Zeltlager im Teenager-Alter, Wanderungen mit der Familie, kurvenreiche Fahrten im Postauto. Mit dem Weissenstein verbindet Sandra Boner, 37, unzählige Erinnerungen. «Vor allem das Horn des ‹Poschi› jagt mir richtig Hühnerhaut ein, wenn ich es höre. Dieser Ton gehört für mich genauso zu den Familienausflügen in meiner Kindheit wie ein Fläschli Rivella, das es jeweils im Restaurant gab.»
Auch heute noch reist Sandra Boner per Postauto auf den Solothurner Hausberg. Sehr zur Freude ihrer beiden Buben. Zwar hat der Anblick seines Kinderarztes ein paar Sitzreihen vor ihm bei Nelson für einige Verwirrung gesorgt: «Dä ghört doch is Spital, nid is Poschtauto!» Beim Aussteigen ist der Arzt aber längst vergessen. «Tütato», ruft der Knirps, der am 4. August drei Jahre alt wird. «Tato» kommts als Echo aus dem Mund seines kleinen Bruders Miles, 1. Sandra Boner grinst und nimmt ihren Älteren an der Hand. Miles greift nach der Hand seines Grossmami, Sandras Mutter Louise Boner. Zu viert marschieren sie los, in Richtung Aussichtsterrasse des Restaurants Kurhaus. Von hier aus bietet sich bei klarem Wetter eine grandiose Aussicht: vom Titlis über Eiger, Mönch und Jungfrau bis zum Mont Vully. Auf dem Dach des «Kurhauses» leuchten drei Lampen – böse Zungen würden behaupten, das seien die drei hellsten Solothurner, meint Sandra Boner lachend. «Für mich bedeuten sie vor allem Heimat. Wenn ich sie nachts blinken sehe, weiss ich, dass ich zu Hause bin.»
Als Kind ist die «Meteo»-Moderatorin mit ihrer Familie von dem knapp 1300 Meter hohen Berg oft nach Balmberg runter gewandert. Dafür sind ihre Söhne noch zu klein, deshalb gibts heute nur einen kurzen Spaziergang zur nächstgelegenen Feuerstelle. Mühelos entzündet die TV-Frau mit dem gesammelten Holz und Zeitungspapier ein Feuer. «Ich war früher in der Pfadi», erklärt sie. Nelson hält seinen Stecken mit dem aufgespiessten Cervelat über die Flamme. Miles knabbert seinen lieber roh. Zu Hause sei sie für den Grill zuständig, erzählt Sandra Boner. «Und fürs Fondue.» Ihr Partner Matthieu Haudenschild, 37, mit dem sie seit vierzehn Jahren «glücklich unverheiratet» ist, kümmert sich um grosse Menüs, wenn Besuch da ist. «Im Alltag koche ich», so Sandra, die mit einem 60-Prozent-Pensum bei «Meteo» arbeitet. «Ein idealer Job als Mutter. Ich fange erst nachmittags an, und abends bringt der Papi die Kinder ins Bett, wenn ich nicht da bin.» Dazwischen hüten die Grosseltern die Buben. Und das sehr gern.
«Wie wird das Wetter am Wochenende?», fragt die Bedienung auf der Terrasse des Restaurants Sennhaus, wo sich die kleine Wandertruppe zum Dessert ein Glace gönnt. «Das werde ich dauernd gefragt», sagt Sandra lachend. «Es stört mich nicht, und ich gebe gern Auskunft, wenn ich kann.» Wenn sie ein paar Tage freihabe, sagt sie, sie sei nicht im Dienst und wisse es nicht. «Da bin ich korrekt.» Nach zehn Jahren als «Meteo»-Moderatorin weiss Sandra Boner ziemlich gut Bescheid über ihr Fachgebiet. Auch wenn sie die Letzte ihrer Art beim Schweizer Fernsehen ist: In ferner Zukunft sollen nämlich auf dem SF-Dach nur noch Meteorologen moderieren. «An mir halten sie zum Glück noch fest», so die ausgebildete Ergotherapeutin. «Ich finde, es hat auch Vorteile, dass ich keine studierte Meteorologin bin. Ich denke oft gleich wie mein Publikum.»
Nelson und Miles haben ihr Mami noch nie live am TV gesehen. «Dann ist ihre Bettzeit», erklärt Sandra. Aber mit dem Grösseren schaut sie sich selbst ab und zu auf dem Computer an. «So kann ich ihm erklären, was ich tue, wenn ich weg bin, um zu arbeiten.» Umso mehr geniesst die Moderatorin die Zeit mit ihrer Familie. «Es ist unglaublich toll mit den beiden», schwärmt das stolze Mami mit einem Blick auf ihre Söhne, die einträchtig nebeneinander auf dem Spielplatz des Restaurants hocken. Sie weiss: «Glück ist nicht selbstverständlich!» Während der Schwangerschaften musste Sandra beide Male gut vier Monate liegend verbringen, da sie wegen einer Gebärmutterhalsschwäche vorzeitige Wehen hatte. Ihr erstes Baby verlor sie im sechsten Schwangerschaftsmonat. «Natürlich frage ich mich manchmal, wie mein erstes Kind heute wäre», sagt sie. «Wenn einem so etwas passiert ist, vergisst man das nie. Das will ich aber gar nicht, es gehört zu mir, zu meinem Leben. Matthieu und ich haben sehr viel gelernt in dieser Zeit. Wir sind heute umso dankbarer für unsere zwei gesunden Buben.»
Nelson gleicht sehr seinem Papi, während Blondschopf Miles ganz die Mama ist. «Er ist ein Abziehbild von Sandra in dem Alter», sagt Louise Boner. Ob sich Sandra ein drittes Kind vorstellen kann? Sie putzt gerade Nelson das Schoggiglace vom Mund, während sich Miles nach einem kleinen Unfall auf dem Spielplatz an ihr Bein klammert. «Ich habe zwei Hände, die reichen für zwei Kinder», meint die «Meteo»-Frau pragmatisch. Hastig nimmt sie ihren Jüngsten auf den Arm und steckt die Feuchttücher zurück in den Rucksack. Das Postauto ist da. Rasch nimmt Sandra Boner den letzten Schluck aus dem Rivella-Fläschli und folgt ihrem älteren Sohn, der bereits begeistert auf das gelbe Gefährt zustürmt: «Tütato, Postauto …»