In ihrer Autobiografie «Ein scheinbar perfektes Leben» gibt sich Michelle Hunziker, 41, so persönlich wie nie zuvor. Sie berichtet darin nicht nur von ihren sechs Jahren in der Sekte «Krieger des Lichts» und worauf sie deswegen alles verzichten musste - sondern sagt heute auch, dass ebendiese Sekte schuld sei am Liebes-Aus mit ihrem Ex-Ehemann Eros Ramazzotti, 54, mit dem sie Tochter Aurora, 21, hat.
Clelia nahm immer mehr Platz ein
Sektenführerin Clelia erschlich sich Hunzikers Vertrauen, indem sie sie um den Finger wickelte: «Ich habe Clelia nicht von einem Tag auf den anderen geglaubt. Weder bin ich eines Morgens mit dem Gedanken aufgewacht, ich müsste mein Leben von Grund auf umkrempeln, noch verlor ich plötzlich den Verstand. Schliesslich liebte ich meine Mutter und Auroras Vater», schreibt Hunziker in ihrer Biografie, die am Freitag erscheint. «Bild» liegt exklusiv ein erster Abdruck vor. «Doch Clelia war eine Schmeichlerin, so überzeugend und so präsent, dass sie für mich bald mehr Gewicht besass als die anderen beiden zusammen.»
Hunziker erinnert sich genau daran, wie die Dinge ihren Lauf nahmen: «Eines Abends kam ich nach der Live-Übertragung einer meiner Shows nach Hause. Eros sass tief in seinen Sessel vergraben vor dem Fernseher, finster und schweigsam. ‹Er hat meine Sendung gesehen, und ich habe ihm nicht gefallen›, sagte ich mir. Höchstwahrscheinlich hatte er ganz andere Sorgen, aber da mein erster Gedanke immer ihm galt, konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass sein Kopf anders funktionierte als meiner. Wir waren doch Seelenverwandte, oder etwa nicht? Ich fing wieder an, von Liebe zu reden, und kassierte eine Abfuhr. Das verletzte meine Unsicherheit noch mehr.»
Dies alles habe zum Streit geführt. «Traurig und in dem Bewusstsein, einer so komplexen Situation nicht gewachsen zu sein, rief ich Clelia an. Sie wies mich mit honigsüsser Stimme darauf hin, dass es kein Zufall war, wenn er nach dem Anschauen der Show sauer war. Er hatte mich bei der Arbeit gesehen! ‹Siehst du? Er will nicht, dass du dich selbst verwirklichst. Er möchte, dass du als treu sorgende Ehefrau und Mutter zu Hause bleibst.›»
Den Mann schlechtgemacht
An Eros habe Clelia kein gutes Haar gelassen, schreibt Michelle. «Er liebe mich nicht und betrüge mich ständig. Er halte mich für dumm, gerade gut genug, um zu Hause zu sitzen und bei Bedarf als Vorzeigefrau in der Öffentlichkeit präsentiert zu werden. Sie bezeichnete ihn gar als den Antichrist.»
Dies habe Wirkung gezeigt: «Mit grossem Geschick brachte mich Clelia dazu, unsere Missverständnisse ständig neu aufflammen zu lassen. Sie meinte, ich müsste mich von Auroras Vater lösen.» Als Eros dann zu einer langen Tournee aufbrach, habe Clelia die Chance genutzt, ihr Werk zu vollenden: «Eines Nachts rief ich sie an. Ich war verzweifelt, gequält von Ängsten. Eros war ein Star und hatte unzählige Gelegenheiten, mich zu betrügen. Ich war total paranoid. Ich rief die Frau an, der ich in jenen Monaten am meisten vertraute. Clelia. Bingo!»
Eros war ein Star und hatte unzählige Gelegenheiten, mich zu betrügen.
Und die sei sich sicher gewesen, dass Hunziker etwas finden würde: «Sie verkündete: ‹Ich spüre, dass du etwas finden wirst. Such in den Schubladen! Such, bis du einen Beweis findest!› Was tat ich? Mit klopfendem Herzen habe ich stundenlang jede Socke umgedreht, jede Hosen- und Jackentasche umgekrempelt. Man kann nichts finden, wenn es nichts gibt. Und dennoch hatte der Samen des Zweifels in mir Wurzeln geschlagen.»
Dann kam das Ende
Dann sei eines Tages im März geschehen, was Clelia ungeduldig erwartet und sie selber am meisten befürchtet habe, erzählt die Moderatorin. «Eros nahm mich beiseite und sagte: ‹Michelle, so geht das nicht. Dir geht es schlecht, mir geht es schlecht, uns allen geht es schlecht. Mir passen diese Leute nicht. Du musst dich entscheiden: entweder ich - oder deine Arbeit und diese Menschen.›» Beide seien sie wütend gewesen, weil sie sich eingebildet hätten, der jeweils andere trüge die Verantwortung für das endgültige Aus.
