Bei dieser Aussicht kommt sogar einer ins Staunen, der über sein Publikum fliegt, sich live zersägen lässt oder einen Schimmel über die Bühne schweben lässt: Von seiner derzeitigen Bleibe im 18. Stock eines Hochhauses in Kuala Lumpur sieht der Schweizer Magier Peter Marvey, 43, auf Wohnblocks und Wolkenkratzer, so weit das Auge reicht, auf riesige Baustellen überall und auf ein Durcheinander von Autos und Menschen aus aller Welt unten auf den Strassen. «Ich liebe diese kunterbunte Multikulti-Stadt!»
Ein krasser Gegensatz zum Zuhause des Magiers - der nur noch im Pass Peter Marcel Wollenmann heisst -, zu seinem «Magic-House» hoch über dem Zürichsee im beschaulichen Feusisberg SZ, umgeben von Hügeln und Wiesen. Genau dieser Gegensatz hat Marvey und seine Freundin und Geschäftspartnerin Vivi Vega, 34, an Malaysias Hauptstadt gereizt, als ihnen einer ihrer Manager das Angebot unterbreitete, zum ersten Mal ein halbes Jahr am Stück am selben Ort zu spielen.
Wenn schon so lange weg von zu Hause, dann sollte es mal etwas ganz anderes sein! «Von unserer Wohnung erreichen wir die Petronas Towers innert Minuten zu Fuss - in einer klimatisierten Überführung über alle Strassen hinweg», erzählt Marvey und schwärmt vom Einkaufsparadies mit drei der zehn grössten Shoppingcenter weltweit. «Vom Nobelkaufhaus bis zu Strassenmärkten mit Billigprodukten findet man hier die ganze Bandbreite. Und wie das auf dem Markt nach dem leckeren asiatischen Essen duftet!»
In einen Kaufrausch ist das Paar aber noch nicht geraten. Die beiden haben gar keine Zeit dazu. Der Bürostuhl, den Peter Marvey extra von zu Hause in die fixfertig möblierte Wohnung mitten im Stadtzentrum mitgenommen hat, erinnert täglich an die Pflichten. Denn auch die Zeit nach dem Gastspiel in Malaysia von Mai bis November will geplant sein. Und an sechs Tagen pro Woche holt sie ihr Fahrer um halb sechs ab, um sie zum Auftrittsort in der eine Stunde entfernten Casino-Stadt Genting Highlands auf 1800 Metern über Meer zu fahren. «Hier ist die Luftfeuchtigkeit so hoch, dass wir den Saunagang täglich inbegriffen haben», sagt Marvey. Und weil die Luft auf dieser Höhe auch dünn ist und sie sechsmal pro Woche auftreten, fühlt er sich körperlich so fit wie nie.
Nach Anfangsschwierigkeiten: «Zu Beginn schmerzten mich die Knie vom vielen Springen auf der Bühne, weil ich es nicht gewohnt bin, so oft nacheinander aufzutreten.» Inzwischen hat er gelernt, wie er die Sprünge abfedern kann. Und dank den vielen Auftritten fällt das Extra-Trainieren in der Freizeit weg. «Ich hoffe, dass wir nun endlich noch etwas Zeit finden fürs Sightseeing!» Und um die kulinarischen Spezialitäten auszuprobieren. «Mittlerweile mag auch Vivi das scharfe asiatische Essen richtig gern.»
Während der mehrfach preisgekrönte Magier in der Millionenstadt Kuala Lumpur meist unerkannt bleibt, wird er am Auftrittsort immer wieder angesprochen und für Fotos angefragt. Marveys Shows kommen bei Zauberfans besonders gut an, weil er auf die typischen Verschleierungen verzichtet. Er versucht immer, seine Illusionen ohne sichtbare Zauberrequisiten und nah beim Publikum zu schaffen. Beim «Ultimate Cut» etwa fahren seine Beine - abgesägt von Vivi - im hellsten Licht losgelöst vom Oberkörper auf einem Einrad auf der Bühne umher.
Diese spektakuläre Zweiteilung war eine der Nummern, für die er Vivi Vega vor sieben Jahren als Assistentin engagiert hat. Inzwischen sind die beiden ein Paar, und die Puerto Ricanerin ist nicht mehr nur eine der Assistentinnen auf der Bühne, sondern entwickelt neue Nummern von Anfang an mit. So leben die beiden noch enger zusammen.
Gerade weil sie so oft in der Welt herumjetten, geniessen sie diese Zweisamkeit, auch wenn sie teilweise sehr unterschiedlich seien, wie Marvey erzählt. «Vivi ist extrem extrovertiert, findet überall schnell Freunde - ich hingegen springe neben der Bühne nicht auf jeden zu. So ergänzen wir uns sehr gut.» Und wenns doch mal eine Auseinandersetzung gibt, analysiert sie schnell, wo das Problem liegt - sie ist diplomierte Psychologin. Zudem weiss Peter Marvey: Ob in Feusisberg oder in Kuala Lumpur, auf der Bühne hat sie die Säge in der Hand.