Sie ist zuerst da. Er kommt zwanzig Minuten zu spät, sucht noch einen Parkplatz, während sie sich auf der Toilette der Zürcher Helvti-Bar die Lippen nachzieht. Dezent rosa, passend zum geblümten Jackett. Ein Farbtupfer im Winter. Genau so würde sich Linda Züblin, 28, in einer Kontaktanzeige beschreiben: «Humorvolle, aufgestellte Sie, sucht ...» - «... gescheiterten Bachelor?», schlägt Rafael Beutl, 29, nach der herzlichen Begrüssung vor. Der Zimmermann aus Bern und die Ostschweizer Siebenkämpferin treffen sich zum Blind Date. Sie wagen mit der «Schweizer Illustrierten» kurz vor dem Valentinstag einen Selbstversuch: Existiert die Liebe auf Knopfdruck? Derzeit sorgt ein psychologischer Fragebogen weltweit für Aufsehen, der verspricht, dass sich zwei Fremde ineinander verlieben, wenn sie folgende Regeln einhalten: «Beantworten Sie sich gegenseitig die 36 Fragen der Reihe nach, und schauen Sie sich anschliessend vier Minuten lang in die Augen.» Der Versuch stammt aus den 90er-Jahren und soll immer noch klappen!
Was einfach tönt, beginnt bei Rafael und Linda harzig. Er hält sich an seiner heissen Schokolade fest und wackelt nervös mit dem Bein. Linda verkrampft die Hände ineinander. Dann liest sie die erste Frage vor.
1. Mit wem würdest Du am liebsten zu Abend essen?
Er: Mit jemandem, den ich mag. Und du?
Sie: Julia Roberts. Ich bin sicher, wir hätten viel gemeinsam.
Er: Wenn es jemand bekanntes sein muss, dann Roger Federer. Ich könnte von ihm viel lernen. Wie man so cool und normal bleibt, trotz dem Erfolg.
Sie: Das wäre auch meine zweite Option.
2. Wärst Du gerne berühmt? Wenn ja, wofür?
Er: Ja, ich wäre gerne berühmt für meinen Charakter. Dass die Leute denken, wow, das ist ein toller Mensch.
Sie: Ich sehe das genauso. Für ein Leistung oder einen Charakterzug in Erinnerung zu bleiben, fände ich schön. Aber berühmt zu sein hat immer zwei Seiten.
3. Spielst Du vor Telefonanrufen durch, was Du sagen wirst? Warum?
Er: Gar nicht. Ich bin ganz spontan und beginne sofort zu reden.
Sie: Bei mir ist das auch so. Nur für ein telefonisches Bewerbungsgespräch habe ich mir einmal alles aufgeschrieben, was ich sagen und fragen will. Falls ich den Faden verloren hätte, hätte ich spicken können.
4. Wie sieht ein perfekter Tag für Dich aus?
Er: Für mich beginnt ein perfekter Tag mit Sonnenschein. Ich bin wirklich ein Morgenmensch. Mein Motto ist: Morgenstund hat Gold im Mund. Und abends mit entspannten Muskeln im Bett liegen und einschlafen. Alles zwischendrin ist unwichtiger.
Sie: Ich stehe auch gerne auf am Morgen und liebe es, wenn die Sonne scheint. Zeitung lesen, lange Zmörgelen. Aber das Zusammenspiel auch Action darf nicht fehlen.
5. Wann hast Du zum letzten Mal für Dich selbst gesungen? Und wann für jemand anderen?
Er: Für mich zuletzt gestern Abend. Ich singe unter der Dusche, im Auto und überall wo mich niemand hört. Für andere singe ich nur, wenn ich den Titel eines Liedes suche, und mir jemand dabei helfen soll, ihn zu finden. Kürzlich habe ich das im Radio getan.
Sie: Ich habe heute das ganze Auto gefüllt mit meiner Stimme. Das ist grossartig für mich. Manchmal schauen die Leute ein wenig komisch, aber das ist mir egal. Früher war ich sogar in einer Schülerband.
Er: Eine kleine Gwen Stefani, was?
