Dass der Klimawandel auch vor einer Prinzessin nicht haltmacht, bekommt Victoria von Schweden, 41, vergangenen Hitzesommer hautnah zu spüren. Auf der Insel Öland, wo die Kronprinzessin mit Ehemann Daniel, 45, Tochter Estelle, 7, und Sohn Oscar, 3, ein Sommerhaus bewohnt, wird erstmals das Wasser knapp. «Es war beängstigend», sagt sie. Es ist mit ein Grund, weshalb sich Schwedens künftige Königin noch stärker als bisher für den Umweltschutz engagiert.
Kronprinzessin Victoria, schon Ihr Vater, König Carl XVI. Gustaf, engagiert sich seit Jahren in Sachen Umweltschutz. Hat er Ihnen da etwas vererbt?
(Schmunzelt.) Sicherlich! Ich erinnere mich an die Sommer meiner Kindheit auf Schloss Solliden auf der Insel Öland. Dort fuhren wir öfters mit unserem Vater im Boot aufs Meer hinaus, wo wir die Küste beobachteten.
Was genau hatten Sie im Visier?
Wir legten uns auf die Lauer und schauten, ob wir Braunalgen sehen, während Papa das Boot die Küste entlangsteuerte.
Und? Entdeckten Sie welche?
Ja! Wenn wir welche fanden, war das ein Zeichen dafür, dass es dem Meer etwas besser geht.
Statt an der Ostsee machten Sie vor zwei Jahren Ferien am Mittelmeer …
… so schön warm, hellblau und glitzernd.
Wie kann es sein, dass ich an einem Steinstrand Sandkörner vom Körper meiner Tochter rubbeln muss?
Ihre Tochter Estelle schien genauso begeistert.
Es dauerte eine Weile, sie wieder aus dem Wasser zu locken. Ich begann, sie abzutrocknen und vom Sand zu befreien, wie man das so macht als Mutter. Aber das ging ganz schwer, die Körner wollten nicht von ihrer Haut, und da wurde ich plötzlich stutzig. Und ich fragte mich: Wie kann es sein, dass ich an einem Steinstrand Sandkörner vom Körper meiner Tochter rubbeln muss?
Fanden Sie eine Erklärung?
Das waren gar keine Sandkörner. Sie waren weder braun noch grau oder wie ich das sonstwie von Sand kenne. Die waren knallgelb, blau und rot. Es war Mikroplastik – ein Phänomen, von dem ich zwar schon gelesen, aber das ich noch nie mit eigenen Augen gesehen hatte.
Ein Aha-Erlebnis für Schwedens künftige Königin. Eines, das sie traurig machte, wie sie zugibt. Sie habe trotz Familienferien auf einen Schlag weder Appetit auf Fisch gehabt noch Lust verspürt, wieder schwimmen zu gehen. «Was sollen wir jetzt machen?», habe sie sich gefragt. Die Verschmutzung der Meere durch Mikroplastik ist ein grosses Problem, ein anderes die Klimaerwärmung.
Sie sind besorgt wegen der Klimaveränderung.
Ja, ich verspüre eine grosse Unruhe in mir, was das betrifft. Deshalb engagiere ich mich, wobei ich leider nicht sagen kann, dass meine Unruhe dadurch weniger geworden ist. Im Gegenteil, sie steigt mit dem Wissen, welches ich mir aneigne. Und je mehr ich mich mit dem Thema beschäftige, desto klarer wird mir, wie komplex die Sache ist.
Sie sind seit 2015 für die Uno als Botschafterin für nachhaltige Entwicklung unterwegs.
Als ich vom damaligen Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon angefragt wurde, zögerte ich zunächst. Ich engagierte mich ja schon in Umweltfragen und war mir nicht sicher, was ich überhaupt ausrichten könnte und ob es nicht andere gäbe, die besser geeignet wären.
Unterdessen habe ich gemerkt, dass mir die Position als Botschafterin eine gute Plattform bietet, um auf Probleme aufmerksam zu machen
Und was hat Sie bewogen, doch zuzusagen?
Irgendwann sagte ich mir: Wenn ich schon für so einen Posten angefragt werde, bin ich es irgendwie auch schuldig, zur Verfügung zu stehen. Unterdessen habe ich gemerkt, dass mir die Position als Botschafterin eine gute Plattform bietet, um auf Probleme aufmerksam zu machen.
Ein ambitioniertes Ziel, das sich Kronprinzessin Victoria gesetzt hat: Sie will durch sämtliche 21 schwedischen Provinzen wandern, so auf die Schönheit ihres eigenen Landes aufmerksam machen – und diverse Umweltprojekte unterstützen. So klaubte sie bereits mit Schülern aus der Provinz Blekinge Müll vom Strand.
Inwieweit können Sie als Kronprinzessin überhaupt umweltbewusst leben – mit Reisen und Konsum?
Darüber mache ich mir jeden Tag Gedanken. Reisen sind Teil meiner Aufgabe. Auch als Verbraucherin ist es nicht einfach. Man glaubt, vieles richtig zu machen, und dann macht man es doch verkehrt. Ich versuche, meine Reisen zu minimieren und sicherzustellen, dass Treffen wirklich wichtig und zielführend sind.
Und privat?
Da haben wir als Familie unsere Diskussionen.
Wie steht es mit vegetarischer Ernährung?
Für uns hat sich da in den letzten Jahren einiges verändert. Heute ist es ganz normal, dass auch vegetarische Gerichte auf den Tisch kommen.
Sie selbst sollen sich nicht gerade für eine gute Köchin halten?
Nein, ich bin keine gute Köchin. Und es gibt auch niemanden, der das von mir behaupten würde.
Bei Oscar kommt es auf die Tagesform an. Manchmal ist er super engagiert, und manchmal will er überhaupt nicht
Sie sagten einmal, dass bei Ihnen zu Hause der Müll sortiert wird. Wie bringen Sie Ihre Kinder dazu, dabei mitzumachen?
(Lachend.) Bei Oscar kommt es auf die Tagesform an. Manchmal ist er super engagiert, und manchmal will er überhaupt nicht.
Ein spezielles Geschenk erhielt Victoria, als sie 2018 zwei Forscher ehrte. Die Wissenschaftler revanchierten sich für den von der Kronprinzessin verliehenen Stockholm Water Price mit einer Halskette aus Abfallschlamm. Trägt sie die auch? «Doch, schon», versichert sie grinsend. Wenngleich der Gedanke, Schlamm um den Hals zu tragen, gewöhnungsbedürftig sei.
Können Sie als Royal überhaupt etwas erreichen, oder bleiben am Ende nur schöne Worte und symbolische Gesten?
Jeder kann etwas tun. In meiner Funktion bietet sich mir die Möglichkeit, eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen und Menschen zusammenzubringen. Darin sehe ich meine Rolle – als Kronprinzessin und als Uno-Botschafterin. Ich werde also dranbleiben!