Die kleine Gemeinde Erlinsbach liegt im Kanton Solothurn und direkt am Rande des Juraparks Aargau. Vor dem Ortseingang in einer winzigen Nebenstrasse liegt das kleine alte Haus von Leon Weber und seiner Mutter Isabelle.
Leon Weber schaffte, wovon viele junge Sängerinnen und Sänger träumen. Er begeisterte bei «Deutschland sucht den Superstar» den grossen Pop-Titan Dieter Bohlen. «Das hast du mega gesungen! Du klingst ja wie ein Bär», kommentierte Bohlen. Damit ist der Solothurner im Recall!
Leon kam als Celine zur Welt
Im Zuhause des 25-Jährigen ist alles etwas aussergewöhnlich: Kleine gemütliche Räume, alte knarrende Böden und eine quietschgelbe Küche aus den 50er Jahren. Mama Isabelle heizt den alten Kachelofen ein und sagt über ihre Familie: «Wir sind halt etwas verrückt und anders.»
Wie anders Leon ist, fällt weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick auf. Vor einem sitzt ein sympathischer junger Mann mit einem strahlenden Lächeln. Doch Leon ist anders. Denn er kam als Celine zur Welt. Als Mädchen.
Transsexualität war die Antwort auf Leons Fragen
Mit 19, nachdem er eine Dokumentation über Transsexualität gesehen hatte, war ihm klar: Das bin ich. Endlich gab es eine Lösung, eine Antwort auf Leons Fragen. Er sprach mit seiner Mutter und zusammen setzten sie alles in Bewegung, damit aus Celine Leon werden konnte.
«Ich musste eine psychologische Beurteilung hinter mich bringen. Über zwei Stunden wurde ich zu jedem noch so intimen Detail meines Lebens ausgefragt», erzählt er gelassen. Danach war klar, Celine braucht die Umwandlung zu Leon. Um glücklich zu sein. Um anzukommen.
«Frauen sind mir ein Rätsel geworden»
Die Hormontherapien wirken schnell. Nur vier Wochen später kommt Leon in den Stimmbruch. Mit 19 Jahren. Sein Körper verändert sich, aber auch sein Wesen. «Früher habe ich viel schneller geweint und konnte Frauen besser verstehen. Ich habe das Gefühl, dass sie für mich immer rätselhafter werden.» Er lacht laut.
Einige Jahre später folgt die erste Operation. Die Abnahme der Brüste. «Das war toll für mich. Ich konnte im Sommer endlich T-Shirts tragen und mich frei fühlen.» Der wichtigste Schritt war aber die Entfernung seiner Eierstöcke und der Gebärmutter.
«Ich habe mich von meiner Tochter verabschiedet»
«Als das durch war, konnte ich auch endlich meinen Namen ändern lassen. Die Behörden verbieten das solange man noch in der Lage ist, schwanger zu werden. Das alles war für mich sehr belastend», erzählt Leon.
«Als er endlich seine richtige ID mit seinem Namen abholen konnte, habe ich ihn an mich gedrückt und ihm zu seinem zweiten Geburtstag gratuliert», erinnert sich Isabelle. Und dennoch: «Es war schon krass. Ich habe mich von meiner Tochter Celine verabschiedet und meinen Sohn Leon willkommen geheissen.»
Musik als Therapie
Die Musik habe Leon durch die schwere Zeit der Verwandlung geholfen. «Wenn ich heute alte Aufnahmen von mir höre, ist das schon sehr fremd. Ich klinge so hoch und quietschig.» Es sei ihm wichtig, dass seine Stimme tief klinge beim Singen.
Bei DSDS ging Leon offen mit seiner Transsexualität um und outete sich noch vor seinem Auftritt vor den Juroren. «Dieter hat toll reagiert. Und ich wollte das einfach aus der Welt haben und mich dann auf die Musik konzentrieren», sagt er.
Wenn es für ihn bei der Castingshow nicht weitergeht, will Leon trotzdem weiter versuchen, musikalisch Fuss zu fassen. «Musik ist für mich wie eine Therapie und ich singe jeden Tag.»
Neue Liebe bei DSDS kennengelernt
Die Reaktionen, die er im Anschluss an seinen Auftritt erhalten hat, hauten ihn fast um. «Mein Handy stand kaum noch still. Ich habe so viel Unterstützung und positives Feedback bekommen, das war wunderschön.» Doch nicht nur das nimmt er aus dem Casting mit, verrät Leon SI online. «Ich habe dort meine Freundin kennengelernt. Ich bin veliebt.» Um wen es sich handelt, will er nicht verraten: Es ist noch ganz frisch, aber wir sind sehr glücklich.
«Sie hat erst gar nicht gewusst, dass ich transsexuell bin. Sie fand mich einfach einen tollen Typen. Als ich es ihr gesagt habe, reagierte sie total entspannt.» Seine Liebste habe keine Erfahrungen mit Männern wie ihm, sagt Leon. «Na klar ist das auch sexuell für sie etwas Neues, aber es gibt da ja viele Wege», lacht er.
Neun Stunden Operation
Denn der nächste grosse Schritt zum Leben als Mann steht Leon noch bevor: Die geschlechtsangleichende Operation. «Das sind mehrere Eingriffe. Allein der erste dauert neun Stunden. Aber ich will damit dieses Jahr beginnen.»
Noch mindestens zwei Jahre wird es dauern, bis Leon sein Ziel erreicht hat. Aber das ist es ihm wert: «Was sind schon zwei Jahre im Vergleich zu einem glücklichen Leben.»
Informationen zu Transsexualität
Wenn Sie Fragen zum Thema Transsexualität haben oder sich informieren möchten, wenden Sie sich an das Transgender Network Switzerland.