Sie sind teilweise über 50 Jahre alt, wohnen bei ihren Mamis im Kinderzimmer und sind, wenns richtig fies lief, noch Jungfrau. Andere haben zumindest den Auszug aus dem elterlichen Heim geschafft. Sie wohnen jetzt maximal zwei Häuser weiter. Dann gibt es noch die, die sich zwar immer wieder «verlieben», deren Beziehungen aber ständig scheitern. Für diese Fälle gibt es eine, nennen wir sie optimistisch, Retterin: Vera Int-Veen, 51. Das TV-Urgestein moderiert seit Jahren «Schwiegertochter gesucht», die Vorabend-RTL-Trash-TV-Sendung, die seit vergangenen Sonntag bereits zum zwölften Mal Trash-TV-Fans wie mich jubeln lässt.
Es gibt tausend Gründe, warum die TV-Perle mein Herz höher schlagen lässt und warum es mich kickt, Kandidatinnen und Kandidaten wie Beate, Marco, Bernd und Waldemar bei der Suche nach Liebe (und endlich mal Sex!) zuzusehen. Lesen Sie hier meine zehn wichtigsten:
1. Der Blick in deutsche Wohnungen: Wo Vera auftaucht, teilen sich Menschen ihren Wohnraum mit Meerschweinchen, Porzellan-Engelchen, echten und unechten Schosshündchen und sehr viel anderem Schnick-Schnack. Ich sehe hier Wohnaccessoires, Wohnwände, Möbel und «Kunst» an den Wänden, von deren Existenz ich in meinen kühnsten und phantasievollsten Träumen nichts wusste.
2. Die Abgründe der Menschheit verpackt als Hobbys: Seit ich «Schwiegertochter gesucht» schaue, weiss ich, was es heisst, wenn Menschen Engel sammeln. Ich weiss, wie eine Wohnung aussieht, die von Engeln zugestellt ist. Ich weiss jetzt auch, dass es sich dabei nicht zwingend um eine Messie-Wohnung handeln muss. Engel-Sammler, wie zum Beispiel Ex-Kandidat Heiko, können aber auch mit Engeln kommunizieren, habe ich gelernt. Gerne denke ich auch an Hobby- und Postkarten-Model Svenja zurück. Oder wussten Sie, dass man als Hobby Postkartenmodel sein kann? Und wenn wir schon dabei sind: Hach, wie viel grosse Liebe ich doch für Peer, den Kratzbildfan hatte - und immer noch habe.
3. Die Kulinarik: Woow, Freunde. Vergesst alles, was euch in Sachen Essen jemals schockiert, angewidert und abgeschreckt hat. Bei «Schwiegertochter gesucht» geht es immer noch sehr viel übler, abartiger und verreckter. In den letzten Jahren habe ich Mett-Igel-Kreationen gesehen, von denen ich heute noch Albträume habe. Dann waren da noch Spiegeleierkuchen, Wurst-und-was-weiss-ich-sonst-noch-was-drin-Suppen und Brötchen, die zum Zmorgen in Cola getunkt wurden. Gutes Supplement: Wer all das sieht, braucht keine mühsame Diät mehr zu machen, hier vergeht einem der Appetit ganz von selber.
4. Adjektive à gogo: Ich weiss nicht, wer die Texte zur Sendung schreibt. Der oder die, die das tut, macht jedenfalls einen hervorragenden Job. Weil er/sie es sich nicht nehmen lässt, sich masslos am grossen Universum von Adjektiven zu bedienen. So kriegt jede Kandidatin/jeder Kandidat sehr schwungvolle Beschreibungen zu ihrer Person. Ein Beispiel: In der aktuellen Staffel sucht Marco erneut sein Glück bei Vera. Aus Marco wird dann schnell «der lustige Dauersingle und Handelsfachpacker Marco». Und Kandidat Waldemar wird als «Muttersöhnchen und Traktor-Fan Waldemar» etabliert. Und alle zusammen werden in die Schublade «Liebeshungrige Junggesellen und romantische Liebesanwärterinnen» gesteckt. Sprachliebendes Herz, was willst du mehr?
