zu machen, reize ihn denn auch viel mehr als Rennen zu bezwingen, sagt er. «Ich bin ein Soulcyclist.»
Eingangräder sind eigentlich nichts Neues. Schon die Athleten der ersten Tour de France bezwangen im Jahr 1910 die strapaziösen Etappen ohne Gangschaltung. Radkuriere machten die Velos in den 1980er-Jahren populär - «weil sie nur eine minimale Wartung benötigen», weiss Patrick Seabase. In den Nullerjahren erlebten die Starrlaufräder einen Boom, bei Fahrradfreaks und Hipsters gelten sie längst als Kultobjekt. Inzwischen hat sich international eine beachtliche Szene gebildet, auch in der Schweiz. Immer Jüngere würden Gefallen an «seinem» Hobby finden, freut er sich. Und fast täglich erhalte er E-Mails mit Fragen.
Extrem-Fixie-Biker wie Patrick Seabase gibts hierzulande dann aber doch selten. So bestreitet der Berner seine Touren meist alleine - oder als Exot mit Rennvelo-Kollegen. Wie bei der «Tortour», dem mehrtägigen Non-Stop-Radrennen durch die Schweiz, das am Mittwoch, 15. August, startet. Mit dem Samsung-Team wird er ab Schaffhausen 1000 Kilometer und 14'500 Höhenmeter zurücklegen. Bereits plant er auch weitere waghalsige Projekte fürs kommende Jahr: Die hügelige Landschaft in Island reize ihn sehr, sagt Patrick Seabase. Und noch härter: die 12'000 Kilometer lange «Tour d'Afrique» von Kairo nach Kapstadt.