Bettina Oberli, Ihr Film «Le vent tourne» hat gerade in Locarno Premiere gefeiert. Wieso gerade an diesem Festival?
Locarno ist das wichtigste Festival in der Schweiz, ein A-Festival wie Cannes, Berlin und Venedig. Wenn die Direktion dich einlädt, dann gehst du hin!
Wie haben Sie die Premiere erlebt?
Es war schön und schrecklich! Nach drei Vierteln des Films kam der gefürchtete Locarneser Wolkenbruch und hat die Piazza Grande geflutet.
Es ist Ihr erster Spielfilm, den Sie ausschliesslich auf Französisch realisiert haben. Sie sagten einst, dass es Grössenwahn von Ihnen war.
(Lacht.) Das ist es. Dass ich einfach das Gefühl hatte, einen französischen Film machen zu können und zu denken: «Das kommt schon gut.»
Ihre Figuren Pauline und Alex versuchen, selbstversorgend im Einklang mit der Natur zu leben. Was in Ihrem Alltag müssten Sie aus ökologischer Sicht verändern?
Ich esse fast kein Fleisch, reise wenn möglich mit dem Zug, habe meine eigene Einkaufstasche. Dennoch trage ich dazu bei, dass die Umwelt vor die Hunde geht. Allein deshalb, dass ich in diesem Land mit all seinen Umständen lebe und auch ich eine geheizte Wohnung habe.
Was wird man in hundert Jahren über die aktuelle Epoche sagen?
«Hei, wie konntet ihr das zulassen?» All dieser Plastik, die Vermüllung der Meere, Ausbeutung der Menschen, die Arm-Reich-Schere. Aber ich glaube auch, dass der Mensch nicht wirklich in der Lage ist, in die Zukunft zu denken.
Sie dürfen Ihren Wohnort neu designen: Aus welchen Städten, Dörfern und Landschaften setzen Sie ihn zusammen?
Ich würde energietechnisch unabhängig von Rohstoff sein. Solar, Wind, Wasser. Dann gerne eine richtige Stadt, die mit Hochhäusern versucht, effizient und verdichtet zu bauen. Dazu gerne das Essensangebot aus Italien, das kulturelle Angebot von Paris und viel Wald.
Was für ein Gemüse wären Sie?
Ich bin sehr gerne ein Mensch und in erster Linie sehr gern eine Frau. Mir passt das so.
Als Sie Kind waren, was hat Ihre Mutter Ihnen da immer gesagt?
«Mach dich nie von einem Mann finanziell abhängig.» Das habe ich bis heute verfolgt. Ich habe eine tolle Mutter, die beste.
Wo am Körper tuts Ihnen weh?
Gerade am mittleren Zeh am rechten Fuss, weil ich vom Schuh eine Blase habe.
Können Sie sich vorstellen, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen?
Wahrscheinlich schon … Wenn ich irgendwann nur noch wie Gemüse irgendwo liege, vermutlich ja.
Über welche Tat oder Aussage von Ihnen wird man noch lange nach Ihrem Ableben reden?
Dass ich im Klassenlager 1991 beim Skirennen Erste geworden bin.
Erinnern Sie sich an Ihren ersten Schulschatz?
Markus J-o-h-n-e-r (buchstabiert) von Meiringen BE. Wir waren lange zusammen – sicher vom Chindsgi bis in die zweite Klasse.
Als Sie 16 Jahre alt waren, wie sah da Ihr Zimmer aus?
Es war ein Puff, vor allem unter dem Bett. Statt aufzuräumen, schob ich alles unters Bett. Dazu viele Poster von The Cure und von Prince. Ich fand ihn unglaublich schön.
Die bisher beste Idee Ihres Lebens?
Meine Kinder und die Entscheidung, sich immer wieder angstfrei ins kalte Wasser zu schmeissen und darauf zu vertrauen, dass man schon schwimmen kann.
Welchen Wunsch haben Sie endgültig begraben?
Ich hätte gerne viele Kinder gehabt.
Was würden Sie Ihren Kindern mit auf den Weg geben wollen?
Ich möchte nur, dass Léon und Aurel selbstbewusst, sensibel und empathisch sind.
Welcher Film, welches Buch und welche Musik haben Ihr Leben massiv beeinflusst?
Musikalisch schon «Prinzi-Boy»! Der Film «Melancholia» von Lars von Trier und «Pippi Langstrumpf». Das Buch schenkte mir meine Mama zum achten Geburtstag. Den Anfang weiss ich noch heute: «Am Rand der kleinen, kleinen Stadt lag ein alter verwahrloster Garten.»
Welche Pille gehört erfunden?
Eine, die die Umwelt wieder ins Lot bringt. Pille ins Meer schmeissen, und der Plastik löst sich auf!
Falls Ihr Leben verfilmt wird, welcher Schauspieler soll die Hauptrolle spielen?
O bitte, mein Leben als Film wäre zu langweilig und kein kommerzieller Erfolg.
Haben Sie ein Tattoo?
Ja, eine Mohnblume auf der Schulter. «Le coquelicot» ist mein liebstes französisches Wort.
Der beste Ratschlag, den Sie je bekommen haben?
Eine Freundin riet mir, immer mit Leuten zusammenzuarbeiten, die besser sind als ich.