5. Der Soundtrack der Liebe: Ich bin ein Kind der 80er. Jegliche Bravo-Kuschelrock-Hits wie «It must have been love» von Roxette, «Eternal flame» von The Bangles oder «Hello» von Lionel Richie kann ich nicht genug hören. Auch diesbezüglich bin ich bei «STG», wie wir Fans die Sendung nennen, goldrichtig. Hier wird jede Szene, jede Begegnung und jeder Hauch von Romantik (oder Bitch-Fight) musikalisch GRANDIOS unterlegt. (Haben Sie jetzt «Eternal flame» im Ohr? Äxgüsi!»
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6. Beate forever: Ich kann keinen Text über «STG» schreiben, ohne Beate zu erwähnen. Beate ist die Dauerkandidatin, die seit 2008 mit Hilfe von Vera den Mann fürs Leben sucht - und nicht findet. Beate trat stets an der Seite ihrer Mutter Irene auf. Nun ist es leider so, dass Irene 2017 gestorben ist und Beate nun zum ersten Mal bei einer neuen Staffel nicht dabei ist. Ein sehr schwerer Verlust für uns, die treue Beate-Community. So bleibt mir nichts anderes übrig als zu hoffen, dass die arme Beate ganz ohne Vera und Mami Irene die Liebe findet. Hopp, Beate!
7. Vera Int-Veen und das Karma: Vera, hach, Vera. Mein Fangirltum dauert nun schon fast 20 Jahre. Ich hab Vera schon zu Zeiten von «Vera am Mittag» verehrt. Schon anno dazumal war da schon mein ambivalentes Gefühl zwischen Faszination und Ablehnung darüber, dass Vera in ihrer Talkshow Menschen am Rand der Gesellschaft vorführte. Bei «STG» tut Vera heute noch dasselbe. Mir ist bewusst, dass auch mein Karma unter meiner Freude leidet, aber hey, wenn eine von uns in die Hölle kommt, dann ist es doch Vera. Und nicht wir, die Fans. Hoffe ich jetzt einfach mal.
8. Gesang und Geschenke: Falls Sie denken, dass Sie schon einmal ein grauenvolles Geschenk verschenkt oder selber bekommen haben, will ich Ihnen eine Folge (reicht meistens) meiner Lieblings-Trash-TV-Sendung ans Herz legen. Hier schenken «liebeshungrige Junggesellen» ihren Anwärterinnen allerhässlichste Plüschtierchen, einen Eimer Krabben (kein Witz!) oder auch mal einen Topf (rohen!) Gulasch. Sogar eine abgeschnittene Locke wechselte mal ihren Besitzer.
9. Assi-Deutsch für Dummies: Das einzige «Problem», das ich bei «STG» habe, ist, dass ich die Sprache oftmals nicht ganz verstehe. Ob in der Pfalz, im malerischen Westerwald oder sonst in irgendeinem Kaff, aus dem die Kandidaten stammen, Deutsch kann plötzlich wie eine ganz andere Sprache klingen. Aus «die Frau» kann mal «der Frau» werden. Es ist schwierig zu beschreiben, schalten Sie selber mal ein und testen Sie Ihre Deutschkenntnisse. Ich wünsche jetzt schon viel Spass beim Staunen.
10. Styling oder die Vorreiter des Hipstertums: Fashion wird bei «STG» auch ganz gross geschrieben. Hier tragen passionierte Hutträgerinen Kreationen, von denen nicht mal Engländer wissen. Und dann die T-Shirts, woow, die T-Shirts. Da gibt es alles: Hündli auf der Brust, den Mond anheulende Wölfe, Fantasy-Sujets, Batik.
Nach der ersten Folge vom letzten Sonntag kann ich sagen: Auch wenn ich Beate sehr vermisse, die neuen Söhne haben es in sich. Und die alten, also Marco und Bernd, die nächste Woche auf Mallorca potentielle Herzdamen empfangen, versprechen TV-Unterhaltung/Fremdschämen vom Feinsten. So bin ich jetzt schon sehr hibbelig, wenn ich daran denke, dass ich kommenden Sonntag um 19.05 Uhr wieder in mein absolutes Lieblingsparalleluniversum abtauchen kann. Bis ganz bald, liebe Vera, liebe Junggesellen und werte Liebesanwärterinnen. I love you all!
«Schwiegertochter gesucht» läuft Sonntags auf RTL um 19:05 Uhr.