Annina Campell, 33, hat eine schwere Zeit hinter sich. Dabei fing das Jahr 2017 so gut an. Die Moderatorin, die an der Seite von Nik Hartmann, 46, durch die Sendung «SRF bi de Lüt live» führt, erfährt, dass sie zum zweiten Mal schwanger ist.
Ein Wunschkind für Annina und ihren Mann Marc, 37. Auch Schwesterchen Anna Nina Catarina, 3, freut sich auf die neue Spielkameradin. Im März dann der Schock: Annina verliert das Mädchen, das Elisa Anaiah hätte heissen sollen, im sechsten Monat.
Nach der tiefen Trauer hat sie neuen Mut gefasst
Ein halbes Jahr später erleidet sie eine weitere Fehlgeburt, allerdings in einem sehr frühen Stadium. Die tiefe Trauer ist inzwischen der Akzeptanz und neuem Mut gewichen. «Es geht mir wieder gut», sagt Annina Campell. Auf Nachfrage der Schweizer Illustrierten ist sie nun zum ersten Mal bereit, über den Schicksalsschlag und ihre Pläne für die Zukunft zu sprechen.
Annina Campell, im April haben Sie alle mit Ihrem Ausstieg bei der Newssendung «Telesguard» von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha überrascht. Warum hören Sie auf?
«Telesguard» zu verlassen, war keine Herzensentscheidung, sondern eine extrem schwierige und rationale. Ich liebe das Team und die Arbeit, aber das Pendeln Zürich–Chur und unregelmässige Arbeitstage wurden mir nebst meinen anderen Jobs zu viel.
«SRF bi de Lüt live» bleiben Sie aber erhalten, oder?
Ja, das sind schliesslich nur punktuelle Einsätze.
Warum möchten Sie weniger arbeiten?
Diesen Winter hatte ich plötzlich extrem viele Aufträge. Ich merkte: Das wird mir zu viel! Nächstes Jahr kommt meine Tochter bereits in den Kindergarten – diese wertvolle Zeit kommt nicht mehr zurück.
Zweimal die Woche geht Tochter Anna Nina Catarina in eine Krippe. Und wenn die Moderatorin arbeitet, hüten auch die Grosseltern gerne. Der Kleinen gefällts. Dennoch möchte die Moderatorin in Zukunft mehr für sie da sein.
Meldete sich Ihr schlechtes Gewissen als berufstätige Mutter?
Ja, das fängt jetzt bei mir an. Ich spürte, dass ich den Stress nicht mehr haben will. Ich war nur noch konstant am Arbeiten, hatte in vier Monaten nur zwei Tage frei. Ich will die Freude an meinem Beruf, in den ich durch Zufall geraten bin und der mir grossen Spass macht, nicht verlieren. Und das passiert, wenn ich zu viel arbeite. Ich brauche eine Pause. Leider habe ich im letzten Herbst nochmals eine Fehlgeburt erlitten. Es war noch ganz am Anfang, ich wusste nicht einmal, dass ich schwanger war. Es war extrem schmerzhaft. Ich deutete das als Zeichen, den Stress zu reduzieren.
Ja, Marc und ich wollen noch ein Kind
Also arbeiten Sie auch weniger, weil Sie sich ein Kind wünschen?
Ja, eindeutig. Marc und ich möchten sehr gerne noch mal Eltern werden. Wir sind langsam wieder parat.
Im Januar 2017 wurde bekannt, dass Sie schwanger sind. Zwei Monate später die Nachricht: Sie haben Ihr Kind im sechsten Monat verloren.
Ja, das war der Schock meines Lebens. Ich war wie paralysiert. Und unglaublich traurig. Eine Trauer, die man nicht beschreiben kann.
Haben Sie den Verlust manchmal auch als grosse Ungerechtigkeit empfunden?
Nein. Hätte ich das persönlich genommen, hätte ich verloren. Eine Schwangerschaft ist ein Wunder der Natur, bei dem manchmal auch Fehler passieren. Das müssen wir leider akzeptieren.
Haben Sie sich selbst Vorwürfe gemacht?
