Gerade mal 15 war Annemarie Oesch, 54, als sie ein Plattencover in den Händen hielt mit einem feschen jungen Mann auf einem Traktor drauf. Und wusste: «Das ist mein Traummann!» Heute, fast 40 Jahre später, sitzt sie mit ihm auf einem Bänkli im Garten ihres Daheims in Schwarzenegg BE. Sie und Hansueli Oesch, 59, blättern mit ihren Kindern Melanie, 29, Mike, 28, und Kevin, 27, im Fotoalbum.
«Euer Hochzeitsfoto!», ruft Melanie, 29, entzückt. Im Juli vor 30 Jahren gaben sich Annemarie und Hansueli Oesch das Jawort. Im Dezember kam Melanie zur Welt. Mike und Kevin folgten kurz darauf. Drei Kinder in drei Jahren – «ich empfand das nicht als streng», sagt Annemarie. «Wir lebten auf dem Bauernhof, sie haben sich selbst beschäftigt.»
Mit fünf fiel Kevin ein Fernseher auf den Kopf
Melanie war bereits damals die Vernünftigste. «Sie ist erst mit 18 Monaten gelaufen – als sie sicher war, dass sie es kann!»
Kevin, der Jüngste, war der Wildeste. «Ihm ist immer irgendwas passiert. Mit fünf ist ihm ein Fernseher auf den Kopf gefallen. Das erklärt einiges», meint Melanie grinsend und stupst ihren kleinen Bruder liebevoll in die Seite. Mike war der sportlichste und der ehrgeizigste des Trios.
Skifahren spielte bei den jungen Oeschs eine genauso grosse Rolle wie Musik. Annemarie war Skilehrerin und nahm den Nachwuchs mit auf die Piste. Mike war gar auf dem Weg zu einer Profikarriere, wurde Junioren-Vize-Schweizer-Meister. Bis ihm eine Knieverletzung einen Strich durch die Rechnung machte. «Der Moment, als ich erkennen musste, dass ichs nicht mal versuchen kann als Rennprofi, war hart.» Über den geplatzten Traum hinweg halfen ihm die Familie – und die Musik.
Diese gehörte schon immer zum Leben der Oeschs. Hansueli stand bereits als Knirps mit seinem Vater Hans auf der Bühne. Später war er mit drei Formationen unterwegs, unter anderem mit dem legendären Trio Oesch. Auch Annemarie kommt aus einer musikalischen Familie. Dass die Kinder Instrumente lernten und man gemeinsam musizierte, hat sich ergeben. An Melanies zehntem Geburtstag dann der erste TV-Auftritt als Familienband: Oesch’s die Dritten waren geboren.
Homepage krachte zusammen
Sechs Jahre später folgte das erste Album, die Kinder waren Teenager. Das Schicksal kam in Form des «Musikantenstadls» im Jahr 2007. Oeschs liessen sich überreden, beim Nachwuchswettbewerb mitzumachen – und Melanie schickte versehentlich eine leere CD-Hülle ein. «Ich schickte die CD mit einem Brief hinterher – nur deshalb kamen wir überhaupt in die Show», erzählt sie lachend.
Was das wirklich bedeutet, war keinem von uns bewusst.
Oesch’s die Dritten kamen, sahen und siegten. Von dem, was folgte, hätten sie nie zu träumen gewagt: Angebote für Auftritte im In- und Ausland schneiten kübelweise ins Haus, die «selbst gebastelte» Homepage krachte zusammen. «Wir waren in keiner Art und Weise auf all das vorbereitet, hatten nicht mal Autogrammkarten», erzählt Hansueli.
Alle wussten: Das ist eine einmalige Chance. «Und die wollten wir packen», sagt Vater Oesch. «Was das wirklich bedeutet, war keinem von uns bewusst.» Hansueli arbeitete noch als Zustellbeamter bei der Post, Annemarie als Pflegefrau in einer Reha-Klinik. Melanie hatte gerade die Matura gemacht, Mike war im Abschlussjahr der Sport-Handelsmittelschule, und Kevin steckte mitten in der Lehre zum Heizungsmonteur.
Was jetzt noch kommt? Noch mal 20 Jahre.
«Für mich war klar, dass ich so oder so Musik machen werde», sagt Melanie. Nur: Musik ist das eine – das Showbusiness das andere. «Wir wissen, dass wir den Fans ein Stückchen von uns als Privatpersonen geben müssen», sagt Melanie. «Aber alles hat Grenzen. Das mussten wir teilweise auf die harte Tour lernen.»
Dinge wie Kevins Autounfall mit Schädel-Hirn-Trauma vor sechs Jahren oder Melanies und Mikes Trennungen von ihren Ex-Partnern medial ausgeschlachtet zu sehen, war schwierig. «Es wird so viel Unwahres erzählt, und man kann sich kaum wehren», sagt Melanie. Über ihren Freund, seit gut zwei Jahren an ihrer Seite, verliert sie deshalb in der Öffentlichkeit kein Wort. «Nicht aus Arroganz – aus Selbstschutz.»
Das letzte Foto im Album stammt aus der aktuellen Jubiläumstour. 20 Jahre Oesch’s die Dritten. Zehn Alben, siebenmal Gold, zweimal Platin, einmal Doppel-Platin. «Manchmal», sagt Melanie, «schauen wir zurück und sind verwundert.» Was jetzt noch kommt? «Noch mal 20 Jahre», meint sie lachend. Und vielleicht irgendwann Oesch’s die Vierten.