Tatort: Edinburgh, Schottland, vor dem Atelier des Kilt-Machers Howie Nicholsby. Musiker Marc Trauffer, 39, ist soeben in einem grau melierten Kilt aus der Umkleidekabine getreten. Und was macht seine Freundin? Lüpft ihm frech das «Röckli»! Trauffer grinst – auch wenn ihn der Shitstorm, der wegen der Zeile «ds Heidi lüpft ihres Röckli» im Song «Geissepeter» über ihn hereingebrochen ist, alles andere als kalt liess. Der Song wurde als sexistisch beschrieben. «Ich mache Unterhaltung ohne Hintergedanken. Davon, Frauen herabzusetzen, bin ich weit entfernt», sagt Trauffer.
Sonst hätte sich Brigitte wohl kaum in Marc verliebt. Darüber, dass das geschehen konnte, schütteln beide immer noch ein bisschen den Kopf. «Dass man für jemanden, den man so lange kennt, plötzlich mehr empfindet als Freundschaft, hielt ich nicht für möglich», sagt er. Aber genauso wars.
Liebe geht durch die Buchseiten
Als sich der erfolgreiche Musiker und Unternehmer nach mehrmaligen Anfragen dazu entschloss, seine Biografie schreiben zu lassen, war schnell klar, wer die Autorin ist: Brigitte Schöb, 39, eine langjährige Bekannte, die schon seit Jahren als freie Texterin für seine Holzspielwaren-Firma schreibt. Sie sollte Trauffers Leben in Worte fassen. Und dabei nichts auslassen! Sie soll Marc – dem Papa, dem Alpentainer, dem Kindertraumfabrikanten – so nah kommen wie niemand zuvor. Mit den Folgen rechnete keiner der beiden.
Dass sie einmal mit einem Glas Whisky in der Hand gemeinsam beim bekanntesten Kilt-Macher Schottlands stehen, hat sich weder sie noch Marc träumen lassen, als Brigitte ihre Recherchen begann. Im Laufe der Zeit liess er immer tiefer in seine Seele blicken. Erzählte zum Beispiel, wie er sich mit 15 auf den ersten Blick in seine Barbara verliebte. Wie die Angst um Sohn Lars, der viel zu früh zur Welt kam, das Paar mit seinen gerade mal 23 Jahren prägte. Wie es sich drei Jahre später eingestehen musste, dass die Luft raus war aus der Beziehung. Wie Marc in seinem eigenen, selbst gebauten Haus in den Keller zog und in der schlimmsten Zeit seines Lebens glaubte, alles verloren zu haben.
Sie weiss alles über ihn
Aber Brigitte befragte nicht nur Marc. Sie redete auch mit seinen Bekannten, mit Familie und Freunden. So erzählte Trauffers Mutter nicht nur von seiner Geburt mit doppelt um den Hals gewickelter Nabelschnur oder davon, wie er sich als Zweijähriger beim Sturz von einem Barhocker die ersten vier Zähne gleich wieder ausschlug. Sie vertraute Brigitte auch an, wie geschockt sie war, als ihr Sohn ihr von der Trennung von Barbara erzählte. Man lässt sich als Eltern von zwei kleinen Kindern doch nicht scheiden!
«Das Schöne ist ja», meint Trauffer, «dass Brigitte jede erdenkliche Seite von mir kennengelernt hat. Und sie mag mich trotzdem.» Auch Marc, den Alpentainer. «Dä mit de Chüeh» – der Biografie-Titel ist an einen von Marcs grössten Hits angelehnt: «Müeh mit de Chüeh». Und an seine Rolle als Fabrikant von Holzkühen. Die wohl bekanntesten Seiten von Marc Trauffer.
Auf der Suche nach «witere Chüeh»
Seine Faszination für Kühe reicht bis nach Schottland. «Ich will echte Schottische Hochlandrinder sehen», sagt er zu seiner Brigitte. Etwas ausserhalb von Edinburgh wird das Paar fündig. Dass das einzelne Rind, das mitten in einer Schafherde weidet, nicht ganz ungefährlich ist, erkennt der «Experte» allerdings schnell. «Ich glaube, wir sollten nicht zu nahe ran, das muss die Schafe bewachen.» Marc wagt es trotzdem, mit seiner Brigitte an der Hand, das neugierige Rind immer im Blick.
Aber was ist schon ein Schottisches Hochlandrind im Gegensatz zum Haifischbecken des Showbusiness? Am 23. November werden dem Alpentainer 13 000 Leute im bereits ausverkauften Zürcher Hallenstadion zujubeln. Dass das nicht immer so war, wusste Brigitte Schöb, schon bevor sie das Leben des momentan erfolgreichsten Musikers der Schweiz in Worte packte. Dass seine Band Airbäg auch mal vor zehn Leuten spielte und einer noch «Haued ab, ihr Arschlöcher» aus dem Publikum rief, erzählte ihr einer von Trauffers ehemaligen Bandkollegen.
Auf der Bühne ist er ganz er selbst
Und ein Freund aus der Branche schilderte, wie der Alpentainer kurz davor war, seine musikalische Karriere aufzugeben, weil keine Plattenfirma ihn nach dem Misserfolg mit Airbäg solo unter Vertrag nehmen wollte. Aber er hat sich durchgebissen, bis die Zeit reif war für seine Musik. Dabei fragte sich Brigitte das eine oder andere Mal, ob der sonst so natürliche Marc zwischenzeitlich Starallüren entwickelt hat. Zum Beispiel, als er sich vor einem Konzert ein Glas Wein bringen lässt, statt sich selbst eins zu holen. «Aber ich merkte schnell, dass ihn die Nervosität manchmal eine Art Mauer um sich bauen lässt. Sobald er auf der Bühne steht, ist er wieder der alte Marc.»
Der Marc, der als Chef auch mal taff sein kann. Bei seinen Angestellten kommt das nicht immer gut an, das weiss er. «Trotzdem war es manchmal hart, solche Dinge über mich zu lesen.» Dass er aber im Grunde seines Herzens ein guter Kerl ist, wusste Brigitte. Wie einfühlsam, aufmerksam und grosszügig er sein kann, erfuhr sie allerdings erst, als alles vorbei war. «Als wir Zeit hatten für andere Gespräche, es auch mal um mich ging und ich merkte, was für ein guter Zuhörer er ist – da hatte ich plötzlich Schmetterlinge im Bauch.»
Und auch beim Alpentainer funkte es richtig. «Brigitte ist eine wunderschöne Frau, äusserlich und innerlich. Wie sollte ich mich nicht in sie verlieben?», schwärmt er bei einem Bier in einem der zahlreichen Pubs Edinburghs. Zumal zu diesem Zeitpunkt beide Single waren, was zu Beginn der Arbeit an der Biografie nicht der Fall war. Trauffers Kinder Lars, 16, und Lani, 14, empfingen die neue Frau an der Seite ihres Vaters mit offenen Armen. «Darüber war ich extrem erleichtert», sagt Brigitte, die selbst keine Kinder hat. «Denn die beiden sind das Wichtigste für Marc.» So steht dieser stürmischen neuen Liebe nichts im Weg. Der Liebe zwischen Marc Trauffer – Papa, Alpentainer, Traumfabrikant – und der Frau, die ihn fast besser kennt als er sich selbst.