Es ist ein grauer, regnerischer Tag in Barcelona. «Von denen gibts maximal fünf im Jahr», sagt Stephanie Japp, 45, als sie die Tür zu ihrem Daheim im Stadtteil Sarrià-Sant Gervasi öffnet. «Sonst scheint hier immer die Sonne.» Die Zürcher Schauspielerin lebt mit ihrem Mann, einem Musikproduzenten, und den sieben- und neunjährigen Töchtern in der katalanischen Hauptstadt. «Wir haben uns einfach in die Stadt verliebt. Es war schnell klar, das ist der richtige Ort für unsere Auszeit.»
Diese Auszeit begann für die Familie vor rund eineinhalb Jahren. «Wir brauchen das. Den Wandel, die Eindrücke, die Bewegung.» Sie sei schon immer viel unterwegs gewesen, und Stillstand sei ihr ein Graus. Obwohl sie in ihrem neuen Zuhause ihren Kraftort gefunden hat, reist sie noch immer viel. Aber es gebe eine wichtige Regel im Hause Japp: «Mama ist nie länger als zehn Tage am Stück weg.» Für diese Zeit hat die Familie ein Ritual. Stephanie Japp versteckt für ihre Töchter Dinge, die sie an die Mutter erinnern. «Die müssen sie dann finden.»
Für «Private Banking» stundenlang am Paradeplatz gesessen
Zuletzt arbeitete Japp in Hamburg und Frankfurt, verbrachte zwei Monate in Zürich, wo sie den Film «Private Banking» drehte. Der Zweiteiler von Bettina Oberli, 45, wird heute Sonntag und morgen Montag um 20.05 Uhr auf SRF1 gezeigt. Japp ist dort Caroline Pfister, die uneheliche Tochter des Privatbankiers Leopold Weyer, gespielt von Christian Kohlund, 67, der erst kürzlich in «Wilder» zu sehen war.
Caroline ist Suchttherapeutin, will nichts mit der Bankenwelt ihres Vaters zu tun haben. Als der ins Koma fällt und das Unternehmen an sie übergeht, beginnt die Verwandlung von der Rebellin zur gradlinigen Bankdirektorin. Diese Verwandlung sei das Spannendste an der Rolle gewesen, sagt Japp. «Caroline macht äusserlich und innerlich eine wahnsinnige Metamorphose durch. Die einzige Konstante ist der Wunsch, ihrem Vater gerecht zu werden. Dafür kämpft sie wie eine Löwin.»
Sie habe Stunden damit verbracht, am Zürcher Paradeplatz Banker zu beobachten. «Es ist mir wichtig, so viel wie möglich zu recherchieren. Ich brauche Zeit, um eine Rolle wirklich kennenzulernen. Zum Glück gab uns Bettina Oberli die Möglichkeit, so zu arbeiten.»
Zwei der ältesten Bäume Barcelonas im Garten
Von ihrem Arbeitszimmer in ihrer neuen Heimat blickt Stephanie Japp auf zwei riesige portugiesische Eichen im Garten. «Das sind zwei der ältesten Bäume in Barcelona», erzählt sie stolz. «Wir wollten uns eigentlich verkleinern während unserer Auszeit. Ein grosses Haus war nie der Plan.» Dann aber entdeckten sie diese spezielle Casa.
Das Gebäude aus dem Jahr 1971 ist ein Klassiker moderner Baukunst: entworfen vom spanischen Architekten José Antonio Coderch für eine reiche katalanische Industriellen-Familie. Es ist die Familie, die 1900 auch den Parc Güell vom Künstler Antoni Gaudí bauen liess. «Es war ein unglaubliches Glück», schwärmt Japp.
Pupsender Spielzeugbär
«Unsere Mädchen wünschten sich einen Garten, und über die Eltern einer Schulfreundin eröffnete sich uns plötzlich die Möglichkeit, dieses Haus zu mieten.» Als Stephanie und ihr Mann Alex die Villa besichtigten, war klar: «Das wird unser neues Zuhause!»
Das Paar entschied sich, das Haus besonders minimalistisch zu halten. «Ich habe über ein Jahr jeden Tag drei Dinge entsorgt. Das war hart, aber sehr befreiend.» Die Räume sind gross, hell und sparsam möbliert. Und doch warm und heimelig. Das liegt an den vielen Herzstücken: Kunstwerke des Schweizer Malers Ulrich Elsener, Antiquitäten und ein 100 Jahre alter Spielzeugbär. «Mit dem spielte schon meine Mutter, und heute haben meine Töchter einen riesigen Spass, denn der Bär kann nicht mehr brummen, sondern nur noch pupsen.»
«Wir schauen regelmässig, welche Spielzeuge die Mädchen spenden können»
Stephanie Japp lacht fröhlich und zieht an einer Schnur, die aus dem alten, abgewetzten Bär ragt. Tatsächlich: Ein Ton, der mehr erheitert als erschreckt, entfährt dem Stofftier. Einzig in den Kinderzimmern herrscht eine Materialschlacht, wie Japp es nennt. Die Mädchen dürfen Unordnung haben, aber auch sie müssen lernen, abzugeben. «Wir schauen regelmässig, welche Spielzeuge sie spenden könnten. »
Wann die Familie in die Schweiz zurückkehren wird, steht noch nicht fest. «Im Moment geniessen wir unser Leben hier sehr. Wir haben uns schnell eingelebt und neue Freunde gefunden.» Und dann ist da ja noch Sandy. Sandy Brunner, 45, ist Japps Freundin aus Kindertagen in Zürich. Die Architektin lebt und arbeitet bereits seit 16 Jahren in Barcelona. «Unsere Kinder spielen heute zusammen – genau wie wir damals.»
Bald wird Stephanie Japp wieder verreisen. Über die Dauer muss sie noch mit ihren Töchtern verhandeln. «In unserer Familie wird viel diskutiert. Ich will, dass meine Mädchen starke Frauen werden, die ihren Willen äussern.»