Weltmeistertitel, Berufskarriere – Glanz und Glamour. Conny Kissling, 51, und Urs Lehmann, 43, kennen alles aus eigener Erfahrung. Die Skiakrobatik-Seriensiegerin und der Abfahrtsweltmeister trafen sich in einer Welt, in der Spitzensport und Entertainment verschmelzen. Ihre Tochter Nina, 8, aber behüten sie strikt vor übertriebenen Erwartungen und Drucksituationen. Dabei teilen sie die Erfahrungen so mancher Familie: Ohne Nonna, Grosspi und Omi wäre alles viel, viel schwieriger. Und manchmal sind die Eltern froh, wenn eine Nanny oder ein Au-pair bei der Kinderbetreuung mithilft. An etwas ändert alle externe Hilfe aber nichts: Die Hauptverantwortung bleibt stets bei den Eltern.
In vielen Kinderzimmern grassiert in diesem Frühling das Luca-Hänni-Fieber. Wie sehr hat der neue Schweizer Superstar das Leben der Lehmanns beeinflusst?
Nina: Ich kenne ihn nicht persönlich.
Conny Kissling: Wir haben das schon mitbekommen, ein grosses Thema war «Deutschland sucht den Superstar» bei uns nicht.
Urs Lehmann: Die Fernsehzeit für Nina ist eigentlich auf eine Stunde pro Tag beschränkt.
Funktioniert das?
Conny Kissling: Meistens wird die Zeit überschritten.
Urs Lehmann (lachend): Nina rechnet fernsehmässig in American Minutes, die dauern ein bisschen länger als 60 Sekunden. Aber für das Einhalten der Spielregeln ist Conny zuständig. Ich bin dafür zu oft fort.
Sind Sie überhaupt mal komplett als Familie unterwegs? Der Papi ist als Verbandspräsident und Unternehmer ja praktisch den ganzen Winter auf Geschäftsreise.
Urs Lehmann: Wir probieren, alles gemeinsam zu unternehmen. Bei den Rennen in der Schweiz kommen Conny und Nina wenn immer möglich mit. Sonst hat bei Nina aber die Schule eindeutig Priorität.
Und wenn auch die Mutter beruflich engagiert ist?
Nina: Dann kommt Nonna! Oder ich gehe zu Grosspi und Omi.
Urs Lehmann: Nonna ist die Mutter von Conny. Grosspi und Omi sind mein Vater und dessen Lebenspartnerin. Wir sind in der privilegierten Situation, dass wir von der Familie die grösstmögliche Unterstützung erhalten.
Das muss für Nina toll sein. Grosseltern erlauben meist mehr als die Eltern …
Nina: Ich darf bei ihnen länger fernsehen – und mehr Schoggi essen …
Conny Kissling: Aha! Aber erzähl auch von den anderen Dingen, die du mit deinen Grosseltern machst.
Nina: Mit Grosspi gehe ich manchmal Pilze sammeln oder an den Fluss schiefern. Mit Nonna spiele ich Eile mit Weile, Rummi und lerne «lisme».
Schleichen sich bei der Erziehung nicht zwangsläufig Probleme ein, wenn bei den verschiedenen Bezugspersonen unterschiedliche Massstäbe gelten?
Conny Kissling: Bei den Grosseltern ist das kein Problem. Die haben ja auch Kinder grossgezogen – und nicht alles komplett falsch gemacht … Und es ist auch richtig, dass bei ihnen mehr möglich ist als bei uns – quasi der natürliche Grosseltern-Bonus. Aber es ist schon so, dass man als Eltern die letzte Kontrolle aus der Hand gibt.
Fremdbetreuung wie Krippe oder Hort haben Sie nie in Erwägung gezogen?
Urs Lehmann: Als wir nach Nordamerika zum Heliskiing reisten, hatten wir eine Nanny für Nina dabei. Und während eines halben Jahres hatten wir in der Schweiz ein Au-pair, als Nina fünf war.
Conny Kissling: Das war Neuland für uns, und ich hatte zunächst gemischte Gefühle. Wenn man jemanden von aussen in die Familie holt, ist das für alle Beteiligten eine ganz neue Situation. Als Eltern muss man dann auch gegenüber dem Au-pair eine Führungsfunktion übernehmen und die Massstäbe klar festlegen.
Urs Lehmann: Aber wir hatten Glück, Jessica war wunderbar. Nina hat von den neuen Einflüssen profitiert – und weil Jessica aus dem Tessin kam, sogar etwas Italienisch gelernt.
Nina (strahlend und wie aus der Pistole geschossen): Uno, due, tre, quattro, cinque, sei, sette, otto, nove, dieci! Conny Kissling: Letztlich kann aber auch das beste Au-pair nur eine unterstützende Rolle übernehmen. Es sind immer die Eltern, die in der Verantwortung stehen.
Gibt es bei Ihnen eine festgelegte Zeit, in der die Familie immer beisammen ist?
Urs Lehmann: Ja, das ist am Morgen zwischen sieben und acht. Bevor ich zur Arbeit gehe und Nina in die Schule muss. Diese Zeit ist uns heilig. Habe ich noch berufliche Dinge zu erledigen, mache ich das vorher. Danach gehört eine Stunde ganz der Familie. Wir frühstücken zusammen oder unterstützen Nina beim Hausaufgabenmachen. Die Hauptverantwortung in Erziehung und Haushalt liegt aber eindeutig bei Conny.
Conny Kissling: Ich bin zufrieden mit dieser Arbeitsteilung. Ich hatte meine Karriere und erfülle nun eine neue Rolle. Trotzdem bin ich mit einem Fuss noch im Berufsleben – bei der Sportartikelfirma Bogner und als Botschafterin von Salomon und Laureus Schweiz.
So ist die Karriere von Nina als Skirennfahrerin also bereits vorgespurt?
Nina (vehement): Nein, ich will Tierärztin werden.
Urs Lehmann: Nina hat als Skifahrerin Talent. Aber wir lassen sie bewusst noch keine Rennen fahren. Als Tochter von Conny und mir würde automatisch Druck entstehen, und das wollen wir nicht.
Und von wem hat Nina das Talent?
Conny Kissling: Von beiden. Ein Bein fährt Buckelpiste und eines Abfahrt …
Gibt es im Haushalt eine bestimmte Ämtliverteilung. Hilft Nina schon mit?
Nina: Ja, ich räume nach dem Essen die Teller ab.
Urs Lehmann: Das machst du hervorragend. Und wenn wir auf den See oder in die Ferien gehen, hilft jeder beim Tragen.
Conny Kissling: In gewissen Dingen muss man die Massstäbe aus unserer Jugend aber anpassen. Nina beispielsweise lernt in der Schule auch mit einem Computer. So hat sie ein Programm, auf dem alle Hunderassen beschrieben sind, und sie kennt schon jetzt alle.
Nina: Ich möchte einen Hund – oder ein Häsli!
Urs Lehmann: Darüber haben wir doch schon ein paarmal gesprochen. Wir sind zu viel unterwegs für einen Hund. Der kann nicht einfach alleine zu Hause bleiben. Und schliesslich haben wir schon ein Kätzchen.
Nina, gibt es sonst etwas, das du gerne tun oder haben möchtest und nicht darfst?
Nina (energisch): Ja, mit der Taschenlampe in der Nacht auf dem Trampolin springen!