Ich habe sehr viel recherchiert, und die Ärzte erklärten mir die Sachlage. Lassen wir die Details – es lag sicher nicht daran, dass ich mich als Schwangere irgendwie falsch verhalten hätte.
Wie haben Sie den Verlust emotional verarbeitet?
Die Trauer zulassen! Und sehr, sehr viele Gespräche mit Marc, mit der Familie und mit Freunden halfen mir, das Geschehene zu verarbeiten. Eine Sichtweise zu finden, die diesen Schicksalsschlag erträglich macht. Erst jetzt merke ich, dass es mich wahrscheinlich mehr mitgenommen hat, als ich abschätzen konnte. Dieses Ereignis gehört nun zu meiner Biografie, ist Teil meiner Geschichte geworden und kommt immer wieder in kleinen Momenten hoch. Heute bin ich bereit, diesen Verlust zu akzeptieren.
Bisher haben Annina Campell und ihr Mann es emotional noch nicht geschafft, ihre Tochter Elisa Anaiah beisetzen zu lassen. Bis sie zu einem Abschiedsritual im Familienkreis bereit sind, steht die kleine Urne zu Hause.
Warum ist die Urne für Sie ein so wichtiges Symbol?
Das Ganze war ein extrem sur-reales Erlebnis, fast wie ein böser Traum. Ich habe Augenblicke, in denen ich mich frage, ob das wirklich passiert ist. Im Moment will ich die Urne irgendwie nicht hergeben. Das ist komisch, aber es ist mir einfach noch zu früh. Sie zu sehen, hilft mir bei der Verarbeitung.
Hat dieser Schicksalsschlag Sie verändert?
In meinem Wesen und meiner Einstellung zum Leben nicht. Mir ist eher die Haltung geblieben: «Hey, bis auf dieses schlimme Ereignis habe ich im Leben sehr viel Glück gehabt.» Ich bin von Natur aus risikofreudig und habe nie gross über Gefahren nachgedacht. Jetzt merke ich, dass ich bei Anna Nina etwas vorsichtiger geworden bin. Ausserdem gehen mir Schicksalsschläge anderer viel näher. Ich fühle extremer mit.
Die Anteilnahme hat mir damals sehr geholfen
Sprechen Sie Menschen an, die Ähnliches erlebt haben?
Ja. Ich habe inzwischen sehr viele Nachrichten von Familien erhalten, die auch ein Kind verloren haben. Es ist unglaublich, wie viele tragische Geschichten es gibt. Davon hört man selten, wenn man nicht auch betroffen ist. Nach meinem Verlust war die Anteilnahme riesig. Meine Mailbox war voll, Briefe, SMS. Das war schön zu spüren! Die Anteilnahme zeigt einem auch, dass es berechtigt ist zu trauern. Mir hat genau das damals geholfen.
Annina Campell redet offen darüber, welch grosser Druck auf Schwangeren lastet. Dass man normalerweise erst nach drei Monaten eine Schwangerschaft öffentlich macht, findet sie problematisch. Sie wünscht sich, dass Frauen unverkrampfter und ohne Angst über das Thema sprechen können. Gerade wenn eine Schwangerschaft nicht so gut verläuft.
Sie haben sich nach dem tragischen Ereignis in die Arbeit gestürzt. Hat Ihnen das geholfen?
Na ja, einerseits bin ich als Selbstständige grundsätzlich froh, Anfragen zu haben. Und bis zu einem gewissen Grad war das auch eine gute Ablenkung. Trotzdem war ich sehr dankbar, dass mir das romanische TV ermöglicht hat, letzten Sommer zwei Monate freizunehmen.
In Zukunft werden Sie mehr Zeit haben. Schon Pläne?
Ja (lacht). Auf meinem Schreibtisch stapelt sich noch einiges. Und ich habe einige Buchungen für Event-Moderationen bis ins Jahr 2019. Das ist beruhigend, denn gar nichts mehr zu haben, würde mich irgendwie auch stressen. Aber zum ersten Mal habe ich fast einen Monat lang wirklich gar nichts auf der Agenda. Da werde ich so richtig auftanken. Um dann schwungvoll und mit Mass weiterzumachen.