Seit vergangenem Montagmittag bin ich in Kaliningrad, wo die Schweizer Nati heute Freitagabend ihr nächstes WM-Spiel gegen Serbien bestreiten wird. Es sind noch etwas mehr als zehn Stunden bis zum Anpfiff. Als Schweizerin mit serbischen Wurzeln schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Dem zweiten Gruppenspiel der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft fiebere ich daher seit Tagen besonders entgegen.
Die 90 Minuten Spielzeit werden mich heute Abend viel Energie kosten. Um den nötigen Drive in den Tag zu bekommen, habe ich mich für ein reichhaltiges Frühstück entschieden. Zusammen mit meiner Schwester Jelena, 27, meinen Freunden Marko, 31, und Pema, 26, sowie meinem Grosi, 70, haben wir nicht weit von unserem Hotel ein veganes Café entdeckt. Nach einer Tasse Kaffee sind wir alle bereit für eine Runde Sightseeing. Der Taxi-Chauffeur hat uns den botanischen Garten und ein paar Museen empfohlen. Diese Hotspots klappern wir heute ab.
Ich weiss in jedem Moment, wie sich Steven fühlt
In Momenten, in denen ich nicht bei meinem Steven sein kann, erinnere ich mich daran, dass wir schon zehn Jahre zusammen sind und schon so viel Zeit gemeinsam verbracht haben. Natürlich weiss ich immer Bescheid, wie es ihm geht. Wir kommunizieren viel über Whatsapp oder Facetime.
Auch wenn Steven beim letzten Match gegen Brasilien den entscheidenden Treffer gelandet hat, ruht er sich jetzt nicht auf diesem Erfolg aus. Im Gegenteil: Mein Mann lebt im Jetzt und bereitet sich auf jedes Spiel gleich professionell vor. Für die Partie heute Abend ist er körperlich und mental voll parat.
Um ca. 17.00 Uhr werden ich und meine Leute uns auf den Weg in Richtung Stadion machen. Wie bereits beim letzten Spiel haben wir wieder Kategorie-1-Plätze. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir dieses Mal neben Remo Freulers Angehörigen sitzen. Ich habe mit seiner Freundin Kristina Sivcic abgemacht, dass wir uns vor Ort treffen. Sie landet um 17.30 Uhr in Kaliningrad und wird direkt mit dem Taxi weiter zur Arena Baltika fahren.
Soll ich jubeln, wenn Serbien ein Tor schiesst?
Ich selbst werde mich auf der Tribüne wieder in meinem rot-weissen «Zuber's Wife»-Leibchen zeigen. Zum guten Glück haben die Schweiz und Serbien ähnliche Trikot-Farben. So kann man mich vielleicht nicht gleich auf Anhieb einem Team zuordnen. Seit Tagen befinde ich mich in einem inneren Zwiespalt: Soll ich jubeln, wenn Serbien ein Tor schiesst? Ich weiss es nicht, ich werde spontan aus dem Bauch heraus reagieren.
Als Frau mit zwei Pässen sage ich für die Partie Serbien-Schweiz ein 1:1 unentschieden voraus. Wenn ich einen Sieger bestimmen müsste, schlägt mein Herz etwas mehr für das Team, in dem mein Mann spielt. Ich fühle mich daher wohl etwas mehr als Schweizerin.
Gib alles, Steven! Egal wie es ausgeht, ich bin unglaublich stolz auf dich und dein Team.