6. Wenn Du 90 Jahre alt werden könntest und dabei entweder den Geist oder den Körper eines 30-Jährigen für die letzten 60 Jahre Deines Lebens behalten könntest: Was würdest Du wählen?
Er: Ich möchte, dass mein Körper stehen bleibt, weil ich mir wünsche, dass der Geist irgendwann müde wird und das Sterben akzeptiert.
Sie: Ich entscheide gerade anders herum. Als Sportlerin finde ich meinen Körper zwar wichtig, aber ich erlebe gerade einen Fall von Demenz im Bekanntenkreis, das ist brutal.
7. Hast Du eine geheime Ahnung davon, wie Du sterben wirst?
Er: Nein, gar nicht.
Sie: Ich würde am liebsten einfach einmal einschlafen. Wenn man sich etwas ganz fest wünscht, geht es vielleicht in Erfüllung.
8. Nenne drei Dinge, die Du und Dein Gegenüber gemeinsam haben.
Er: Sicher der Sport. Du natürlich auf einem anderen Level als ich. Dann stehen wir beide in der Öffentlichkeit. Und wir sind jetzt hier und machen dieses Experiment.
Sie: Aber ich denke, wir sind auch beide nicht oberflächlich. Zumindest habe ich dieses Gefühl. Ich spüre einen gewissen Tiefgang.
9. Wofür in Deinem Leben bist Du am meisten dankbar?
Er: Dass ich in der Schweiz aufwachsen durfte und beide Eltern leben, auch wenn sie schon lange geschieden sind. Für die Sicherheit in diesem Land. Und für meine Gesundheit.
Sie: Ich bin dankbar für meine tolle Familie. Wir halten zusammen, sind ein Team. Und ja, hier in der Schweiz mit Luxus und Wohlstand aufzuwachsen, war ein Privileg. Ich schätze das sehr.
10. Wenn Du etwas an Deiner Erziehung ändern könntest, was wäre das?
Er: Ja, meine Eltern haben das gut gemacht. Ich wünschte aber, ich wäre mehrsprachig aufgewachsen.
Sie: Eine schwierige Frage. Ich hatte eine tolle Kindheit.
11. Nimm Dir vier Minuten Zeit und erzähle Deinem Gegenüber Deine Lebensgeschichte so detailgetreu wie möglich.
Er: Vier Minuten? Ich könnte da reden und reden und reden, da sind wir morgen noch dran. In diesem Jahr werde ich 30 Jahre alt, ich bin geboren in der Schweiz, hatte eine super Kindheit. Erst wohnten wir in Wien. Als meine Eltern sich trennten - da war ich sechs Jahre alt - kam ich mit meiner Mutter und meinen Brüdern zurück in die Schweiz. Wir haben im Emmental Fuss gefasst, wo meine Mutter her kommt. Die neue Partnerschaft meiner Mutter ging ebenfalls in die Brüche. Dann lernte ich Zimmermann, habe auf dem Beruf gearbeitet, ging auf Reisen. Dann habe ich Fitnesstrainer gelernt, machte bei der Mister-Schweiz-Wahl mit, begann zu Modeln und Theater zu spielen. Ich habe auch versucht, in Amerika als Model durchzustarten. Meine Arbeit konzentrierte sich bislang jedoch auf Europa und die Schweiz. Letztes Jahr war ich der Bachelor und jetzt beantworte ich diesen Fragebogen.
Sie: Ich werde dieses Jahr 29, bin mit drei Geschwistern aufgewachsen und hatte eine wunderschöne Kindheit. Ich habe die Sekundarschule und das KV gemacht und neben bei immer Sport. 2007 habe ich den Durchbruch geschafft und war erstmals international unterwegs. Es folgten die Olympischen Spiele in Peking. Daneben arbeitete ich immer zu 100 Prozent. Dann machte ich die Spitzensport-RS im Militär, den WK absolviere ich in Trainingsblöcken. Sportlich wars turbulent. Ich fiel hin, stand wieder auf. Hatte Tiefen und Höhen. Heute arbeite ich zu 60 Prozent bei einem Kunstsammler. Ich bin happy, darf ich ins Kunstbusiness reinschauen, obwohl ich nur die Buchhaltung mache. Aber der Sport ist das Zentrum meines Lebens.
