1. Home
  2. People
  3. International Stars
  4. Harvey Weinstein: Vom Filmgott zum Sexgrüsel – Ein Porträt über Weinstein, seine Familie, seine Frau
Vom Filmgott zum Sexgrüsel

Wer ist eigentlich Harvey Weinstein?

Er war mächtig und galt als unantastbar: Harvey Weinstein. Jetzt bringen Vergewaltigungs- und Missbrauchsvorwürfe Hollywoods mächtigsten Filmproduzenten zu Fall. Ein Leben zwischen Sex und Lügen. Wer ist der Mann mit den zwei Gesichtern?

Artikel teilen

Harvey Weinstein

Dr. Jekyll & Mr. Hyde? Harvey Weinstein hat zwei Gesichter: Den treusorgende Ehemann und Familienvater und der sexbesessene Film-Mogul.

Keystone

Er ist der Albtraum von Hollywoods Traumfabrik: Oscar-Abstauber Harvey Weinstein, 65. Er war einst mächtiger Film-Mogul, jetzt ist er nur noch ein hässlicher Sexgrüsel. Eine 120-Kilo-Egomaschine. Fleischiges Gesicht, nikotingelb gefärbte Grapschfinger. Berüchtigt für seine Wutanfälle, gefürchtet wegen sexueller Übergriffe.

Seit Jahren gabs Gerüchte, dass Weinstein Schauspielerinnen bedrängt, demütigt, nötigt. «New York Times» und «New Yorker» enthüllen, wie schlimm es der frühere Miramax-Boss trieb. Drei Frauen soll er vergewaltigt, unzählige belästigt haben. Darunter Berühmtheiten wie Rose McGowan, 44, Gwyneth Paltrow, 45, Angelina Jolie, 42, und Eva Green, 37.

Jetzt hat die Polizei von Los Angeles Ermittlungen gegen Weinstein eingeleitet. Die Ordnungshüter hätten die Aussage eines mutmasslichen Vergewaltigungsopfers von 2013 aufgenommen, sagte ein Polizei-Sprecher gestern Donnerstag. Es handelt sich laut der «Los Angeles Times» um eine 38-jährige Schauspielerin aus Italien, die auch als Model bekannt ist. Es handelt sich um den sechsten  Vergewaltigungsvorwurf gegen den Filmemacher.

Weinstein bestreitet die Vorwürfe. Über einen Sprecher liess er mitteilen, mit keiner Frau nicht-einvernehmlichen Sex gehabt zu haben.

Aufbrausender Wüterich, Tyrann und «Frankenstein»

Wer ist der Mann, dessen Karriere als Filmproduzent 1987 mit dem Steven-Soderbergh-Film «Sex, Lügen und Video» startet? Weinstein wird in einer jüdischen Familie geboren. Sein Vater Max arbeitet als Diamantschleifer, er stirbt übergewichtig mit 52 an einem Herzinfarkt.

Mutter Miriam zieht Harvey und dessen jüngeren Bruder Bob allein in einer Zwei-Zimmer-Genossenschaftswohnung im Arbeiterviertel Pomonok in Queens gross. Sie arbeitet später bei Miramax (den Namen setzt Weinstein aus den Namen der Eltern zusammen), bringt täglich Gebäck für ihre Söhne mit.

Harvey Weinstein

Der Filmproduzent lebt in dieser Villa in den Hamptons, dem Mekka der Superreichen.

Dukas

Das erste Geld verdient Harvey mit Rockkonzerten, die er mit einem Kommilitonen an der University of Buffalo (Weinstein hat einen Bachelor in Englisch) organisiert. 1979 gründet er mit Bruder Bob Miramax. Mit «Gangs of New York», «Shakespeare in Love», «Scary Movie» und «Der englische Patient» produziert das Duo einige der erfolgreichsten Kinohits der Filmgeschichte.

Als aufbrausender Wüterich, Tyrann und «Frankenstein», der Aschenbecher an Bürowände wirft und Schreianfälle bekommt, ist Weinstein bei seinen Angestellten verrufen. Bei einer Testvorführung von Julie Taymors Film «Frida», so erinnert sich einer, «schrie Harvey so sehr, dass Spucke aus seinem Mund flog».

