Ein Hinterhof. Eine düstere Backsteinmauer. Die Feuerleiter führt direkt zum Schlafzimmer von Florian Froschmayer, 36. Seine Dachwohnung in Berlin-Mitte gäbe einen unheimlich guten Krimi-Schauplatz ab. Dürfte der Regisseur aus Thalwil ZH wählen zwischen der Rolle als Ermittler oder Bösewicht, er würde den Kommissar spielen. «Weil ich ein Kopfmensch bin.» So setzt er sich auch früh in den Kopf, zum Film zu gehen. Als Knirps steht er im bekannten Zürcher Kindertheater Metzenthin auf der Bühne.
Florian war der ideale Prinz, mit seinen blonden Haaren und den blauen Augen, erinnert sich Sibyll Metzenthin. «Ich heiratete sogar mal Mona Petri als Prinzessin», erzählt Florian grinsend. Seiner Mutter ist bis heute ein Gespräch mit der damaligen Schulleiterin Rosmarie Metzenthin in Erinnerung geblieben. «Sie meinte, Florian sei der geborene Regisseur, da er immer alle Kinder anwies, wie sie über die Bühne laufen sollten.» Als Teenie hatte Florian plötzlich Hemmungen, vor Publikum aufzutreten. Das Interesse für die Arbeit hinter der Kamera blieb.
Da er «keinen Bock auf Schule» hat, ohne Matur aber ein Studium an der Filmhochschule nicht infrage kommt, macht er eine KV-Ausbildung und fängt als Cutter beim Schweizer Fernsehen an. Hier trifft Florian auf Leute, die sein Talent erkennen – und es fördern. Martin Masafret zum Beispiel. «Wow, das ‹Milchbüebli› hat was drauf», merkt der Sportreporter und Dok-Filmer bald. «Und dies, obwohl er keine grosse Ausbildung hat.» Masafret hält Froschmayer für ein Naturtalent. «Hinzu kommt, dass Florian weiss, was er will, und ehrgeizig daran arbeitet, sein Ziel zu erreichen.»
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Für «Tatort» wollte der Schweizer schon lange Regie führen. Nur, in Deutschland gilt: Wer an den Kult-Krimi rangelassen wird, hats geschafft, gleich einem Fussballer, der in der Champions League kickt. Florian: «Man braucht immer wieder Menschen, die einen sehen – und die was zu sagen haben.»
Kerstin Ramcke, Produzentin und Geschäftsführerin der Studio Hamburg Produktion, gehört dazu. «Florian überzeugte mich auf Anhieb.» Mit seiner jahrelangen Krimiarbeit für «Küstenwache», «Soko», «Die Sitte» (seine Folgen waren gar für den Adolf-Grimme-Preis nominiert) sowie «R.I.S. – Die Sprache der Toten» habe er sich in Deutschland «einen hervorragenden Namen gemacht».
«Borowski und die heile Welt» heisst nun Froschmayers erster «Tatort», in dem sogar seine Heimat Schweiz eine kleine Rolle spielt. «Als ich bei Drehbeginn erstmals Starschauspieler Axel Milberg gegenüberstand, schoss mir kurz durch den Kopf: ‹Boah, der Florian aus Thalwil dreht mit Axel Milberg.›» Andererseits sei ihm klar gewesen, dass er selbst auch was auf dem Kasten hat.
Froschmayer beeindruckt Milberg. «Er ist ein sehr höflicher, jungenhafter Schweizer, der uns nicht viel von seinen Plänen verraten wollte. Ich habe Florian aber schnell vertraut, als ich merkte, dass er genau weiss, wie er die Geschichte erzählen will.» Der Schauspieler ist überzeugt: «Wir werden weiter von Florian hören.»
In Froschmayers DVD- und CD-Regal türmen sich nicht nur TV-Serien-Hits wie «24», «Six Feet Under», «CSI» und «Lost», sondern auch eine Menge Filmmusik-Scheiben. «Mein Vater ist ein totaler Filmfan», erzählt Florian. Seine Leidenschaft habe er sicher von ihm geerbt, obschon sie einen völlig unterschiedlichen Geschmack hätten. «Filme spielten bei uns zu Hause stets eine grosse Rolle», bestätigt Vater Manfred Froschmayer, der in Thalwil einen Film- und Musik-Versandhandel betreibt.
«Auf die Idee mit dem Internet brachte mich Florian, als ich vor zehn Jahren meinen Laden wegen der damaligen Bankenkrise aufgeben musste.» Vater Manfred war es auch, der seinen Filius erstmals ins Kino mitnahm – in Walt Disneys «Dschungelbuch». Vor die Glotze durften Florian und seine Schwester selten. «Derrick» blieb lange tabu. «Obwohl Florian hartnäckig versicherte, dass seine Schulkollegen den Krimi sehen durften.»
Ausser bei «Borowski und die heile Welt» führte Froschmayer vor Kurzem bei einem weiteren «Tatort» Regie. Wann «Freund oder Feind» mit Eva Mattes und Stefan Gubser als deutsch-schweizerischem Ermittlerduo zu sehen ist, steht zurzeit noch nicht fest.
Was verdient ein Regisseur an einem so prestigeträchtigen Streifen? Konkrete Summen will Froschmayer nicht nennen, er wird pauschal bezahlt – pro Film. Als reine Drehzeit listet die Produktionsfirma für «Borowski» 22 Tage auf. «Mit Vorbereitung und allem drum und dran hatte ich aber viereinhalb Monate damit zu tun.» Richtig gutes Geld verdiene er eher mit Serien und Werbefilmen, sagt der Wahl-Berliner.
Gerne würde er auch mal bei einem Schweizer Fernsehfilm Regie führen. Eine Rückkehr in die Heimat kann er sich im Moment aber nicht vorstellen. «Vielleicht wenn ich Familie habe», sagt er. Und die will der Single irgendwann ganz sicher. Vor einem halben Jahr erst ging Florians letzte Beziehung zu einer Fernsehjournalistin in die Brüche. Seither warten nur seine Katzen, die er beide einfach «Schiisser» nennt, auf ihn, wenn er nach Hause kommt.
Eine düstere Backsteinmauer. Eine Feuerleiter, die vom Hinterhof direkt ins Schlafzimmer führt – vielleicht taucht Florians Wohnung doch noch mal als geheimnisvolle Krimi-Kulisse auf. Froschmayer: «Wahnsinnig gern würde ich den Berliner ‹Tatort› mit Dominic Raacke als Kommissar Ritter drehen.» Das würde den Schweizer mordsmässig reizen.