12. Wenn Du morgen mit einer neuen Fähigkeit oder Eigenschaft aufwachen könntest, was wäre das für eine?
Er: Mein negatives Los ist meine Ungeduld. Die wünschte ich mir weg.
Sie: Bei mir gibt es drei: Gedankenlesen, Fliegen und hundert Prozent der Kapazität meines Hirns voll ausnutzen können.
13. Wenn eine Kristallkugel die Wahrheit über Dich, Dein Leben, die Zukunft oder irgendetwas anderes offenbaren könnte, was würdest Du wissen wollen?
Er: Von der Zukunft möchte ich nichts wissen. Aber von der Vergangenheit. Erkläre mir den Urknall, unsere Herkunft!
Sie: Das ist ja interessant! Ich mache mir nie Sorgen um die Zukunft, sondern sehe sie als Überraschungspaket.
14. Träumst Du schon lange von etwas Bestimmtem, das Du gerne machen wolltest, aber nie gemacht hast? Warum hast Du es noch nicht getan?
Er: Ich träume davon, auszubrechen. Zu Berndeutsch: Eifach uf aues schiisse. Meine Siebensachen packen und um die Welt reisen.
Sie: Du nimmst mir ja schon wieder die Antwort vorweg. Ich reise so gerne, aber das lässt sich nicht immer vereinbaren mit dem Sport.
Er: Uns Schweizern fehlt die Leichtigkeit, alles stehen und liegen zu lassen. Wir suchen immer die Sicherheit.
Sie: Ich bin im Fall nicht so! Mein Ziel sind die Olympischen Spiele 2016 in Rio. Danach steht mir die Welt offen. Ich will einfach mein Gepäck nach Hause enden und weiterreisen.
15. Was ist die grösste Errungenschaft Deines Lebens?
Er: Das bin ich selber. Mein menschliches Dasein, mein Mich-selbst-finden und meine Weiterentwicklung.
Sie: Meine Antwort lautet genau gleich. Ich bin auf gewisse Eigenschaften extrem stolz. Ich habe keine Toleranz für Leute, die immer nur jammern. In meinen Augen hat jeder sein Schicksal selber in der Hand. Deswegen habe ich auch schon ein paar mal mein Leben komplett auf den Kopf gestellt und von vorne angefangen. Es gelingt mir immer wieder, mich zu entwickeln.
Er: Wow!
16. Was ist Dir an einer Freundschaft am wichtigsten?
Er: Ehrlichkeit und in schwierigen Momenten für einander da zu sein. Ohne, dass es dazu Worte braucht.
Sie: Für mich auch. Man soll immer für einander da sein. Auch wenn man zehntausend Kilometer entfernt ist von einander, soll man wissen: Da ist jemand, der mich versteht und mich so nimmt, wie ich bin.
17. Was ist Deine wertvollste Erinnerung?
Sie: Meine Grosseltern. Auch jetzt noch, wenn wir in der Familie zusammensitzen reden wir oft über sie und lachen über die alten Geschichten. Das finde ich sehr schön.
Er: Meine schönste Erinnerung ist meine Kindheit. Das Zusammensein mit Eltern, Freunden und Grosseltern - das ist ja alles noch nicht lange her, ich bin erst bald 30.
18. Was ist Deine schrecklichste Erinnerung?
Sie: Die Hiobsbotschaft wenn jemand stirbt. Das ist das schlimmste. Wir haben ja keine anderen Probleme hier in der Schweiz. Alles ist mit Geld zu lösen.
Er: Der Tod meines Grosis und die Scheidung meiner Eltern haben mich geprägt. Bei der Scheidung war ich sechs Jahre alt und mein Grosi ist 2011 gestorben, sie war wie ein zweites Mami für mich.
19. Wenn Du wüsstest, dass Du in einem Jahr plötzlich sterben würdest, würdest Du etwas an Deinem Leben ändern? Warum?
Sie: Von meiner Einstellung her würde ich mir sowieso treu blieben. Aber ich würde das Leben vielleicht noch etwas mehr geniessen und mir gewisse Träume und Wünsche erfüllen. Und wenn ich wirklich müsste, würde ich für die Verbliebenen einen Plan schmieden, damit sie mich humorvoll in Erinnerung halten können.