«Wahrscheinlich konnten wir es beide nicht fassen. Uns war eine so unermesslich grosse Liebe geschenkt worden, und die sollte jetzt auf diese Weise zu Ende gehen? Und warum? Weil ich arbeiten wollte? Weil ich auf der Suche nach Gott war?» Hunziker habe anschliessend sofort Clelia angerufen, die sie ermutigt habe: «Sie sagte: ‹Das ist der entscheidende Moment, mein Schatz. Von heute Abend an bist du eine wahre Frau, unabhängig und frei. Du verlässt den Mann, der dich nicht liebt. Endlich entscheidest du selbst, wie du dich entwickeln willst.›»
Ramazzotti sei noch am selben Abend gegangen. Clelia habe bis zur Bewusstlosigkeit wiederholt, dass sie und die anderen Sektenmitglieder jetzt ihre neue Familie sei, schreibt Hunziker. «Das war mein Untergang.»
Aurora brachte die Wende
«Ich war traurig, erschöpft, ausgelaugt vom täglichen Kampf zwischen dem Menschen, der ich glaubte sein zu wollen, und der Person, die ich wirklich war», schreibt Hunziker. «Um all dies vor meiner Tochter zu verstecken - dem Menschen, den ich am meisten liebte und den ich mehr beschützen wollte als alles andere -, behandelte ich sie, als wäre sie mein Publikum. Ich lachte ohne Ende, hatte ständig einen Witz auf den Lippen.»
Dann sei der Tag mit ihrer Tochter in der Badewanne gekommen, der alles verändert habe: «Wir tauchten ein ins Wasser und ich rief: ‹Wow! Komm Schatz, lassen wir's sprudeln.› Ich schnitt Grimassen und bespritzte sie mit Wasser... Auri aber schien völlig unbewegt. Sie sah mich mit ihren grossen, dunklen Augen an, die nur dann lachen, wenn sie das wirklich will, und sagte: ‹Ich will meine alte Mama zurück. Sonst spiele ich nicht mehr mit dir.› Das war ein Stich mitten ins Herz.»
Dieser Augenblick, der Schmerz sei für Michelle Hunziker der Beginn eines Weges gewesen, der sie aus der Sekte herausgeführt habe: «Nicht die Angst, nicht die Vernunft, nicht das Bewusstsein, sondern die Liebe meiner Tochter. Und ihre Sehnsucht nach der Mutter, die ich einmal war.»
Kein Hass gegenüber Clelia
«Von den Menschen, mit denen ich heute mein Leben teile, hasst Clelia jeder», erzählt Hunziker. Ihr gelinge das trotz allem nicht. «Es stimmt schon: Sie hat mir geschadet, sie hat mich meiner Mutter entfremdet und den Menschen, die ich liebte. Sie hat mich finanziell ausgenutzt. Doch sie hat das alles nicht geplant. Meiner Ansicht nach ist sie kein eiskalt berechnender Mensch.»
Von den Menschen, mit denen ich heute mein Leben teile, hasst Clelia jeder.
Mit dem Ausstieg bei «Krieger des Lichts» ist für Hunziker keinesfalls alles beendet gewesen: «Es hat Jahre gedauert, bis die Panikanfälle und die Angst vor allem und jedem aufhörten. Bis ich aufhören konnte, mich als einen Menschen anzusehen, der nicht fähig war, das Richtige vom Falschen zu unterscheiden, und mich zu fragen, ob ich die Absichten meiner Mitmenschen richtig deutete oder nicht.» Sie habe jahrelang niemanden an sich herangelassen - aus Angst, wieder einen Reinfall zu erleben und sich in falsche, einseitige Beziehungen zu verstricken. «Ich habe es einmal geschafft, mich aus so etwas herauszuwinden. Ein zweites Mal wollte ich solche Erfahrungen erst gar nicht riskieren.»
Ein Jahr nach dem Sektenaustritt habe sie den Franziskaner-Pater Frat' Elia kennengelernt, durch welchen sie ihren Seelenfrieden zurückgewonnen habe. «Ich habe mich des Öfteren in seinen Konvent zurückgezogen, um dort in Exerzitien zu gehen. Frat' Elia hat mich gelehrt, dass Gottes Schönheit in den einfachen Dingen liegt, im Lächeln, in einer Umarmung.» Heute sei Gott für sie Freude, nicht Strafe und Verzicht, erzählt Hunziker. «Er ist das Gleichgewicht, denn er fordert nie von uns, dass wir ins Extreme abgleiten, weder im Guten noch im Bösen.»
Galerie: Michelle Hunzikers Leben in Bildern