Alle wollten Carrie, Sarah Jessica Parker, 53, sein. Carrie hatte tolle Locken, einen geilen Job, eine noch geilere Wohnung in Manhattan, einen riesigen begehbaren Kleider- und Schuhschrank voll Manolo-Blahnik-High-Heels und teuren Kleidern, die eine ganze Generation beeinflussten.
Und Carrie rauchte. Vorwiegend dann, wenn sie am Laptop sass, um die grossen Fragen rund um die Liebe in ihrer Kolumne zu beantworten, die sie für den (fiktiven) «New York Star» schrieb. An der Datingfront herrschte bei Carrie stets Action. Irgendeiner war immer da, der ihr irgendwann das Herz brach. Und dann war da noch Mr. Big, gespielt von Chris Noth, 63. Die grosse Liebe. Unerreichbar. Untreu. Freigeist. Sexy. Die Krux an der Chose: Seit der ersten Szene, in der Mr. Big auftaucht, weiss die Zuschauerin: Es wird ein Happy End geben. Bis dahin aber wartet ein langer, steiniger Weg. Laangweilig!
So weit, so simpel.
Bei mir war nicht nur wegen Carrie und Mr. Big alles anders. Meine Liebe gehörte ab Folge 1 Kim Cattrall, 61, in der Rolle der Samantha Jones. Sam, die Sexbombe, die sich nahm, was sie wollte. Sam, die keine Angst vor dem Schlampen-Stempel hatte. Sam, die sich jeden Mann gönnte, auf den sie Lust hatte. Sam, die sich nie vom romantischen Hype rund um die grosse Hollywood-Liebe beeinflussen liess.
Sam pfeift auf gesellschaftliche Normen - ich tus ihr gleich!
Sam zelebrierte die besten und ungezwungensten Männerbekanntschaften. Und Sam war selbstbewusst. Sam zeigte nicht nur, was sie hatte. Sam war stolz auf alles, das sie hatte. Und was sie noch immer hat. Als sie im Finale Grande, im Film «Sex and the City 2» ihren 50. Geburtstag feiert, ist sie kein bisschen weniger heiss und frei als in ihren 30ern.
Sam ist am Ende die Einzige, die weder Mann noch Kinder hat. Sam lässt sich nicht von gesellschaftlichen Normen in Rollen drücken. Obwohl ich mir, anders als meine Serienheldin, Mann und Kinder wünsche, versuche ich bis dahin möglichst viel von meiner inneren Sam auszuleben. Ist mir nach Alkohol am Tag, trinke ich. Will ich mich einen Samstagabend lang lieber mit mir amüsieren statt einen Mann zu treffen, tu ich das. Will ich Sex ohne Kuscheln und ohne Sleepover, zelebriere ich den. Wie Sam! High-that-fucking-five, Sam!
Die wahren Supermänner sind nicht die good looking guys!
Nebst den Single-Ladies Carrie und Samantha gehören auch Miranda, Cynthia Nixon, 52, und Charlotte, Kristin Davis, 53, zur Vierer-Clique, um die sich bei «Sex and the City» in den sechs Staffeln und zwei Spielfilmen alles dreht. Miranda ist Anwältin, Karrierefrau, entspricht nicht dem Schönheitsideal.
Auch Miranda muss viele Frösche küssen, bis Steve, David Eigenberg, 54, auftaucht. Auch Steve entspricht so gar nicht dem Schönheitsideal. Und Steve kriegt vieles nicht auf die Reihe. Die beiden geraten in eine On-Off-Beziehungs-Achterbahn, werden zwischendurch noch Eltern ihres Sohnes Brady, trennen sich, kommen wieder zusammen und werden happy. Vergessen Sie Mr. Big und seine Moneten. Der wahre Superman ist der Anti-Held Steve. Auch ich würde die gute Seele vom Fleck weg heiraten. Well done, Miranda!
Nein, Charlotte ist nicht meine BFF!