Er: Ich würde alles komplett umkrempeln. Ich würde alles machen, was ich noch nicht getan habe. Richtig Vollgas geben! Und all mein Hab und Gut verschenken, dass ich am Todestag nur noch in den Unterhosen da stehe. Weil, mitnehmen kannst du sowieso nichts.
20. Was bedeutet Freundschaft für Dich?
Sie: Ein Freund nimmt mich so, wie ich bin. Mit all meinen Macken. Ein Freund ist jemand, mit dem ich weinen und lachen kann.
Er: Für mich auch. Wenn jemand mich spürt und mich akzeptiert, ist er ein Freund für mich. Wenn er bei mir ist, ohne dass er andauernd Bestätigung braucht. Freundschaft bedeutet auch, dass man ruhig nebeneinander sitzen kann und dennoch Spass hat.
21. Welche Rolle spielen Liebe und Zuneigung in Deinem Leben?
Er: Ich denke, das ist etwas vom Wichtigsten bei mir. Aber es gibt verschiedene Arten davon. Wenn ich in einem Club bin und tanze und ich spüre die Freude und Zuneigung von den Menschen um mich herum, dann ist mir das ebenso wichtig wie Liebe in einer Partnerschaft.
Sie: Das sehe ich auch so. Ohne Liebe und Zuneigung das Leben keinen Sinn. Ich bin sowieso ein total friedlicher Mensch und liebe es, wenn man es gut hat untereinander.
22. Welche fünf positiven Eigenschaften soll Dein Partner haben?
Sie: Eine? Da gibt es sicher zwanzig! Sicher Humor. Das ist für mich extrem wichtig. Ich bin grundsätzlich ein zufriedener Mensch, lache gern und habe das Gaudi. Toleranz ist auch wichtig, ob es nun um den Sport geht oder um sonst etwas. Man geht in einer Partnerschaft zwar Hand in Hand, aber jeder geht eben auch noch seinen eigenen Weg. Treue und Ehrlichkeit sind für mich auch selbstverständlich in einer Partnerschaft. Das sind erst vier, oder?
Er: Macht nichts. Für mich gehts in die gleiche Richtung: Ich wünsche mir eine ehrliche, aufgestellte, respektvolle, loyale und transparente Person. Aber diese Eigenschaften können immer noch ausgeschmückt werden.
23. Wie eng und warm ist das Verhältnis zu Deiner Familie? Findest Du, deine Kindheit war glücklicher als die der meisten anderen?
Er: Mein Verhältnis zu meiner Familie ist sehr eng, ich hatte eine wunderschöne Kindheit. Die beste für mich! Es gibt viele Kinder, die ohne Eltern oder in einem Kriegsgebiet aufwachsen - da war ich schon privilegiert.
Sie: Meine Geschwister sind meine besten Kumpels. Wenn ich irgendwie morgens um fünf ein Problem habe, kann ich anrufen und sie sind da für mich. Das finde ich sehr schön.
24. Wie ist die Beziehung zu Deiner Mutter?
Er: Zum meinem Mami ist sie sehr eng. Das war schon immer so und wird so bleiben.
Sie: Ich habs mit meiner Mutter ebenfalls gut. Aber es ist halt turbulent, wenn zwei Weiber aufeinander treffen. Entweder streiten wir, oder wir sind beste Freundinnen.
Er: Bist du eher ein Papi-Mädchen?
Sie: Nein, nicht unbedingt. Die Bindung zur Mutter ist halt etwas ganz Spezielles. Sie ist unantastbar, wie eine Partnerschaft. Manchmal fliegen die Fetzen, dann gehen wir wieder stundenlang käfelen. Das ist glaubs ganz normal.
25. Macht je drei «Wir»-Aussagen. Zum Beispiel: «Wir sind beide in diesem Raum, weil wir…»
Er: Wir sind beide in diesem Raum, weil wir ein Experiment ausprobieren wollen, wir sind sicher sehr offene Menschen, sonst wären wir nicht hier. Und wir sind sicher auch spontan.
