Wenn sich die wuchtigen Glarner Alpen in der glitzernden Wasseroberfläche des Klöntalersees spiegeln, treffen zwei Welten aufeinander. «Die Kombination von Bergen und Seen haut mich immer wieder weg, schwärmt Bigna Silberschmidt. Vielleicht liegt es daran, dass die «Schweiz aktuell»-Moderatorin selbst in zwei Welten lebt: Ihre Freizeit verbringt die 32-Jährige mit Bündner Wurzeln gerne in den Bergen. Zu Hause ist sie aber mittlerweile am Zürichsee, genauer gesagt in einer Stadtwohnung mitten in der City.
Bigna Silberschmidt ist wandelbar – und so etwas wie die Frau für alle Fälle. Sie hat einen Master in Betriebswirtschaftslehre, mehrere Jahre Erfahrung im Print-, Radio- und Fernsehjournalismus und schlägt sich fast überall souverän: im TV-Studio, an Glamour-Events oder auf Aussenreportage im Sumpf. Das ist auch heute nicht anders: Routiniert steigt sie ins rote Kanu, um zur Fotolocation überzusetzen, marschiert barfuss durchs Schilf und zuckt kaum mit den Wimpern, als sich Brombeerstacheln in ihre Fusssohle bohren: Wer sich in der Natur bewegt, bekommt diese halt ab und an zu spüren.
Bigna Silberschmidt, Sie scheinen ein Naturkind zu sein.
Ja – zumindest war ich als Kind in der Naturschutzjugendgruppe (lacht).
Und was macht man da?
Zum Beispiel Frösche retten, die bei der Amphibienwanderung die Strasse überqueren. Oder im Wald Nistkästen von Vögeln putzen. Allgemein lernt man viel über Tiere und Pflanzen – natürlich alles sehr spielerisch. Mein Primarlehrer leitete damals diese monatlichen Aktivitäten am Samstagnachmittag, meine Schwester und ich übernahmen die Leitung später für mehrere Jahre.
Zu Schulzeiten galt man deswegen vermutlich als Nerd.
Na ja, Naturschutzjugendgruppe klingt schon nicht so sexy. Wir haben immer NSJG gesagt. Sprüche gabs ab und zu, aber das war mir egal. Ich machte das mit Leidenschaft, wollte Kinder für die Natur sensibilisieren. Mich selbst zog es schon immer raus ins Grüne. Das ist irgendwie in mir drin.
Bedingt durch Ihre Bündner Wurzeln?
Vielleicht. Wir waren von klein auf immer in den Bergen bei meinen Bündner Grosseltern, gingen mit der Familie oft wandern. Ich bin gern in der Stadt und am Puls des Geschehens, aber wann immer ich kann, lautet mein Motto «Use, ufe!». Unter der Woche zum Beispiel mit dem Bike auf den Uetliberg.
Ich bin gern in der Stadt und am Puls des Geschehens, aber wann immer ich kann, lautet mein Motto
‚Use, ufe!‘
Und dann downhill rasant wieder runter?
Ja, das ist toll – ich will mir demnächst ein neues, voll gefedertes Bike kaufen. Aber im Vordergrund steht für mich der Weg nach oben. Im Keuch-Tempo kann man die Aussicht so gut aufsaugen. Und ich hab die Philosophie, dass ich das, was ich runterfahre, auch rauffahre. Mit der Bahn hoch und dann downhill ins Tal ist nicht so meins.
Ihr Lieblingswandergebiet?
Der Alpstein. Ich bin ja in St. Gallen aufgewachsen, und das war unser Hausgebirge. Im Sommer zieht es mich oft auf den Rotsteinpass oder an den Fälensee. Eben: Berge und See – eine unschlagbare Kombination! Und die Felsformationen im Alpstein sind unglaublich spektakulär. Hier kann ich Kraft tanken und abschalten.
Sie machen auch Yoga. Aus sportlichen Gründen oder wegen der Philosophie dahinter?
Es geht mir primär um die Bewegung. Aber natürlich: Wenn man sich eine Stunde lang nur auf sich, sein Gleichgewicht und die Bewegungsabfolgen konzentriert, geht man den restlichen Tag ganz anders an, ist gemittet. Leider schaffe ich es oft nicht ins Yoga-Studio. Dann mache ich Youtube-Yoga zu Hause.
Auf Ihrem Instagram-Profil sieht man viele verschiedene Landschaftsbilder. Engadin, Piemont, Island. Reisen Sie oft?
Ich reise sehr gerne. Das erweitert den Horizont. Aber ich versuche, nicht mehr so häufig und so weit zu fliegen – aus Umweltschutzgründen. Kürzlich nahm ich den Zug nach Berlin. Einfach wird es einem nicht gemacht: Die Bahn war wegen Überbuchung komplett überfüllt, am Ende hab ich mehr gezahlt als für einen Flug und musste mehrere Stunden mit anderen Passagieren im Korridor stehen. Aber grundsätzlich finde ich es schön, mit dem Zug zu reisen und auch mal den Gedanken nachzuhängen.
