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Sexuelle Belästigung

Fünf Schweizer Stars packen aus

Der Skandal um Filmproduzent Harvey Weinstein hat im Internet eine Solidaritätswelle ausgelöst. Unter dem Hashtag «metoo» meldeten sich auf Facebook, Twitter und Co. hunderte Frauen, die ebenfalls sexuell belästigt wurden. Die «Schweizer Illustrierte» hat mit fünf prominenten Frauen gesprochen, die nicht länger schweigen wollen.

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Teaser Schweizer Frauen Sexuelle Belästigung

Diese berühmten Schweizerinnen wissen wie es ist, wenn Männer Macht ausnützen.

Nik Hunger 2x, Joseph Khakshouri, Stephan Sahm, Andreas Rentz / Getty Images

Heidi Maria Glössner, 74: «Er wollte mich ins Bett kriegen»

Heidi Maria Glössner Hashtag Metoo

Die Schauspielerin erlebte in ihrem zweiten Theaterjahr in Deutschland, wie ein Schauspielleiter Grenzen überschritt.

Nik Hunger

«In meiner frühen Zeit als Schauspielerin, Ende der 60er, redete man hinter vorgehaltener Hand überall von der Besetzungscouch, vom sich hochschlafen. Aber vielleicht waren das mit wenigen Ausnahmen nur Gerüchte. Mir selber passierte das nie, ich hatte Glück.

Doch in meinem zweiten Theaterjahr in Deutschland wollte mein Schauspielleiter mich zwingen, in einem Stück nackt zu spielen. Das war nicht vorgesehen, und ich spielte nie nackt. Ich hatte seine Avancen, mich ins Bett zu kriegen, abgelehnt. Er meinte: ‹Ich krieg dich schon noch dahin!› Bei der Premiere sollte ein Geräusch eine genau choreografierte Liebesszene unterbrechen. Doch es blieb stumm, und mein Bühnenpartner fing an, Dinge mit mir zu tun, die nie so geprobt wurden.

Das Publikum war ahnungslos. Ich wurde wütend und stiess ihn von mir. Er schleuderte mich so sauer auf einen Stuhl, dass ich damit durch die Kulisse flog. Danach simulierte ich eine Hirnerschütterung und weigerte mich, das Stück zu spielen. Wie ich nachher erfuhr, hatte der Schauspielleiter das Geräusch verhindert, weil er mich voyeuristisch zu sexuellen Handlungen mit meinem Spielpartner zwingen wollte. Die zwei hatten sich diese Rache ausgedacht. Unglaublich!

Damals kam niemand auf die Idee, Täter anzuzeigen. Man hätte auch nirgends mehr ein Engagement bekommen. Diese Angst gibt es wohl bis heute, auch in anderen Berufen. Gut, dass endlich offen darüber gesprochen wird!»

Christina Surer, 43: «Meiner Tochter soll das nicht passieren»

Christina Surer Porträt Hashtag Metoo

Für das Model sind Schmierfinger wie Harvey Weinstein keine Seltenheit.

Stephan Sahm

«Schmierfinger wie Weinstein gibt es überall. Als Model in Mailand habe ich erlebt, wie meine Kollegin von einem Booker eingeladen wurde, zu ihm ins Auto stieg und das Auto langsam zu wackeln begann. Sie hat danach das Titelbild gekriegt, ich nichts. Das war frustrierend, aber für mich der richtige Weg.

Einmal wurden mir K.-o.-Tropfen verabreicht, was zum Glück eine Freundin bemerkte. Und in einem Fünfsternehotel in Delhi ist ein Masseur zu weit gegangen – danach fühlte ich mich richtig beschmutzt. Es ist wichtig, dass eine Frau sich traut, sich zu wehren! Ein Rennfahrer hat mich einmal in der Garderobe gegen die Wand gedrückt. Ich meldete es der Rennleitung und verlangte einen Türsteher.

Gegen Flirts habe ich nichts, die nehme ich als Kompliment. Übergriffe beginnen da, wo ein Nein nicht akzeptiert wird. Meine vierjährige Tochter Emily wird von mir lernen, Nein zu sagen. Und mein zweijähriger Lio soll einmal dazu beitragen, dass sich Mädchen und Frauen sicherer fühlen.»

Nina Burri, 40: «Nichts wird sich ändern»

Nina Burri Porträt Hashtag Metoo

Die Kontorsionistin bekam in der Vergangenheit falsche Modelangebote.

Joseph Khakshouri

«Eigentlich hatte mich eine bekannte Model-Agentur geschickt. Aber das ‹Fotostudio› entpuppte sich als Privatwohnung. Die Tür hinter mir war längst zu, als der Fotograf mich bat, meinen Oberkörper zu entblössen – dabei war im Vorfeld nie von Akt-Aufnahmen die Rede gewesen. Ich war 28, irgendwo in Paris, allein und verängstigt. Seiner Bitte nachzukommen, schien mir der sicherste Weg, heil aus dieser Situation herauszukommen. Gute Miene zum bösen Spiel. Aber seither nehme ich zu Fotoshootings immer eine Begleitung mit.

Auch wenn ich im Rampenlicht meinen Körper gerne zeige, privat bin ich zurückhaltend. Oft begreifen Männer den Unterschied nicht. Unangebrachte Avancen tue ich mit Humor und diplomatischem Geschick ab, um niemanden zu brüskieren.

Das Showbusiness ist klein und vernetzt, eine Karriere ganz schnell auf Eis gelegt! Deswegen glaube ich auch nicht, dass sich nun etwas ändern wird. Zu viele junge Frauen wollen um jeden Preis berühmt werden. Den Grüseln geht die Beute nie aus.»

Nadine Vinzens, 34: «Ich bring dich gross raus»

Nadine Vinzens

Die Schauspielerin erlebte in Hollywood Produzenten, die sie mit nach Hause nehmen wollten.

Andreas Rentz / Getty Images

«Ich lebe nun seit acht Jahren in Los Angeles und arbeite als Schauspielerin und DJane. Es ist ein hartes Pflaster und ein Kampf um jede Filmrolle. Daher sind gute Kontakte in der Branche sehr wichtig. Es gibt absolut seriöse Filmemacher, aber ich habe auch schlechte Erfahrungen gemacht. Einmal traf ich mich zu einem Nachtessen mit einem Produzenten. Er wollte, dass ich danach mit ihm nach Hause gehe. Er versprach mir, dass er mich dann gross rausbringt, ansonsten könne ich es vergessen.

Ein anderes Mal wurde ich von einem einflussreichen Produzenten eingeladen, ihn an eine Filmpremiere zu begleiten. Wir wollten uns direkt vor Ort treffen, doch dann schrieb er mir ein SMS, dass ich doch vorher noch bei ihm zu Hause vorbeischauen soll und wir dann gemeinsam an die Premiere fahren. Mir war das irgendwie suspekt. Also rief ich ihn an und sagte, dass mein Freund mich zu ihm begleiten wolle. Daraufhin wurde er richtig ausfällig und attackierte mich am Telefon. Da war der Fall klar!»

Von Schweizer Illustrierte am 20. Oktober 2017 - 06:00 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 13:07 Uhr