Sie: Das sehe ich genauso. Sonst wäre diese Situation gar nicht zustande gekommen.
26. Vervollständige diesen Satz: «Ich wünschte, ich hätte jemanden, mit dem ich gemeinsam...»
Sie: ...alt werden könnte.
Er: Das ist sehr schön. Ich wünschte, ich hätte jemanden, der mit mir zusammen ausbricht aus dem Leben.
Sie: Also, wenn es klappt mit Rio nächstes Jahr, sagen wir mal Anfang September, ab da bin ich flexibel.
Er: Ok, ich auch!
27. Wenn Ihr enge Freunde werden würdet, was müsste sie/er wissen?
Er: Du müsstest von mir alles wissen. Du weisst zwar schon recht viel jetzt, aber ich will dir jetzt nicht gleich das Tablett offen hinhalten, mit all den feinen Sachen, die ich drauf habe.
Sie: Ich bin total zufrieden und lustig, bin aber in Diskussionen auch ein sturer Bock. Widder von Sternzeichen. Aber ich bin schon milder geworden. Mit mir kann man Pferde stehlen. Ich mag Abenteuer, mag aber auch das andere Extrem: Einfach mal zu Hause sein und ein Buch lesen. Was viele nicht von mir denken würden.
28. Erzähl Deinem Gegenüber, was Du an ihm magst; sei sehr ehrlich. Sag Dinge, die Du sonst nicht jemandem sagen würdest, den Du gerade kennen gelernt hast.
Er: Das sind Fragen, du. Unglaublich.
Sie: Bist du überfordert?
Er: Nein, nein. Ich mag es, dass du etwas sehr liebes ausstrahlst. Das ist sehr schön.
Sie: Mich erstaunt, dass du offen bist gegenüber jemandem, den du nicht kennst. Soll ich noch mehr sagen?
Er: Nein ist schon gut.
Sie: Du willst es gar nicht hören?
Er: Doch, nein... also doch.
Sie: Du bist verlegen! Schön, diese Seite von dir kennenzulernen. Nächste Frage!
29. Erzähl Deinem Gegenüber von einem peinlichen Moment in Deinem Leben.
Er: Ich hatte mal ein Date in Mexiko. Die Frau hatte eine eiineiige Zwillingsschwester und kam dazu, als ich gerade mit dieser flirtete, weil ich nicht merkte, dass es die falsche war.
Sie: Peinliche Momente gehören be mir dazu. Einmal wollte einer mit mir tanzen und ich merkte nicht, dass das der schnellste Mann der Welt war, und alle um mich herum haben es geschnallt, nur ich nicht.
30. Wann hast Du das letzte Mal vor jemandem geweint? Und allein?
Er: In der Bachelor-Zeit habe ich zuletzt vor jemandem geweint. Und allein beim Film: «Die Kinder des Monsieur Mathieu». Da habe ich Tränen vergossen, weil mich das Schicksal des kleinen Jungen so sehr berührte.
Sie: Ich lebe mit meiner besten Freundin zusammen, wir haben eine WG und sie ist für mich genau der Mensch, den ich vorhin als Freund beschreiben habe. Ich bin ein harter Cheib, bei ihr kann ich aber auch weich sein. Vor ihr habe ich schon oft geweint. Und für mich allein erst kürzlich, als ich in der Zeitung einen Bericht über ein gequältes Tier las.
31. Erzähl Deinem Gegenüber etwas, was Du jetzt schon an ihm magst.
Er: Ich beginne! Deine Offenheit. Wie du redest kommt nicht gespielt rüber. Das gefällt mir. Und dass du eine Draufgängerin bist.
Sie: Ich glaube, auch du sprichst aus dem Herzen. Und ich hoffe, ich täusche mich nicht.
Er: Oh und noch etwas Äusserliches. Deine blauen Augen sind wow!
Sie: Dein Blick ebenfalls. Ich mag es, wie du fokussierst und nicht ständig herumschaust.
Er: Das gelingt mir nicht immer.
Sie: Spricht das für mich?
Er: Das spricht für dich.
