Prinz William war 15 Jahre alt, sein Bruder Harry 12 - als ihre Mutter tödlich verunfallte. Kurz vor deren 20. Todestag erzählen die beiden Brüder erstmals sehr offen in den englischen Medien, wie sie mit diesem Verlust klarkommen. Oder eben nicht. Vor allem Harry offenbart einen tiefen Blick in sein Seelenleben. Der Tod ihrer Mutter wirft die Prinzen, die in der Öffentlichkeit immer sehr gefasst wirken, gehörig aus der Bahn.
Das totale Chaos
20 Jahre lang verdrängt Harry, 32, den Tod seiner Mama. «Ich habe zwei Jahrzehnte lang alle Emotionen an meine Mutter ausgeblendet. Zwei Jahre davon waren das totale Chaos», sagt er in einem Interview mit der britischen Zeitung «The Telegraph». «Ich dachte, dass es mich nur noch trauriger macht, wenn ich an sie denke. Und es wird sie nicht zurückbringen.» Entsprechend habe er sich als Teenie und junger Erwachsener verhalten. «Ich steckte den Kopf in den Sand. Ich wollte keine Trauer und keinen Schmerz empfinden.»
Durch diese Abwehrhaltung wiegt er sich in falscher Sicherheit, glaubt, dass alles in Ordnung ist und redet sich ein: «Das Leben ist grossartig.» Mit den Jahren fühlt es sich für Harry normal an, keine Mutter mehr zu haben. «Jeder Mensch geht anders mit Trauer um, ich habe sie nicht an mich rangelassen. Ich war so jung», gesteht der Prinz in der TV-Dokumentation «Diana, Our Mother: Her Life and Legacy (Diana, unsere Mutter: Ihr Leben und ihr Vermächtnis), in dessen Zusammenhang der Palast auf Facebook Fotos aus der Vergangenheit veröffentlicht hat.
Bei William, 35, dauert es fünf bis sieben Jahre, bis er die «Schockphase» überwindet. «Man kann es mit nichts im Leben vergleichen. Es ist wie ein Erdbeben, das dein Haus und Leben zerstört. Es ist unfassbar. Du weisst nicht, wo du bist, was du machst, was gerade passiert», so der Prinz in der TV-Doku. Um sich abzulenken, beschäftigt sich der junge Mann, so gut es geht. Das habe ihm manchmal gut getan, manchmal nicht, aber es habe ihm in der ersten Zeit nach dem schweren Verlust geholfen. Harry wiederum empfindet bei königlichen Verpflichtungen Angstzustände und offenbart: «Bei zahlreichen Gelegenheiten stand ich wahrscheinlich kurz vor einem kompletten Zusammenbruch.»
Dianas Enkelkinder und eine Therapie
William bekommt sein Leben schneller wieder in den Griff als sein Bruder. Seit sechs Jahren ist er glücklich verheiratet mit Kate und spricht oft mit seinen Kindern George, 4, und Charlotte, 2, über Diana: «Ich versuche, sie daran zu erinnern, dass es zwei Grossmütter gab. Es ist wichtig, dass sie wissen, wer sie war und dass sie existierte. Es gibt nicht viele Tage, an denen ich nicht an sie denke.»
Harry begibt sich erst mit 28 in eine Therapie. Sein engstes Umfeld und William überzeugen ihn, endlich Hilfe aufzusuchen. Psychiater und Boxtraining helfen dem «Party-Prinzen», die Vergangenheit zu bewältigen. «Das hat mich gerettet, denn ich war nah dran, jemanden zu schlagen. Und es ist doch besser jemanden zu schlagen, der Boxhandschuhe trägt.»
Harry bestätigt im «Telegraph», dass er sich nun gut fühle. Doch die Trauerarbeit scheint er noch lange nicht überwunden zu haben. In der TV-Doku offenbart der Royal, dass er bei der Beerdigung seiner Mutter auf dem privaten Familienanwesen zum ersten Mal geweint habe. Und danach noch vielleicht einmal. «Da ist noch viel Trauer in mir, die raus muss.»
Teil 24: Dianas wohltätige Engagement lebt weiter