Alex Capus, in Ihrem neuen Roman «Königskinder» hält ein Paar gegen alle Widerstände aneinander fest. Sie selbst sind seit 25 Jahren verheiratet. Wie schafft man das?
Es hilft, wenn man einander zu Beginn sehr gefällt.
Wars bei Ihrer Frau Nadja Liebe auf den ersten Blick?
Ah jä jo! Ich schwamm in der Aare, als dieses Meitli auf einem Floss an mir vorbeitrieb. Ich liess es nicht mehr aus den Augen. Über die Jahre ist es wichtig, dass man die Zuneigung nicht vergisst, auch wenn der Alltag manchmal beschwerlich ist. Auch gute Manieren und gegenseitiger Respekt helfen. Und Untreue ist sicher nicht förderlich.
Als Sie Kind waren, was hat Ihre Mutter Ihnen da immer gesagt?
«Lueget, Chinge!» Mal war es ein pfeifendes Vögelchen, mal ein Sonnenaufgang – meine Mutter hat Freude an kleinen Dingen.
Erinnern Sie sich an Ihren ersten Schulschatz?
Das war in der ersten Klasse, sie hiess Susi Läubli und trug eine herzige karierte Schürze. Aber von meiner Leidenschaft hat sie nichts mitbekommen.
Als Sie 16 Jahre alt waren, wie sah da Ihr Zimmer aus?
Es herrschte ein moderates Chaos. Die Stereoanlage dominierte das Zimmer, es gab Kerzen und indische Batik-Tücher.
Um wie viel Prozent müssten Sie Ihr Arbeitspensum reduzieren, damit Sie massiv glücklicher wären?
Gar nicht! Das Schreiben und die Arbeit in meiner Galicia Bar, beides macht mich glücklich. Und wenn ich keine Lust habe, dann mache ich nichts – ich darf das. Als Künstler habe ich gelernt: Es braucht unproduktive Phasen, damit ich wieder produktiv sein kann
Wo am Körper tuts Ihnen weh?
Ich habe ein empfindliches Knie. Meine Frau sagt immer: Geh zum Arzt! Aber ich will gar nicht wissen, was es ist.
Sie dürfen Ihren Wohnort neu designen: Aus welchen Städten, Dörfern und Landschaften setzen Sie ihn zusammen?
Eine Stadtwohnung am Waldrand mit Sicht auf den Atlantischen Ozean.
«Tod und Vergänglichkeit umfahre ich grossräumig»
Haben Sie ein schlechtes Gewissen, wenn Sie den Teller nicht leer essen?
Das passiert mir nie. Ich esse auch noch den Teller des Tischnachbarn leer.
Haben Sie einen Organspendeausweis?
Nein, die Themen Tod und Vergänglichkeit umfahre ich grossräumig. Wobei – wenn ich mir das so überlege, dann möchte ich gerne unversehrt kremiert werden. Und wenn ich ohne Organspende akut gefährdet wäre, dann möchte ich wohl lieber sterben. Ich versuche, mit Demut hinzunehmen, was das Leben für mich bereithält.
Können Sie sich vorstellen, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen?
Ich finde Sterbehilfe legitim. Aber wie gesagt: Der Tod ist für mich kein Thema. Ich interessiere mich für das Leben.
Welche Musik soll an Ihrer Beerdigung gespielt werden?
Das Klarinettenkonzert von Mozart.
Haben Sie ein Tattoo?
Nein, ich war noch nie so betrunken, dass ich eines hätte machen lassen.
Die bisher beste Idee Ihres Lebens?
Das Meitli auf dem Floss nicht aus den Augen zu lassen.
Und Ihre dümmste Idee?
Im Hochsommer 1984 mit dem Töff durch die Sahara zu reisen – aber es war trotzdem cool!
Was geben Sie Ihren Kindern mit auf den Weg?
Was meine Mutter mir vorlebte: Hab Freude an den kleinen Dingen. Und Humor!
Welche Ihrer Eigenschaften möchten Sie Ihren Kindern nicht vererben?
Ich bin sehr treu und loyal. Aber wenn mich einer hintergeht, dann ist es vorbei. Verrat kann ich nicht verzeihen. Auch wenn ich mir manchmal wünsche, ich wäre versöhnlicher. Ich hoffe, meine Söhne entwickeln eine diplomatischere Art.
«Das Leben hat mich Toleranz gelehrt»
Was wird man in hundert Jahren über die aktuelle Epoche sagen?
Das Urteil wird vernichtend ausfallen. Selbstsüchtig und oberflächlich seien wir gewesen, hätten nur an uns selbst gedacht.
Welche Pille gehört erfunden?
Eine gegen Dummheit, Überheblichkeit und Arroganz.
Der beste Ratschlag, den Sie je bekommen haben?
Das Leben hat mich Toleranz gelehrt. Früher hatte ich klare Vorstellungen, wie man leben sollte. Dann wurde ich Vater und merkte: Meine fünf Söhne sind so verschieden – und das ist okay. Also ist es auch okay, wenn nicht alle Menschen gleich sind.
Über welches Geschenk haben Sie sich zuletzt gefreut?
Kürzlich haben mir zwei meiner Buben einen Holunderblütensirup vom Berner Märit heimgebracht. Dass sie an ihren alten Vater gedacht haben, fand ich echt rührend.