Prinz Charles steht an erster Stelle der britischen Thronfolge. Und dies inzwischen seit 66 Jahren. Rekord! Vor ihm musste noch nie ein anderer so lange auf den britischen Thron warten. Eigentlich hat dies ja einen schönen Hintergrund. Schliesslich wird Prinz Charles nur König, wenn Queen Elizabeth II. stirbt. Seine Mutter. Und diese erfreut sich auch mit 92 Jahren zum Glück noch guter Gesundheit.
Dies bedeutet aber auch, dass Elizabeth noch einige Zeit auf dem Thron sitzen könnte. Immerhin wurde ihre Mutter, Queen Mum, 101 Jahre alt. Prinz Charles wäre dann fast 80 Jahre alt. Und schon jetzt, mit 70, wäre Charles der älteste Monarch, der in Grossbritannien jemals den Thron bestieg. Möchte er sich das aufs Alter wirklich noch antun?
Die Briten wollen vor allem nicht Camilla
Selbst das britische Volk ist sich in dieser Sache uneinig. So gibt es Umfragen, in der sich über die Hälfte der Befragten für die traditionelle Thronfolge aussprechen. In anderen Befragungen, wie etwa jener der Zeitung «News of the World» sprachen sich im Jahr 2010 55 Prozent für William aus. Diese Befragungen aber zielen oft auch auf die zukünftige Rolle von Camilla an der Seite von Charles ab. Und um Camilla auf dem Thron zu verhindern, scheinen viele auch auf Charles verzichten zu wollen.
So oder so hat das britische Volk da aber nicht viel mitzureden. Zwar könnte das Parlament das entsprechende Gesetz ändern - dafür bräuchte es aber wohl einen triftigeren Grund als Sympathie. Ansonsten kann nicht einmal die Queen höchstpersönlich bestimmen, dass nicht ihr Sohn Charles ihr Nachfolger wird. Vielmehr müsste schon Charles persönlich auf den Thron verzichten. Und das wird er kaum machen. 66 Jahre lang bereitet sich der «ewige Thronfolger» nun auf eine einzige Rolle vor: Eines Tages König zu sein. Unwahrscheinlich, dass er dann, wenn es soweit ist, plötzlich nicht mehr möchte. Nicht nur weil er als dickköpfig, stur und eigensinnig gilt. Sondern noch aus ganz anderen Gründen.
Als König hat er noch mehr Einfluss
Da wären zum einen seine eigenen Anliegen. Charles setzt sich mit Herzblut für den Klimaschutz sowie die organische Landwirtschaft ein. Als sich 2013 mit Prinz George, 5, sein erstes Enkelkind ankündigte, meinte er in einem Interview mit dem TV-Sender ITV: «Jetzt, wo wir ein Enkelkind bekommen, wird es noch klarer, dass wir alles tun müssen, um keinen total kaputten Giftbecher zu hinterlassen». Er wolle später nicht von seinen Enkelkindern gefragt werden, wieso er nichts getan habe. Ähnliche Worte äusserte Charles auch vor kurzem über den neusten Enkel, das Kind von Prinz Harry, 34, und Herzogin Meghan, 37, das im Frühling erwartet wird.
Sein Engagement aber begann schon vor Jahrzehnten. Inzwischen gründete Charles fast zwanzig Stiftungen rund um den Klimaschutz. Und schon in den 80er-Jahren unterstützte er mehrere Bauern auf seinen Ländereien beim Umstieg auf biologische Landwirtschaft. Heute vertreibt er sogar selbst seine Bio-Produkte und investiert den Erlös wiederum in seine Stiftungen.
Noch nie war sich Charles dabei zu schade, seine Meinung auch öffentlich kundzutun, ganz untypisch für einen Windsor-Sprössling. So sprach er sich etwa gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel aus, was ihm auch Kritik von mehreren Politikern einbrachte. Schliesslich hat sich Queen Elizabeth II. auch nie in die Politik eingemischt. Der Prinz von Wales aber denkt nicht daran, seine Ansichten für sich zu behalten.
Zwar werde er sich als König nicht mehr in gesellschaftliche Debatten einmischen, meinte Prinz Charles in einem kürzlich erschienenen BBC-Interview zu seinem 70. Geburtstag. Er könne schon zwischen seinen Aufgaben als Thronfolger und als König unterscheiden - «so dumm bin ich nicht». Und trotzdem: Die Ansichten eines Königs haben noch viel mehr Gewicht als jene eines Thronfolgers. Und nur weil sie nicht mehr öffentlich geäussert werden, sind sie noch lange nicht vergessen. Ausserdem ist nicht ausgeschlossen, dass Charles sich als König zumindest im Hintergrund weiterhin seinen Herzensangelegenheiten widmet. Viel zu wichtig sind ihm diese, viel zu bewusst ist er sich, was er in seiner Position diesbezüglich alles bewirken kann. Kaum vorstellbar, dass er sich diese Gelegenheit entgehen lässt - und wenn er dafür nochmals zehn Jahre warten muss.
Er möchte William noch entlasten
Der zweite Grund, wieso Charles die Krone nicht ablehnen wird, dürfte sein Sohn William höchstpersönlich sein. Dieser betonte immer wieder, dass es für ihn ausser Frage steht, «dass der Prinz of Wales der nächste Monarch sein wird», wie es zum Beispiel 2010 ein Mitarbeiter der Königsfamilie der «Sunday Times» mitteilte. Und auch Prinz Charles selbst dürfte seinem Sohn die Rolle des Königs noch nicht so bald aufhalsen wollen.
Charles sah selbst am Beispiel seiner Mutter, wie schwierig und zeitintensiv die Aufgabe eines Monarchen ist. Vor allem in den Anfangsjahren, wenn noch alles neu ist. Elizabeth hatte nach ihrer Thronbesteigung im Alter von 26 Jahren kaum noch Zeit für ihre zwei Ältesten, die Familie musste hinten anstehen. Das wird Charles seinem Sohn William ersparen wollen. Immerhin hat dieser mit Prinz George, Prinzessin Charlotte, 3, und Prinz Louis, 7 Monate, noch sehr kleine Kinder. Die dann fast nichts mehr von ihrem Vater hätten.
Charles III., nicht William V.
Viel wahrscheinlicher also, dass Charles im Falle des Ablebens seiner Mutter noch ein paar Jahre auf dem britischen Thron sitzen wird. Und für den Fall der Fälle, wenn es soweit ist, ist auch schon alles vorbereitet. So besteht im Buckingham-Palast längst ein detaillierter Ablaufplan, was nach dem Tod von Queen Elizabeth II. passiert.
Gemäss «The Guardian» werde dann - natürlich nach den Familienmitgliedern - zuerst die Premierministerin oder der Premierminister von Grossbritannien informiert, anschliessend die 15 Regierungen der Commonwealth-Staaten wie etwa Kanada, Australien oder Neuseeland. Erst dann gehe eine offizielle Mitteilung an die Öffentlichkeit. Zwölf Tage Trauer sind anschliessend angesetzt - wobei es zumindest für Charles dann fast keine Pause gibt. Er nämlich wird schon am Tag nach dem Ableben der Queen um genau 11 Uhr als neuer König vorgestellt. Dann hat sein Warten ein Ende - so traurig auch der Grund dafür ist. Und der neue König wird Charles III. heissen - noch nicht William V.
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