Die Ex-Frau sah ihn ganz anders

harvey weinstein and wife

Harvey Weinstein mit seiner Noch-Ehefrau Georgina Chapman.

Dukas

Nacheinander herrschte er die Führungsmannschaft seiner Firma an: «Du bist gefeuert. Du bist gefeuert. Du bist gefeuert.» Weinstein selbst findet seine Anfälle «halb so wild». Er habe sogar eine Therapie für Emotionskontrolle gemacht, bis ein Doktor herausgefunden habe, dass er Diabetiker sei und ihn der Blutzucker wütend mache.

An Meetings stopft er 70 bis 80 Smarties oder M&M’s in sich rein. Dazu raucht er 20 Zigaretten pro Tag (Marke Vantage). Kaffee trinkt er zwar mit einem Schuss fettarmer Milch, dafür schaufelt er sich zum Lunch gern Pommes übers Omelett.

Charmant, warm und lustig, so beschreibt Georgina Chapman, 41, Harvey Weinstein. Sie ist seit 2007 mit ihm verheiratet, im Dezember hätten sie ihren zehnten Hochzeitstag feiern können. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe verliess sie den Vater ihrer Tochter India Pearl, 7, und ihres Sohnes Dashiell, 4, sofort. Kennengelernt hat die Mode-Unternehmerin den Film-Mogul an einer Party.

«Er ist keine Person, die man ignorieren oder abbürsten kann. Er ist unglaublich charmant und charismatisch, es zieht dich irgendwie an. Wir waren zunächst Freunde, erst später entwickelte sich da mehr», verrät sie vor vier Jahren in einem «Vogue»-Interview. Sie erzählt dabei auch, dass Weinsteins Töchter Lily, 22, Emma, 19, und Ruth, 14, die aus dessen erster Ehe mit Eve Chilton stammen, oft an den Wochenenden bei ihnen in New York seien. Auch Ferien verbringe die Patchworkfamilie gemeinsam.

Holt sich Weinstein Hilfe in der Schweiz?

Sex spielt in Harveys Leben seit je eine grosse Rolle. Mark Lipsky, ehemaliger Miramax-Angestellter, erinnert sich, dass Weinstein seiner Mitarbeiterin und späteren ersten Ehefrau Eve nicht nur täglich ein Dutzend Rosen auf den Schreibtisch stellte. «Irgendwann sagten wir ihm, dass das Büro kein Sex-Spielplatz ist.»

«Was läuft bei dir verkehrt?», fragt Mutter Miriam Weinstein den jetzt abgestürzten Sohn bis zu ihrem Tod immer wieder. Andauernd ermahnt sie ihn, sich das Gesicht zu waschen, die Zähne zu putzen und für Interviews eine Krawatte umzubinden. Ihr Jüngster, Bob, ist es, der die Machenschaften des Bruders jetzt an die Öffentlichkeit brachte. Er nennt Harvey, den Meryl Streep in ihrer Golden-Globe-Dankesrede 2012 noch als «Gott» tituliert, «einen Weltklasse-Lügner».

Weinstein ist abgetaucht. Das amerikanische Newsportal «Page Six» will von einem Insider wissen, dass er in der Entzugsklinik «Meadows» in Arizona ist. Dort nehme Weinstein seine Therapie nicht sonderlich ernst. Laut Quelle soll er unter anderem während einer Gruppentherapie in seinem Stuhl eingeschlafen sein.

Andere vermuten ihn in der «Kusnacht Practice» in Zollikon ZH. Die Kosten für die Behandlung von Sexsucht betragen in der Schweizer Luxus-Praxis zwischen 80'000 und 120'000 Franken pro Woche. Klinik-Chef Eduardo Greghi will Harvey Weinsteins Anwesenheit am Zürichsee weder bestätigen noch dementieren. «Aus Gründen der Vertraulichkeit geben wir keinerlei Informationen über unsere Klienten.»

Von René Haenig am 20. Oktober 2017 - 19:25 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 13:06 Uhr