Kräftig zieht Xeno Müller, 45, an den Rudern. Er steuert sein schneeweisses Skiff gekonnt durch die Küstengewässer des Stillen Ozeans vor seinem Wohnort Costa Mesa, knapp 50 Kilometer südlich von Los Angeles, Kalifornien. «Wenn immer möglich gehe ich jeden Tag aufs Wasser», sagt der Olympiasieger von 1996 und Gewinner der Silbermedaille 2000. «Ich trainiere hier unseren Nachwuchs und betreue Teams in aller Welt via Skype am Computer. Es ist ein Privileg, so lang und eng mit meiner ganz grossen Leidenschaft Rudern verbunden zu sein.»
Jetzt ist das Zürcher Sportidol zurück bei sich zu Hause bei seiner Familie. «Meine Frau und meine Kinder sind mein Ein und Alles», sagt der liebevolle Familienvater, der schon bei seiner Hochzeit mit Erin, 45, vor 22 Jahren sagte: «Wir möchten vier Kinder, ein Mädchen und drei Buben.» Voilà, hier sind sie: Digital-Künstlerin Giorgia, 20, Gitarrist Xeno junior, 19, Chor-Sänger Christopher, 16, und Viertklässler Reid, 9. Xenos Miene wird ernst: «Im Moment sind sie alle etwas besorgt. Wegen des Eingriffs an meinem Herzen.»
Einstiger Gegenspieler Waddell beruhigt Müller
Seit geraumer Zeit leidet er unter Herzrhythmusstörungen. «Ausgelöst werden diese von Nerven ganz nahe dem Herzen. So haben es meine Ärzte diagnostiziert», sagt Xeno Müller. «Ein Eingriff wird nötig.» Heute Freitag begibt er sich in ein 15 Minuten von zu Hause gelegenes Spital: «Es ist ein Routine-Eingriff unter Vollnarkose, den mein Arzt schon über 3000-mal vorgenommen hat.»
Es ist keine Operation am offenen Herzen. «Man operiert mit am Bein eingeführten Sonden.» Ziel sei es, alle Nerven, welche die Störungen auslösen, einzufrieren. «Viele Spitzensportler haben das», sagt Müller. «Das kommt vom Ausdauertraining.»
Rob Waddell, 43, habe den gleichen Eingriff kürzlich auch machen müssen, fügt Müller an: «Er hat es mir empfohlen.» Der Neuseeländer Rob Waddell war an Olympia 2000 in Sydney der grosse Gegenspieler des Schweizers. Müller verteidigte im Skiff-Final seinen Gold-Titel. Er führt nach 1500 Metern, bis dahin hat ihn auf den letzten 500 Metern noch nie einer geschlagen. Die Schweizer Fans auf der Tribüne und Hans Jucker am TV jubeln schon. Leider zu früh: Rob Waddell überholt Xeno Müller und holt vor ihm Gold.
«Mein Xeno ist bärenstark!»
Xeno Müller pflegt mit Rob noch immer regen Kontakt. «Kinder, macht euch keine Sorgen», sagt der Gold-Ruderer. Und lächelt: «Rob hat mich beruhigt, alles kommt gut!» Auch Erin Müller, seine Gattin, ermutigt: «Mein Xeno ist stark, bärenstark! Er wird das reibungslos überstehen.» Herzlich umarmen sich die beiden.
Xeno Müller ist ein stolzer Vater. Und immer noch ein stolzer Schweizer. «Unsere Kids haben kürzlich den roten Pass erhalten», erzählt er. Und blickt freudig in die Zukunft: «Nächstes Jahr kommen wir alle wieder zu Besuch in die Schweiz.»