Die italienische Schweiz passt zum Temperament von Ulrich Giezendanner. «Obwohl – ein wenig ruhiger bin ich schon geworden», sagt der Aargauer SVP Nationalrat, 64, und gönnt sich unter der Pergola seines Hauses in Vira TI einen Schluck Montepulciano. «Wirklich? Davon habe ich nichts gemerkt», sagt seine Frau Roberta, 54, und zwinkert ihm zu. Die beiden wirken in ihrem Ferienhaus mit Blick auf den Lago Maggiore wie ein frisch verliebtes Paar. «Wir sind ja auch erst ein Jahr verheiratet!»
Auf der gegenüberliegenden Seeseite, in Minusio, haben sich der Transportunternehmer aus Rothrist AG und die Produktmanagerin beim Berner Warenhaus Loeb das Jawort gegeben. «In einer katholischen Kirche, getraut von einem protestantischen Pfarrer», betont Giezendanner. Der Glaube verbindet die beiden genauso wie der Humor und die Leidenschaft für gutes Essen.
Giezendanner und das Tessin – auch das ist eine Liebesbeziehung. Sein erstes Haus hat er in den 80er-Jahren nur wenige hundert Meter von seiner heutigen Villa gekauft. Doch als der Autofan und Oldtimer-Sammler eine Garage bauen wollte, hiess es: «Non è possibile!» Und so zügelte Giezendanner kurzerhand die Strasse hoch, baute ein klassisches Tessiner Steinhäuschen zur 130-Quadratmeter-Villa mit grosser Garage aus. Heute steht hier ausnahmsweise nur Robertas Fiat Cinquecento. «Da setze ich mich gerne neben sie. Überhaupt: Hier ist Röbeli der Chef!»
Im Sommer verbringen die beiden fast jedes Wochenende in der Sonnenstube. «Aber auch im Winter ists schaurig schön, hier vor dem Kamin zu liegen», sagt Giezendanner. Nur im Januar, wenn das Gambarogno-Ufer und die Hügel kein einziger Sonnenstrahl trifft, gehen die beiden lieber in die Wärme nach Thailand oder Mexiko.
Mehr Zeit für Ferien – etwa mit seinem neu gekauften Sechs-Meter-Wohnmobil – hat der SVP-Nationalrat ab Herbst 2019. Dann tritt er nach 18 Jahren aus dem Berner Politbetrieb zurück. «Es wird mir wehtun, aber es ist an der Zeit, dass die Jungen das Ruder übernehmen.» Damit meint er auch seinen Sohn Benjamin, 39, der ihn im Nationalrat beerben will.
Wie sehr er den Parlamentsbetrieb vermissen wird, kann man beim Mittagessen – Roberta kocht Spaghetti bolognese – erahnen. Giezendanner erzählt eine Anekdote nach der anderen.
«Peter Spuhler hat mir einmal das Handy am Pult festgeklebt! Dafür hab ich ihm immer wieder die Aktentasche ans Stuhlbein gebunden. Und einmal haben wir Nationalrat Guhl vierzig Weihnachtspäckli nach Hause geschickt.» – «Ihr seid mir Kindsköpfe», sagt Roberta und lacht. Doch nicht nur gute Freunde («auch viele Linke!») hat Giezi, wie ihn viele nennen, in Bern gewonnen.
«Das war vor elf Jahren. Roberta nahm an einer Führung durchs Bundeshaus teil. Ich sah sie und wusste: die oder keine!» Ein Jahr lang hat der Aargauer, der seine erste Frau an Krebs verloren hat, um die Gunst von Roberta mit italienischen Wurzeln gebuhlt. «Und jetzt ist sie mein Fritz», sagt er und gibt ihr einen Schmatz. Sie nennt ihn dafür «Susi» – weil er manchmal einfach eine Susi sei. Etwa beim Sport. «Sie ist schon fitter als ich. Die springt mir beim Wandern davon!»
Dafür geht Giezendanner jeden Morgen nach dem gemeinsamen Morgenritual – Zeitunglesen auf dem iPad – einen Kilometer im hauseigenen Pool schwimmen. Da badet er auch gerne mit seinen Enkeli – er hat deren vier.
Zusammen mit der Familie gehts dann auch mal aufs Boot auf dem See oder auf einen Abstecher nach Italien zum Essen. «Was ich aber nie tun würde, ist einkaufen in Italien!», sagt Giezendanner, und seine Stimme hebt sich. «Ich verdiene mein Geld hier in der Schweiz, also gebe ich es auch hier aus. Basta!» Den Grappa gewinnt er sowieso gleich selber, von den hauseigenen Americano-Trauben, die von der Pergola herunterhängen.
Während sich Roberta ein Umzug ins Tessin vorstellen kann, schüttelt ihr Mann energisch den Kopf. «Nein, Rothrist leben und sterben. Das habe ich immer gesagt. Das Tessin bleibt aber mein kleines Paradiso.»
Die Sommerresidenzen der Stars: Hier gehts zum Teil 1 mit Birgit Steinegger, zum Teil 2 mit Toni Vescoli und zum Teil 3 mit Anna Känzig.