Über Charlotte zu reden, fällt mir am schwersten. Charlotte nervt. In der Öffentlichkeit über Sex zu sprechen, ist ihr unangenehm. Ihre Männergeschichten sind stets von einer Schwere untermalt, die sogar mich daheim auf der Couch fast erdrückt. Ausserdem erkennt sie in jedem dahergelaufenen Typen die eine wahre Liebe, die ihr Babys macht und sie heiratet. Das ist sowieso das einzige Ziel in ihrem Leben: Kinder, Mann, Baum pflanzen, stricken. Ohne mich. Pardon, Charlotte!
Das Beste an Charlotte aber ist ihr Mann. Harry Goldenblatt, gespielt von Evan Handler, 57. Harry entspricht dem Schönheitsideal noch viel weniger als Mirandas Steve. Und Harry sitzt nackt auf Charlottes weissen Sofas. Und Harry verteilt in Charlottes Wohnung nasse Teebeutel. Dennoch: Harry ist King! Harry weiss, wie Charlotte tickt. Und Harry tut alles, um Charlotte glücklich zu machen. Das Paar heiratet, wird nicht schwanger, wird Hündchen-Besitzer, adoptiert Tochter Lily und wird später dann doch noch schwanger. Herzig. Aber jetzt nicht so der Mega-Knüller!
5 Dinge, die ich aus 20 Jahren «SATC» mitnehme
So, liebe Leser/In, können Sie glauben, dass schon 20 Jahre seit Folge 1 vergangen sind? Was ist Ihnen aus 94 Episoden und zwei Filmen «Sex and the City» geblieben? Lassen Sie mich den Anfang machen und fünf Herzens-Dinge aufzählen.
1. Sex ohne Liebe ist nicht nur okay, Sex ohne Liebe kann richtig viel Spass machen: Danke, Sam. Noch einmal. Wollten uns unsere Grossmütter noch einreden, dass Sex beim ersten Date, gar Sex vor der Ehe, tabu sei, hast du mehrfach gezeigt, dass all das vor allem eines ist: Bullshit! Auch wenn wir beide tief im Innern wissen, dass Sex mit Liebe noch ein bisschen schöner und besser ist, lassen wir es uns nicht nehmen, unsere Triebe auch mal ohne romantisches Herzklopfen zu zelebrieren. So wie es Männer - zu Recht - schon seit Jahrhunderten machen.
2. Gute Freundinnen sind das A und O: Nicht, dass ich das nicht schon im zarten Kindergartenalter kapiert habe. Aber spätestens nach den ersten Körben, dem ersten Herzschmerz und der Nervosität, die Liebesangelegenheiten mit sich bringen, hab ich - auch dank Carrie, Miranda, Samantha und Charlotte - verstanden, dass gute Freundinnen besser als jeder Psychiater und jedes Anti-Depressivum sind. An dieser Stelle Danke, Barbara, Lisa, Anya, Joëlle, Lorena und Melek.
3. Körbe sind part of the game: Es ist scheissegal, wie du aussiehst und wie toll du bist. Da draussen gibts immer Männer, die nicht auf dich stehen. Und die dich deswegen verlassen, nicht anrufen, dir nicht schreiben, die Geschichte mit dir im Sand verlaufen lassen. Mach dir nicht allzu viel draus. Freue dich eher auf die neuen Abenteuer, die auf dich warten. Bis dahin iss Kuchen und trink Champagner und Cosmopolitans. Und scheiss auf jegliche Dating-Tipps. Sie sind Schrott.
4. Winterzeit ist «SATC»-Zeit: Seit Jahren schaue ich jeden Winter aufs Neue alle sechs Staffeln der Serie. Seit ich das tue, freue ich mich bereits im Juli auf den Winter. Und das, obwohl ich alles andere als ein Winter-Typ bin.
5. Ich will keinen Mr. Big: Ein Mann, der 10 Jahre braucht, um sich für mich zu entscheiden, kann mich mal. Sorry, Mr. Big. Ich will einen Mix aus Steve und Harry. Und solange der nicht vor mir steht, lasse ich meiner innere Samantha freien Lauf.