Zürich empfindet sie als sehr ruhig, gar zu ruhig. «Dafür höre ich hier die Vögel pfeifen.» Martina Fuchs, 35, schliesst das Fenster ihres Maisonette-Lofts und blickt auf den weissen Schnee. «In Peking war dieser wegen dem Smog grau.» Fünf Jahre hat die Aargauerin in der chinesischen Hauptstadt gelebt und beim Staatsfernsehen CCTV als Business-Reporterin gearbeitet. Vor einem halben Jahr hat sie sich «trotz ein paar schlaflosen Nächten» entschieden, zurück in die Schweiz zu ziehen.
Anchorwoman bei «CNN Money Switzerland»
«Langeweile und Normalität sind meine Horrorvorstellung», begründet Fuchs. «Peking ist viel dynamischer als Zürich.» Doch über ihr persönliches Empfinden hat die Karrierechance gesiegt. Nach über zehn Jahren im Ausland hat das Moderationsangebot des neuen Privatsenders CNN Money Switzerland sie zurück in die Heimat gelockt.
Millionen-Publikum in Peking
Bereits mit 18 zog Fuchs für ihr Studium nach Genf, um einen Masterabschluss in Wirtschaftsgeschichte und Internationalen Beziehungen zu machen. Später folgen jobbedingt Kairo, London, Dubai und zuletzt Peking. Dort hat die Multilinguistin mit der Sendung «Global Business» 100 Millionen Zuschauer erreicht. Zurück in Zürich beginnt Fuchs mit CNN Money Switzerland wieder von vorn. Am 24. Januar, pünktlich zum World Economic Forum in Davos, startet der Sender.
Mein Make-up ist sehr chinesisch. Zudem habe ich mir als Reporterin einen Schildkrötenpanzer zugelegt.
Visitenkarten stapeln sich auf ihrem Kühlschrank. «Guanxi» – Beziehungen – sei ein wichtiges Wort auf Mandarin, sagt sie. «Wichtiger ist nur ‹Lingdao› – Führer.» Fuchs beherrscht neun Sprachen: «Sie sind wie Boyfriends, nur essenzieller.» Oft hört sie Rádio Globo auf Portugiesisch, liest Nachrichten in Mandarin, spricht mit Freunden Französisch, Spanisch oder Italienisch, skypt mit ihrem Arabisch-Lehrer im Jemen oder textet mit ihrem Patenkind in Tansania Kisuaheli.
«Mein Leben ist ein Mosaik»
Ihre Wohnung ist stets picobello aufgeräumt. Von den Auslandsaufenthalten zeugt die Einrichtung. «Mein Leben ist ein Mosaik. Von jeder Reise bringe ich einen Kulturgegenstand mit. Als 20-Jährige im Handgepäck gar einen Säbel aus dem Jemen.» Sie sitzt am Teetisch aus Pakistan. An den Füssen trägt sie die neuste Errungenschaft: Pantoffeln aus Marokko. An den Wänden prangt Kunst aus China, Indien und Nepal. Fuchsselber malt mit Öl. Zwischen all den Souvenirs findet in der Küche auch das orange Handy-Spülmittel seinen Platz. Mehr Schweiz ist nicht vorhanden.
«Martinas langer Marsch» – manchen Schweizern ist Martina Fuchs bereits aus «SRF-Reporter» bekannt. Einem Porträt, das sie als taffe TV-Reporterin beim chinesischen Staatsfernsehen zeigt. Der Filmemacher beschreibt sie darin als «eine, die nie aus ihrer Rolle fällt». Martina Fuchs ist sich ihrer unschweizerischen Ausstrahlung bewusst. «Mein Make-up ist sehr chinesisch. Zudem habe ich mir als Reporterin einen Schildkrötenpanzer zugelegt.» Fuchs antwortet auf alles, und zwar schnell und ehrlich. «Privat laufe ich aber nicht als Primadonna herum.»
Einmal im Jahr eine kubanische Zigarre
Fuchs ist immer am «Seckle». Oft joggt sie bis zum Chinagarten. Die Vegetarierin hat nicht nur an ihr Umfeld hohe Ansprüche, sondern ist auch streng zu sich. Nur ab und zu abends um zehn obsiegt die Lust auf schwarze Schokolade. Und einmal im Jahr raucht sie eine kubanische Zigarre. Einer der seltenen Momente, in denen sie nicht auf Draht ist. «Das Leben sehe ich als ein Geschenk, das ich maximal ausschöpfen will», begründet sie.
Ich selber möchte Kinder und kann mir sogar eine Adoption vorstellen. Nur heiraten, das will ich nicht.
Bereits als Teenager ist sie allein nach Marokko und später weiter nach Tansania gereist. Mit dem dortigen Patenkind hält sie bis heute Kontakt. Mittlerweile ist Fuchs vierfaches Gotti, sie ist auch Patentante vom Sohn ihres älteren Bruders. «Ich selber möchte Kinder und kann mir sogar eine Adoption vorstellen. Nur heiraten, das will ich nicht.» Momentan ist sie single und fokussiert lieber auf ihren Job als auf Männer. «Meine Eltern haben mich dazu erzogen, dem Leben zu vertrauen und mutig, nicht ängstlich zu sein.»
Martina Fuchs’ Blick schweift hinaus. Jeden Morgen, wenn sie zwischen fünf und halb sechs Uhr aufsteht, öffnet sie das Fenster für «Atemyoga». In Zürich hat sie vielleicht zu viel Ruhe, dafür ganz viel saubere Luft.