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Auswanderer Tschudis zurück in der Schweiz

«Ich habe gespürt, dass es Patricia nicht gut geht»

Neue Heimat, neues Glück? Auf ihrer Trauminsel Bali wollten sich die Schweizer Auswanderer Patricia und Romano Tschudi aus der «SRF»-Serie «Auf und davon» eine neue Existenz aufbauen. Jetzt sind sie zurück im Thurgau - und voller Zuversicht!

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Ein Haus auf Bali mieten, renovieren und Gäste bewirten. Ein Leben unter Palmen mit mehr Zeit füreinander. So erträumten sich Patricia, 56, und Romano Tschudi, 50, ihr neues Leben. Die Geschichte ihrer Auswanderung nach Bali sehen derzeit über 650'000 «Auf und davon»-Zuschauer auf SRF. Doch statt in Indonesien schauen die Tschudis sich die Folgen jetzt in Kesswil TG an.

Seit Kurzem wohnen sie wieder in ihrem Mietshaus am Bodensee. Draussen ist es frostig, überall stehen noch Kisten, die Fassade wird renoviert. «Wir sind in der Neuorientierung und Gewöhnungsphase», sagt Patricia Tschudi. Auf der Strasse wird das Ehepaar oft erkannt. Die Menschen wundern sich, sie hier zu sehen.

«Ich will heim»

Nach neun Monaten war der Inseltraum der Gästehaus-Betreiber ausgeträumt. Dabei lief es zuletzt: Die Zimmer waren gut gebucht. Das Paar pachtete nebenan Land, um darauf ein Ferienresort zu errichten, liess Baupläne anfertigen. Aber trotz wirtschaftlichem Erfolg stellte sich das Glück bei Patricia Tschudi nicht ein.

Ihre Tochter Natascha, 31, in Basel lebte nun über 11'000 statt 150 Kilometer entfernt. Alle drei Monate ein Besuch in der Schweiz, Skypeanrufe: Der einst gefasste Plan ging nicht auf. Schnell mal telefonieren? Mit sieben Stunden Zeitverschiebung fast unmöglich. Patricia wurde klar: Zwischen Vorstellung und Erleben liegt ein weiter Graben. Lange kämpfte sie mit ihrem Heimweh, die Kameras oft dabei. Dann siegt das Bauchgefühl über den Verstand. Sie gesteht ihrem Mann: «Ich will heim.»

Keine Vorwürfe

Romano Tschudi geht mit der Situation souverän um, macht seiner Frau keine Vorwürfe. «Ich habe schon eine Weile gespürt, dass es Patricia nicht gut geht. Wenn das Heimweh da ist, ist es da. Für mich brach keine Welt zusammen.» Ohne Murren beendet er das Abenteuer Bali, obwohl er gerne noch geblieben wäre. Auf der Insel hatten beide schnell neue Freunde gefunden, sie tauschten sich mit anderen Auswanderern aus, genossen die offene Art der Balinesen, das tropische Klima.

Doch die Tschudis lernten auch die Schattenseiten kennen: die Korruption, den Status als Fremde, falsche Freunde. Nach neun Monaten hatten sie trotz Antrag und Bezahlung keinen Internetanschluss. «Du bist der Ausländer, zahl ein bisschen mehr, dann geht es vielleicht», beschreibt Romano Tschudi die Haltung mancher. Heute ist er unsicher, ob nicht auch ihn nach zwei Jahren das Heimweh gepackt hätte. Knapp 15'000 Franken und ihre sicheren Jobs in der Schweiz hat sie das gescheiterte Unternehmen gekostet.

Erneute Auswanderung?

Trotzdem bereut Patricia Tschudi die Auswanderung nicht. «Sie hat meinen Horizont erweitert. Ich musste aus meinem Gartenhägli herauskommen.» Die Tschudis sind keine Sicherheitsmenschen. Über 30 Jahre im gleichen Beruf? Für sie undenkbar. «Es geht immer weiter», bilanziert Romano Tschudi. «Wenn alles im Leben immer rund laufen würde, lebe ich dann überhaupt?»

Das Paar findet, dass die Schweizer sich zu wenig trauen. Scheitern werde nicht toleriert. Ein Fragezeichen im Lebenslauf? Der Horror. Trotz dem Abbruch in Bali blicken sie optimistisch in die Zukunft. Romano verkauft jetzt balinesische Dekoartikel online und auf Märkten unter dem Namen Bali Arts, Patricia tritt im März eine Stelle in Kreuzlingen an. Entgegen allen Prophezeiungen von Aussenstehenden hat sie wieder einen Job gefunden.

Bleibt die Frage: Haben sie zu früh aufgegeben? Einzig hier ist sich das Paar uneins. «Ja», sagt Romano. «Nein», sagt sie. Eine erneute Auswanderung schliessen beide nicht aus. «Aber nicht mehr so weit und nicht in den nächsten Jahren», ist sich Patricia Tschudi sicher. Denn ihr Glück liegt nicht in der Fremde, sondern da, wo sie selbstbestimmt leben können.

Von Michèle Graf am 4. Februar 2017 - 05:35 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 14:25 Uhr