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Star-Regisseur zu Besuch in der alten Heimat

Marc Forster: «Wir Schweizer sind ganz anders»

Der Schweizer Star-Regisseur Marc Forster kam gestern auf Einladung von Ringier nach Zürich, um seinen neuen Film «All I See Is You» vorzustellen. Er erzählte, weshalb er Ewan McGregor zu einem besseren Schauspieler macht, wieso er mit weniger Geld glücklicher ist und wie er sich in den USA durchsetzen konnte.

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Marc Forster Ringier Evening with
David Biedert
Marc Forster Ringier Evening with

Moderatorin Sandra Studer führte durch den Abend mit Marc Forster.

David Biedert

Der ursprünglich aus Davos stammende Regisseur Marc Forster hats in Hollywood bis ganz nach oben geschafft: Jeder kennt seine Filme: «James Bond: Ein Quantum Trost», «Finding Neverland», oder «Monster's Ball» - bei allen hat Marc Forster Regie geführt. Nicht nur deswegen zählen Schauspieler wie Daniel Craig, Halle Berry, Kate Winslet und Johnny Depp zu seinen Freunden. Ausserdem ist Dustin Hoffman - Forsters eigenen Angaben nach - wie ein Vater für ihn.

Zurzeit weilt Forster wegen des Zurich Film Festivals in seiner alten Heimat. Und am Montagabend war er auf Einladung von Ringier Gast beim Anlass «An Evening with...». Dort erzählte Forster, dass auch Ewan McGregor ein enger Freund sei. Er kenne den Schauspieler, der auch in seinem neusten Film «All I See Is You» mitspielt, schon lange. Sie hätten einfach ein super Verhältnis, seien gute Freunde, die sich gegenseitig inspirieren. «Er macht mich zum besseren Regisseur und ich ihn - hoffentlich - zum besseren Schauspieler», sagte der Schweizer Regisseur über den Schotten McGregor.

Die Schweiz ist nach wie vor wichtig für Forster

Moderatorin des Abends war Sandra Studer. Sie fragte Forster, wo er sich denn nun mehr zu Hause fühle: In der Schweiz oder in Los Angeles? Denn seit dem Ende der Schulzeit lebt Forster in den USA: Zunächst in New York und nun seit langem in der Hollywood-Stadt. Der Star-Regisseur fand, er habe die Schweiz nach wie vor fest im Herzen - seine Mutter und seine achtjährige Tochter lebten ja hier. Er komme deswegen auch recht oft nach Hause. Dennoch sei L.A. mittlerweile ein zweites Zuhause für ihn geworden. Und auch London habe er lieben gelernt, hat er doch schon viele Filme dort gedreht.

Der Bündner hat aber nicht nur positive Erinnerungen an die Vereinigten Staaten. Während seines Studiums in New York habe er sich durchkämpfen müssen. Und auch danach, als er zwar künstlerisch top ausgebildet war, aber nichts von Selbstvermarktung wusste.

Amis seien anders als Schweizer

«Als Filmemacher muss man sich selbst als Produkt verkaufen. Man muss andere davon überzeugen, einem Geld zu geben. Das lernt man nicht in der Filmschule», so Forster. Amerikaner seien da von Natur aus besser drin: «Die bezeichnen sich schnell als «genial, der Beste, ein Genie». Wir Schweizer sind da ganz anders», fand der Star-Regisseur. Er habe sich überwinden müssen, um auch ein wenig so zu werden. Das sei ein harter Weg für ihn gewesen.

Auf die Frage, weshalb er sich New York zum Studium aussuchte, fand Forster ganz nüchtern: «Ich habe mich bei vielen europäischen Universitäten beworben, aber die wollten mich nicht. Die New York University (NYU) wollte mich als Einzige, also blieb mir da keine grosse Wahl.»

Auf die Frage hin, ob er nie an der Entscheidung, Regisseur zu werden, zweifelte, wurde Forster ganz idealistisch. Er fand: «Hat man eine Vision, eine wahre Passion, dann hält einen nichts zurück. Wenn man einen Traum hat, dann gibts kein Zurück, keine Zweifel. Hat man die Vision, die Passion und keine Selbstzweifel, kann man alles umsetzen.» 

Heute schätzt er sich glücklich, wusste er bereits mit 15 wusste, was er machen wollte: «Zurückschauend wars ein wahres Geschenk. Für mich war immer klar, dass ich Geschichten erzählen will. Und seit ich das realisiert habe, habe ich immer nur getan, was meine Passion ist.»

Kreative Freiheit ist ihm wichtig

Auf die heutige Filmlandschaft angesprochen, sagte der Schweizer: «Man muss immer noch kämpfen, um ein Projekt umzusetzen.» Der heutige Markt sei einfach schwierig - das Budget spiele jeweils eine grosse Rolle. Er sei heute aber eher künstlerisch unterwegs, nicht mehr so ganz Hollywood-Blockbuster-mässig. Dies erlaube es ihm, totale kreative Freiheit zu haben. Jedoch gebe es da auch die Kehrseite: «Bei einem Independent-Film hat man kein Marketing-Budget, was es viel schwieriger macht, grosse Massen zu erreichen.»

Künstlerische Kompromisse habe er aber bis anhin nicht viele eingehen müssen. Da habe er Glück gehabt. «Ist das Skript einmal abgesegnet, wirds schon gut gehen», sagte Forster.

Inspirierende Lebensansichten

Forsters Familie war einmal vermögend und verlor dann - plötzlich - fast all ihr Geld. Zunächst sei das das Schlimmste gewesen, was ihm je passiert sei, sagt Forster. Doch er habe dann schnell gemerkt, dass er sich ohne viel Geld besser und freier fühle, und dass in seiner Familie viel mehr Liebe zu spüren war. Der Star-Regisseur schliesst daraus: «Je weniger ich habe, desto freier fühle ich mich. Alles zu haben belastet nur. Man muss die Balance finden. Man braucht so wenig im Leben und niemand muss Dinge herumschleppen, die er nicht will.»

Was ihm im Leben hilft ist das Wissen, dass alles nur eine grosse Illusion ist - vor allem in Hollywood. «Nichts is echt. Alles kann morgen vorbei sein. Der jetzige Moment zählt: Alles, was wir haben und womit wir uns auseinandersetzen müssen, ist das Hier und Jetzt. Deshalb sollte jeder tun, was er will, und Zeit mit denen verbringen, die er liebt.» Das Leben vergehe schneller und schneller für ihn, weshalb er sich nach jedem stressigen Drehtag Zeit für sich selbst nehme, in der er einfach nur im Stillen für sich allein da sitzt und meditiert.

Eine Geschichte übers Blindsein

Am Zurich Film Festival stellte Forster seinen Film «All I See Is You» vor, bei dem er nicht nur Regie führte, sondern auch Produzent war und das Drehbuch selbst schrieb. Im Film, in dem Blake Lively die Hauptrolle spielt, geht es um eine Frau, die als Jugendliche ihr Augenlicht verlor. Der Film thematisiert, wie Blinde die Welt sehen: Durch Erinnerung, Interpretation, Geräusche und Emotionen. Für dieses Projekt hat sich der Schweizer mit vielen Sehbehinderten angefreundet - Blake Lively trage die Brille einer dieser Menschen im Film.

Zurzeit ist der Regisseur gerade in London und dreht dort «Christopher Robin», eine Disney-Verfilmung zu «Winnie the Pooh». Er habe einfach mal einen positiven Film machen wollen - «mal was anderes als all meine anderen Filme», sagte er lachend.

am 3. Oktober 2017 - 08:26 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 13:10 Uhr