Ich gebs zu: Seit 13 Jahren gucke ich «Germany's Next Topmodel». Eigentlich unglaublich, dass sich die Meeedchen-verschleissende Über-Model-Mutti Heidi Klum, 44, mit diesem Format so lange halten konnte. Ich könnte mir jetzt ausrechnen, wie viel verschwendete Lebenszeit sich in den 13 Staffeln so angehäuft hat, allerdings: Wer braucht nicht nach einem langen Tag etwas Glamour, Exotik und Sozialdrama? Dafür spare ich mir das unsägliche Dschungelcamp, Soaps und den Bachelor. Es gleicht sich also aus.
Doch die neue Staffel ist bei aller Liebe nicht so der Hit. Mühsam und ohne grosse Aufreger plätschern die Folgen dahin. Aber ich bleibe treu. Puppengesicht Zicke Zoë, Zankschwester Victoria, Heulboje Bruna und Silikon-Gerda sind raus. Mädels, jetzt kann es nur noch langweiliger werden!
Die Darlings siegten nie
Obwohl Herr ProSieben und Heidi sich alle Mühe geben, Christina, die Oberschlaue, zum neuen Buhmann beziehungsweise zur Buhfrau aufzubauen. «So eine Persönlichkeit wie mich gibts nur sehr selten, ich bin wirklich sehr einzigartig.» Und: «Ich war sehr gut.» Christina, ach Christina. Könntest du deinen neunmalklugen Mund halten, hättest du gute Chancen auf den Topmodel-Thron. Doch eine Streberin, die alles gut macht, Jobs absahnt, aber in der Show nicht auf Darling macht, gab es bisher in jeder Staffel. Allen gemeinsam: Sie siegten nie.
Diese Woche gehts um grosse Emotionen: Das Heul-Level der Staffel ist nämlich noch klar zu niedrig. Deshalb lässt die Heidi für die Meedchen Freunde und Familie einfliegen. Alle liegen sich in den Armen. Nur Trixi heult: Niemand, nicht mal die «meine Ein und Alles»-Schwester Lisa des Schiefzahn-Lieblings ist gekommen. So ein Schicksal gibts auch jedes Jahr bei «GNTM». Blöd nur, wenn Heidis Dramatik-Roulette dich trifft. Sorry, Trixi! Ein schlechtes Video gibts auch noch. Und das alles, um den lausigen Spannungsmoment zu haben, dass Schwester Lisa am Ende doch noch kommt. Faules Drama.
Klaudia mit K wird langsam langweilig
Die Verwandten werden derweil von unserem Ex-Bachelor Lorenzo Leutenegger, 33, «mit kribbeligem Gefühl» und «ohne Leder in der Garderobe» angeführt. Weitere Anhängsel-Highlights: Björn, der Freund von Julianna (och ist der herzig verliebt), Arthur, alias Rapper Juicy Gay/Prototyp Nerd und Freund von Sally. Und «Rock me Amadeus»-Mama Eva von Pia ist besonders cool. Sie will zum Laufsteg «schweben wie eine kleine Fee». Alles in allem ist aber kein Verwandter mit Alexander-«Honey»-Keen-Potential dabei.
Galerie: Das Wiedersehen von Sara und Lorenzo Leutenegger
Klaudia mit K ist wieder mal super. Wenn ich heute nochmals aus Heidi Klums Mund höre «Klaudia mit K ist so einzigartig» kotze ich. Klar, ihre Art ist sympathisch und verpeilt. Aber nur darauf aufzubauen, ist doch auch irgendwie langweilig. Finden die Fans der Sendung aber nicht: Im Influencer-Ranking liegt die rothaarige Wahlberlinerin mit Leierstimme followermässig vorn. Ihr Kleid für die Amfar-Gala ist luftig und «würde die Brüste freilassen». Und wer will das schon. Ausserdem erfahren wir: Heidi kauft ihre Garderobe auf dem Flohmarkt, na klar. Ich kuller vom Sofa und hole mir Chips. Nur so als Kontrapunkt zu den dünnen Ärmchen auf dem Bildschirm.
Peinliches Rollenbild von Frauen
Klaudia mit K ist Werbekauffrau, ihr müsste die Aufgabe des Shootings also liegen. 60’s-Hausfrauen, die Schwämme und Kräuterhäcksler bewerben. Ernsthaft! Als hätte «GNTM» nicht schon ein zweifelhaftes Rollenbild von Frauen. Aber das ist so schräg, dass es schon wieder witzig ist. Staubsauger und Toaster im Spitz-BH verkaufen? Das muss ein Model können. Toni ist die Einzige, die die Ironie erkennt, und Heidi ist von ihr hin und weg. Das kann Christina natürlich nicht ertragen. Sie strickt ihre Version der Geschichte: «Sie war die Beste in ihrem Team, ich die Beste in meinem Team.» Einbildung ist auch 'ne Bildung.
Der Entscheidungswalk liefert noch mehr Ironie. Mit Mutti über den Laufsteg - und das als Punks. Punk: Die Musik der Rebellion passt genauso sehr zur Show wie Astra-Dosenbier zu rosa Cupcakes mit fluffy Buttercream-Topping. Unangepasst sein wie ein Punk ist gerade das, was ein Germany's Next Topmodel nicht sein soll. Hat nicht immer die gewonnen, die möglichst wenig aneckt (in «GNTM»-Sprache: kommerziell ist)? Echte Punks (gibts die noch?) sehen diese Persiflage hoffentlich nie.
Kompliment an Ex-Bachelor Lorenzo
Rapper Arthur hat folglich auf dem Catwalk eher das Temperament eines Waschlappens. Sally wird dafür kritisiert, dass sie keine andere werden kann. Verwirrung: War nicht das bisher inoffizielle Motto der Staffel «Sei du selbst und so einzigartig»? Aber was kümmert die Juroren ihr Geschwätz von gestern.
Aber Kompliment an Lorenzo. Du musst deine Sara, 24, wirklich lieben. Welcher Mann würde sich sonst mit dieser quietschgelben Nietenbadekappe im TV zeigen? Ich muss das erste Mal vor dem TV lauthals lachen. Sara und ihr Mann legen eine richtig gute Performance hin. Für Sara geht der Traum also weiter. Wir drücken die Daumen.
Am Ende reicht es für Roulette-Opfer Trixi nicht. Noch mehr Tränen. «GNTM» ist wie das Leben: ungerecht.