Wenn Duri knapp bei Kasse ist, kann er sich auf der Bank einen Tausender abholen. Sein Leben lang. Und das kam so: Als Hausi Leutenegger, damals 20, drauf und dran war, seine Lehrabschlussprüfung als Bauschlosser zu versieben, hatte sein Freund Duri ihm aus der Patsche geholfen. Er fuhr mit dem Töffli von Frauenfeld nach Appenzell und besorgte ihm über Nacht einen neuen Rohling für die Abschlussarbeit, denn seinen hatte Hausi versehentlich im Ofen verbrannt. «Ohne Duri wäre aus mir nie ein Unternehmer geworden», sagt der Selfmade-Millionär. Das hat er nicht vergessen. Obwohl es mittlerweile 46 Jahre her ist, dass sein Kontostand zum ersten Mal sechs Nullen anzeigte.
Hausi, heute 76, ist keiner, der vergisst. Weder wer ihm auf seinem Weg zur lebenden Legende zur Seite stand. Noch wo er herkommt. Aus der Armut nämlich. «Einmal ging ich ohne Schuhe auf eine Schulreise. Ich habe mich so geschämt und mir geschworen: Meinen Kindern passiert das nicht. Ich werde reich!» Hausi ist mit sieben Geschwistern aufgewachsen, da gabs keinen Luxus. «Bei uns reichte es nur an Weihnachten für einen Hackbraten mit einfachen Beilagen, Apfelmus und Kartoffelstock.»
Auch heute feiert Hausi an Weihnachten genügsam. Das Menü, das er an Heiligabend mit seiner Familie einnimmt, erinnert ihn an die Bescheidenheit der eigenen Kindheit. Trotz Ruhm und Reichtum mag es der Olympiasieger (1972 im Viererbob), Schauspieler (38 Filme, darunter 7 «Tatorte») und Geschäftsmann (Multimillionär im Dienstleistungssektor) über die Festtage eher schlicht. Es gibt Kalbsbraten, Safranrisotto und Karotten. Gerne würde er für ein paar Enkelkinder noch Schöggeli und Guetsli auftischen. «Aber neben Deltasegeln - das habe ich mich nie getraut - ist Grossvaterwerden wohl das Einzige, was mir im Leben nicht vergönnt ist», sagt Hausi. Seine Tochter Corinne, 48, habe sich schon in jungen Jahren gegen Kinder entschieden, bei Sohn Jean-Claude, 45, stelle er noch keine langfristige Bindungswilligkeit fest. Da erkenne er sich selbst wieder. Er war dem Umstand, dass die Frauen ihn anhimmelten, auch nicht abgeneigt. «Ganz ehrlich: Sechs von zehn Männern gehen fremd!» Bei ihm sei das lange vorbei. Seiner zweiten Ehefrau Anita, die er 2011 heiratete, sei er treu, beteuert er. Für seine Familie stellt sich Hausi sogar selber in die Küche! Auch wenn er nicht von A bis Z alles von Hand herstellt. Er weiss, wo man das Beste kriegt!
Stammkunde bei Beatrice Eglis Eltern
Die Bratensauce etwa, die er in einer Pfanne aufwärmt, während das Kalb im Ofen niedergart, hat er bei Metzger Egli in Pfäffikon SZ geholt. Die Eltern von Schlagerstar Beatrice Egli könnten das einfach besser als er selber, sagt Hausi. «Geiler als die Sauce gahts nümm!» Seit Jahren schwört er darauf. Und übrigens auch auf das Talent von deren Tochter. «Ich habe Beatrice schon 2010 und 2011 an meinem Golf-Turnier auftreten lassen, da kannte sie noch niemand. Sie war die Einzige, die zweimal bei mir singen durfte!» Er habe der Wunderstimme dann geraten, zu RTL zu gehen, wo sie drei Jahre später die Casting-Sendung «Deutschland sucht den Superstar» gewann.
Auch das Vanilleeis und die Meringue für die Nachspeise serviert Hausi aus der Packung. Zum Selbermachen bleibt keine Zeit, das merkt, wer Stunden mit ihm in der Küche verbringt. Alle zehn Minuten schellt das Telefon. Er beantwortet jeden Anruf freundlich. Spricht aber schnell und in kurzen Sätzen. Zeit ist Mangelware. Mit 76 sowieso, das werde ihm jeden Tag bewusster. Gerade gestern habe er wieder einen guten Freund im Spital besucht, um sich von ihm zu verabschieden. «Wir sehen uns oben wieder», habe er gesagt. Ja, er glaube ganz fest an ein Leben nach dem Tod. «Dennoch stimmen mich die Abschiede tieftraurig. Es ist schlimm, wenn alle um einen herum wegsterben. Aber ich darf mir nichts anmerken lassen. Die Leute erwarten von mir, dass ich lustig bin. Dass ich sie unterhalte.» Das tut er denn auch am Telefon. Es gebe zwei Sorten Anrufer, sagt Hausi. Entweder Leute, die Geld von ihm wollen. Oder aber Menschen, die hoffen, den Lotto-Jackpot zu knacken und vorsorglich schon mal um Ratschläge fragen. «Denen gebe ich stets zwei Tipps: Legt das Geld in einen Tresor. Und sagt keiner Menschenseele etwas davon!» Ach, und dann gibt es natürlich noch die Damen, die ihn heiraten wollen. 800 Anträge hat er allein nach einer Doku über Superreiche im deutschen Fernsehen erhalten.
Mit 24-Stunden-Whisky-Abstinenz gegen die Kilos
Vor dem Anrichten gönnt sich der Meister-Saucenaufwärmer noch einen Schluck Rosé. Es ist kurz vor Mittag, die 1.5-Liter-Flasche ist halb leer. Natürlich nicht von heute. Hausi schaut streng auf seine Linie. 94 Kilogramm Körpergewicht auf 182 Zentimeter Grösse. Er hat sich gut gehalten, treibt viel Sport. Der Morgen beginnt jeden Tag mit Turnübungen, und er liebt Golf - sein Handicap liegt bei 9.8. Alle seine Villen (am Genfersee, auf den Kanaren und in Wil SG) haben einen Pool zum Streckenschwimmen. Und mit dem Velo macht er rund 4000 Kilometer im Jahr. «Quäle deinen Körper, sonst quält er dich» ist sein Motto. Über sein Gewicht führt er Buch. Sinds mal doch 200 Gramm mehr geworden über Nacht, wird Hausi sie mit einer 24-stündigen Whisky-Abstinenz wieder los. Auch die Portionen, die der Lebemann nun aus Kalb, Risotto und Gemüse anrichtet, sind von übersichtlicher Grösse.
Er lässt es sich gern gut gehen, aber nicht zu gut. Denn eines wird Hans in seinem Glück niemals vergessen: Was er in 76 Jahren alles erleben durfte, ist nicht selbstverständlich. «Andere müssten 200 Jahre alt werden, um all meine Abenteuer nachzuleben.» Daran denkt er. Und ist dankbar in der besinnlichen Weihnachtszeit.
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