Er ist der Maestro, der King – ein Sportler der Superlative. Grand-Slam-Rekordsieger, die langjährige Nummer Eins des Tennis. Doch Roger Federer, 37, wurde nicht als King Roger geboren, sondern musste erst zu diesem werden. Und sich dabei ganz schön die Hände schmutzig machen.
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Eigentlich kein Abenteurer
Roger Federer war im Sommer unterwegs mit Bear Grylls, einem Abenteurer und Dokumentarfilmer. Federer hat sich in der Sendung «Running Wild with Bear Grylls», die diese Woche ausgestrahlt wurde, gemeinsam mit dem Moderator auf einen abenteuerlichen Tag eingelassen. Hat in Cröt im Graubünden gefrorene Wasserfälle bezwungen, mit Rackets unter den Füssen zugeschneite Seen überquert und sich eine Steilwand emporgekämpft, die der Eiger-Nordwand Konkurrenz macht.
Dabei hat Federer seinem Kletter-Kollegen so einiges verraten – zum Beispiel, dass er eigentlich ein ganz schön ängstlicher Kerl ist. «Ich bin kein Fan des Nervenkitzels in der Natur. Mein Nervenkitzel ist es, grosse Matches zu spielen, den Druck zu spüren.» Das Adrenalin und die Gefahr möge er nur auf dem Platz. Trotzdem habe der Schweizer die Wildnis gern, gehe mit seinen Kindern wandern.
Mein erstes Turnier habe ich mit acht Jahren gespielt. Ich habe es 6-0, 6-0 verloren
Als er selber noch Kind war, sei Federer abenteuerlich gewesen und habe damals das Tennis bereits gemocht. «Mein erstes Turnier habe ich mit acht Jahren gespielt. Ich habe es 6-0, 6-0 verloren. Natürlich der einzige Match, den ich je verloren habe», schmunzelt der Baselbieter.
Das Temperament brachte ihn zum Griff ins Klo
Damals sei er aber noch gar nicht cool gewesen, sondern sehr hitzköpfig. «Einmal war ich im nationalen Tenniscenter, in dem es eine neue Einrichtung gab. Ich hatte gerade die Hälfte des Trainings absolviert, da habe ich eine weitere Vorhand verpasst. Ich habe das Racket weggeworfen. Es ist wie ein Messer ans andere Ende der Halle geflogen.» Dann habe es «Boom» gemacht. «Jeder hat mich angeschaut, die Trainer meinten nur: ‹Verschwinde vom Platz!› Ja, und dann habe ich für eine Woche WCs geputzt und das Trainingscenter sauber gehalten. Damals war ich 16.»
In seiner Karriere habe er auch einige Verluste hinnehmen müssen. «Ich wollte immer das Bestmögliche machen. Es war beinahe ein Streben nach Perfektion, ein bisschen zu viel.» Von einem Tag auf den anderen habe er sich dafür entschieden, ein Mann zu sein. «Es dauerte zwei Jahre, um das Feuer – den Wunsch, zu gewinnen – und das Eis – die Coolness, mit Verlusten umzugehen – zu finden.» Dann sei es mit seiner Karriere steil bergauf gegangen.
«Es war ein Märchensommer»
Trotz seiner beneidenswerten Form im Alter von 37 Jahren will Roger es gemütlich angehen: «Ich will es nicht übertreiben mit dem Tennis in dieser Phase meiner Karriere. Ich will die Zeit mit meiner Familie geniessen.» Dazu gehört seit vielen Jahren Ehefrau Mirka, 40. «Wir haben uns beim Tennis kennengelernt. Sie hat zu mir rübergeschaut und sich wohl gefragt, wer dieser Dummkopf ist, der mit Rackets um sich schmeisst.» Dann hätten die beiden zwei Wochen miteinander rumgehangen: «Anschliessend haben wir uns angefangen zu daten – jetzt sind wir verheiratet und haben vier Kinder.» Mirka sei sein Rückgrat. «Als ich sie getroffen habe, hatte ich null Titel, sie hat die ganze Reise mit mir gemacht. Ich bin unglaublich dankbar, sie kennengelernt zu haben.»
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2009 kamen die gemeinsamen Zwillingsmädchen Charlene Riva und Myla Rose zur Welt. Als er erfahren hat, dass Mirka Zwillinge erwartet, war das für Federer eines: «Sehr emotional, sehr schön.» Und als die Mädchen dann zur Welt kamen, «war das eine Verlängerung des Sommers. Ich hatte gerade zum ersten Mal die French Open gewonnen, habe den Allzeit-Grand-Slam-Rekord in Wimbledon gebrochen, und dann kamen noch die Mädchen zur Welt. Es war ein Märchensommer.»
In unserer Welt ist nichts mehr normal
Fünf Jahre später brachte Mirka Federer ein zweites Mal Zwillinge zur Welt: Leo und Lennart «Lenny». Federer schmunzelt: «Es musste einfach so sein. In unserer Welt ist nichts mehr normal.» Dennoch war die erneute Zwillings-Schwangerschaft «ein weiterer Schock».
Fehler sind erlaubt
Federer ist ein Typ, der nie aufgibt: Selbst als er im Australian-Open-Final 2017 gegen Rafael Nadal im fünften Satz 3-2 zurücklag, blieb er positiv. «Irgendwie brachte ich es fertig, den Match zu drehen. Wahrscheinlich war das einer der schönsten Gewinne meiner Karriere. Ich habe bis ins Alter von 35 Jahren damit gewartet – und bin immer noch auf Wolke sieben.» Er verfolgt ein Motto: «Alles ist möglich, wenn du daran glaubst, wenn du hart dafür arbeitest. Es ist absolut okay, zwischendurch zu versagen. Denn du wirst nur die Dinge bereuen, die du in deinem Leben nicht getan hast.»
Das gibt er auch seinen Kindern mit. «Ich rate ihnen stets: ‹Verfolgt eure Träume. Seid respektvoll und tolerant. Macht Fehler, das ist okay. Versucht euer Bestes, egal was es ist. Gebt nicht immer gleich auf, versucht es weiter. Und selbst wenn ihr es nicht schafft, könnt ihr ohne Bedauern darauf zurückschauen.›»