32. Was ist zu ernst, um darüber Witze zu machen?
Er: Nichts ist zu ernst, um es humorvoll zu beschreiben. Das Wie ist entscheidend.
Sie: Obwohl, wenn man grad die jüngsten Ereignisse in der Welt ansieht, es gibt schon gewisse Themen, bei denen ein Witz wohl nicht gerade angebracht ist.
33. Wenn Du heute Abend sterben würdest, ohne mit jemandem kommunizieren zu können; was würdest Du am meisten bereuen, jemandem nicht gesagt zu haben? Warum hast Du es der Person noch nicht erzählt?
Er: Ich würde meinem Mami sagen, dass ich mega stolz bin auf sie und möchte ihr danken, dass sie alles für uns Buben gegeben hat. Danke, danke, danke! Ich würde das gerne noch einmal sagen, obwohl ich es oft tue.
Sie: So schön. Meinem Vater habe ich glaubs noch nie gesagt: Papi, ich habe dich mega lieb und du bist mein Vorbild. Ich plane das auf heute Abend, dass ich ihm das sage.
Er: Vor einem Flug teile ich immer allen, die ich mag, per SMS mit, dass das so ist.
Sie: Meinen Geschwistern könnt ich das auch wieder mal sagen.
34. Deine Wohnung mit allem drin fängt an zu brennen. Nachdem Du Deine Liebsten und Haustiere gerettet hast, bleibt Dir noch Zeit, um ein einziges Objekt zu retten. Was wäre es? Warum?
Er: Bei mir ist alles ersetzbar. Früher wäre es das Fotoalbum gewesen, heute ist es der Laptop. Dort sind alle Informationen gespeichert, die ich brauche, um mich im Alltag zurechtzufinden. Und alle Bilder.
Sie: Bei mir ist es mein einziges Foto von meinem Grossvater, das ich nach seinem Tod erhalten habe und das nicht digitalisiert ist.
Er: Ich habe alles digitalisiert.
Sie: Ja, das gehört zur heutigen Zeit. Auch wenn ich damit manchmal Mühe habe.
35. Der Tod welches Familienmitglieds wäre für Dich am schlimmsten? Warum?
Er: Ich kann doch nicht auf jemanden fokussieren. Alle zusammen machen den Kuchen ganz. Wenn jemand fehlt, fehlt ein Stück vom Kuchen. Egal wer.
Sie: Da kann ich mich nur anschliessen. Die Familie ist mein Team. Wenn einer fehlt, ists nicht mehr komplett.
36. Erzähl Deinem Gegenüber von einem persönlichen Problem und bitte es um Rat. Frag auch, wie er oder sie Deine Gefühle zu der Situation wahrnimmt.
Sie: Wie würdest du meine Versagensangst lösen?
Er: In welchem Sinn? In einer Freundschaft oder im Sport?
Sie: Allgemein.
Er: Frage dich mal: Gibt es überhaupt Erfolg und Versagen? Denn bei jedem Versagen lernst du dazu. Du solltest aufhören es als Misserfolg zu sehen, sondern es als Entwicklungsschritt annehmen.
Sie: Schön danke! Und du?
Er: Ich habe viele Probleme. Gegen aussen tönt immer alles gut und sieht gut aus. Aber ich habe auch meine Probleme. Ich würde gerne mehr das, was ich sage, auch leben. Mehr die Gelassenheit haben. Ich denke einfach ständig zu viel nach und stehe mir damit selber im Weg. Was rätst du mir?
Sie: Stelle dich dem. Sag der Angst den Kampf an.
Als die letzte Frage beantwortet ist, müssen sie sich noch vier Minuten in die Augen schauen. Ein paar Gäste drehen sich irritiert nach dem Paar um, das mitten im Raum sitzt und sich anstarrt, als hätte der verloren, der zuerst lacht. Dann kichern beide gleichzeitig los. Ist hier nun Liebe entstanden? Ein emotionaler Moment auf jeden Fall, sagt Rafael. «Es ist eine Art Glücksgefühl», bestätigt Linda. «Ich muss sagen, dieses Experiment verblüfft mich.» Und was nicht ist, kann ja noch werden.
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