Es ist ein Herbsttag im Oktober 1987, als beim Tennisturnier von Filderstadt (D) ein Mädchen vor dem Aufenthaltsraum von Tennislegende Martina Navratilova wartet, um ihr Idol persönlich kennenzulernen.
Die Kleine heisst Miroslava Vavrinec. Alle rufen sie Mirka. Und Mirka wartet auf Martina. Deren Bodyguards wollen die Neunjährige nicht durchlassen. Bis ihr Vater Miro Ohrringe auspackt. Der Goldschmied hat sie für Navratilova als Geburtstagsgeschenk gefertigt. Einer der Bodyguards ist beeindruckt, er lässt Vater und Tochter durch.
Mirkas grosser Moment. «Die Navratilova kam sofort auf mich zu und wollte wissen, ob ich Tennis spiele», erinnert sich Mirka, die damals aber noch nie einen Tennisschläger in der Hand gehabt hatte. «Nein? Dann müsse ich schleunigst damit beginnen, denn ich sei sehr gut gebaut und habe sicher Talent.» Dann fragt Navratilova, wo Mirka wohne, greift zum Telefon und arrangiert die erste Tennislektion für das junge Mädchen aus Kreuzlingen TG – bei dem in Zürich lebenden tschechoslowakischen Landsmann Jiri Granat. Einfach so. Einfach, weil ihr die Kleine auf Anhieb gefiel.
Auch Roger Federer gefällt Mirka auf Anhieb. Bei Olympia 2000 in Sydney teilen sie sich mit seinem Trainer, vier Ringern und Mirkas Tenniskollegin Emmanuelle Gagliardi ein Zimmer. Federer: «Der Startschuss unserer Liebesgeschichte.» Mirka bekommt zunächst nicht mit, dass Roger Interesse an ihr hat. «Ich merkte gar nicht, dass er ein wenig attackiert. Ich dachte, dass er ein lustiger Kerl ist, kein Langweiler, das gefiel mir.»
Aus der Schweiz hat sie ihn anders in Erinnerung: «Er machte unglaublich viel Lärm und sang Lieder der Backstreet Boys.» In Australien aber lernt Mirka Roger lieben. «Wenn das hier vorbei ist, werde ich die stärksten Bauchmuskeln der Welt haben, so sehr muss ich dauernd wegen Roger lachen.»
Beim ersten Kuss sagt sie zu ihm: «Du bist so jung. Fast noch ein Baby.» Federer ist zu der Zeit, wie sie selbst, nur ein Talent. Kein Champ. Kein Tenniskönig. Kein Millionär. «Es ist kein Zufall, dass er nie ein Turnier gewann, bevor sie sich kennenlernten», sagt Federers Manager Tony Godsick. «Und schauen Sie, wo er jetzt ist.»
Mirka opfert alles für Roger – auch ihre Tenniskarriere. «Sie war schon bei mir, als ich noch keinen Titel hatte, und sie ist 89 Titel später immer noch da», sagt Roger vor einem Jahr in Australien. «Sie spielt eine wichtige Rolle für mich – sie weiss es, ich weiss es, alle wissen es. Ich bin einfach glücklich, dass sie meine Frau und meine erste Supporterin ist und mir stets die Wahrheit sagt.»
Voll des Lobes ist auch Schwiegermutter Lynette Federer, 67: «Mirka sorgt für Harmonie, sie hat Geduld, Ausdauer, ist dezidiert und zielstrebig und rund um die Uhr für ihren Schatz da. Ich bin glücklich, dass sie Teil unserer Familie ist.»
Mirka ist die Chefin im Hause Federer. Das bestätigt ihr Mann einmal im Blitzinterview auf dem Centre-Court. Unvermittelt gefragt, ob seine Frau denn der Boss in der Familie sei, antwortet er grinsend: «Ein bisschen schon.» Mirka ist der Motor hinter dem Star. Sie ist Rogers Ass. Die Frau, die sein Leben organisiert. «Darum beschütze ich sie vor den Medien. Ich rede für beide.»
Dabei kann sie so erfrischend sein in Interviews – wie im Sommer 2005 im Aorangi Park in Wimbledon. Federer besitzt da bereits vier Grand-Slam-Pokale, und Freundin Mirka schwärmt von 150 000 Franken teuren Fotoshootings für «Vogue»: «Mit Assistenten, die die Socken richten. Unglaublich.» Mirka spricht über ihren «Rotschi», der «in gesundem Masse eitel ist», über die Zeit, «die ich stehlen muss, um ihn zum Coiffeur zu schleppen». Erzählt, dass sie im Haus kocht und dafür 27 Kilo Essen mitgenommen hat. «Suppe, Salatsauce, Schoggi, Guetsli, Aromat.»
Mirka bleibt bescheiden. Auch als ihr Roger vom Tennisstar zum globalen Helden aufsteigt. Die Königin an der Seite des Tenniskönigs ist nie abgehoben. Anna Wintour, legendäre Chefin der Mode-Bibel «Vogue», erinnert sich an einen Ausflug mit Mirka ins Mode-Mekka Mailand, der ihr ewig in Erinnerung bleiben wird: «Ich stellte ihr all die bekannten Designer vor. Und Mirka, die schon die Queen traf, war sehr bescheiden. Aber was mich wirklich beeindruckte? Am Abend kannte sie nicht nur die Vornamen der Designer, sondern behielt auch den unseres Fahrers im Kopf.»
Mirka kanns einfach. Sie kann ihren Mann motivieren. Sie kann aber genauso gut kleine Filzbälle fangen oder grosse Karossen steuern. In Wimbledon fängt sie einmal mit Leichtigkeit einen ins Publikum fliegenden Tennisball mit ihrer Hand – in Basel zirkelt sie die riesige Mercedes-GL-Geländewagen-Familienkutsche mühelos durch verstopfte Gassen. Mirka ist nie zu unterschätzen. Was sagte sie doch einst? «Meine Zeit kommt noch. Nach dem Tennis. Das haben wir so abgemacht.»