Leben Sie allgemein umweltbewusst?
Ich versuche es zumindest. Vor sieben Jahren machte ich einen einwöchigen Vegan-Selbstversuch und schrieb darüber eine Geschichte für ein Magazin. Damals gab es erst wenig Informationen über Veganismus, geschweige denn so viele vegane Produkte in den Läden. Also hab ich mich mit Lauren Wildbolz getroffen – der Besitzerin des ersten veganen Restaurants der Schweiz. Sie gab mir Tipps. Neben dem Essen zog ich auch sonst alles konsequent durch: vegane Kleider und Schuhe, vegane Kosmetika, auch eine vegane Bettdecke ohne Federn. Das war enorm anstrengend! Veganerin wurde ich keine. Aber der Selbstversuch hat viel in mir ausgelöst. Ich entschied mich in mehreren Bereichen bewusster zu leben, anstatt in einem radikal etwas zu ändern.
Und was hatte das konkret für Konsequenzen?
Ich fliege wie gesagt nicht mehr so viel. Ich habe kein Auto, fahre Velo und benutze den ÖV. Bei den Kleidern bin ich jetzt nicht so der Flohmi-Typ. Ich achte auf die Labels und bin happy, wenn ich was Schönes finde, das fair produziert wurde. Aber da gibts noch Luft nach oben. Zu Hause koche ich kein Fleisch mehr. Und wenn ich auswärts mal welches esse, dann sehr bewusst und nur, wenn ich weiss, woher es kommt.
Was kochen Sie denn zu Hause?
Sehr viel Gemüse. Ich experimentiere gerne und bin dann so vertieft, dass man währenddessen eigentlich nicht mit mir sprechen kann (lacht).
Und wo kaufen Sie ein?
Ich würde gerne öfter auf den Markt – leider schaffe ich das arbeitsbedingt kaum. Also lande ich meist bei Migros und Coop. Dort kaufe ich vor allem Gemüse und Früchte. Die Preisetiketten von der Waage klebe ich direkt aufs Einkaufskörbli, um keine Plastiksäckli zu verschwenden – das hab ich mir so angewöhnt. Es nervt mich übrigens, dass Bio-Sachen in Plastik verpackt sind. Da müsste es doch bessere Lösungen geben!
Es nervt mich, dass Bio-Sachen in Plastik verpackt sind. Da müsste es doch bessere Lösungen geben!
Am praktischsten wäre wohl ein eigener Garten …
Den hab ich sogar. Auf der Dachterrasse. Da kann ich Tomaten, Zucchetti, Auberginen, Spinat, Erdbeeren und Kräuter ernten. Salat geht auch super. Nur die Kohlräbli funktionieren nicht, die werden schnell holzig.
Wie lange giessen Sie da? Das müssen ja ziemlich viele Quadratmeter sein…
Das ist alles in Kistchen und Töpfen angepflanzt – so haben sogar noch ein Apfel- und ein Quittenbaum Platz. Und eine Mini-Blumenwiese für Stadtbienen! Giessen tu ich jeden Morgen eine halbe Stunde – ein Ritual.
Engagieren Sie sich für ein Umwelt- oder Hilfsprojekt?
Aktuell nicht aktiv. Aber ich setze mich als Journalistin immer wieder dafür ein, dass gewisse Themen behandelt werden und Aufmerksamkeit bekommen. Umweltthemen haben mich schon immer sehr interessiert. Bei der Schokoladen-Woche von «Schweiz aktuell» legte ich zum Beispiel Wert darauf, den Punkt Nachhaltigkeit bei der Herstellung ausführlich zu behandeln.
Haben Sie Vorbilder?
Mein Grossvater, der kürzlich 94-jährig verstorben ist. In Bergler-Art nahm er stets alles extrem gelassen, war immer positiv und hat gut zu sich, seiner Gesundheit und seiner Familie geschaut. Er war naturverbunden und sportlich bis ins hohe Alter. Mein Verhältnis zu meinen Grosseltern war schon immer sehr gut, und ich bin dankbar, dass ich ihn bis zum Schluss so eng begleiten durfte. So, und jetzt Themenwechsel! Sonst fang ich noch an zu heulen.
Okay. Letzte Frage! Wenn Sie einen Tag lang Herrscherin der Welt wären – was würden Sie als Erstes ändern?
Ui. Das sind die grossen Fragen – die werden doch sonst nur bei Miss-Wahlen gestellt (lacht). Natürlich will ich Frieden und – schnipp! – keinen Hunger mehr auf der Welt. Aber das sind wohl utopische Wünsche. Hm, mal überlegen … Eine Prise mehr Frau in Schlüsselpositionen fände ich gut. Wir entscheiden anders, sind empathischer und manchmal vielleicht überlegter. Und, ganz wichtig: Wir sollten mehr lachen. Das klingt jetzt banal. Aber das würde die Welt sehr viel besser machen – da bin ich mir sicher.
Eine Geschichte aus «Gruen»