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Nadja Schildknecht

Sie holt Hollywood nach Zürich

Stars. Stress. Schokolade. Vor acht Jahren hat Nadja Schildknecht, 39, das Zurich Film Festival mitbegründet. Heute gehört das «Fest fürs Kino» bereits in die Agenda der ganz Grossen aus Hollywood. «Das sorgt für Kribbeln im Bauch.»

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«Schweizer Illustrierte»: Frau Schildknecht, am 20. September geht das 8. Zurich Film Festival los. Wofür fehlt Ihnen im Moment die Zeit?
Nadja Schildknecht: Für alles! Es läuft gut, aber es gibt noch viel zu tun. Meine Freunde wissen, dass bei mir die Phase sehr intensiv ist und ich nichts mehr unternehme bis nach dem Festival. Dieses Jahr kommt unter anderem Schauspieler Richard Gere.

Wie holen Sie einen solchen Star nach Zürich?
Der Film «Arbitrage», in dem er die Hauptrolle spielt, kommt bald in die Kinos. Für die Promotion geht der Cast auf Tour. Es ist eine grosse Ehre, dass wir darin berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass wir international immer mehr Anerkennung finden.

Wieso ist der internationale Ruf wichtig?
Die Filme kosten viel Geld, und somit muss man das Vertrauen in der Branche gewinnen. Vor allem mein Geschäftspartner Karl Spoerri pflegt in diesem Bereich das Beziehungsnetz intensiv. Zum Glück spricht es sich herum, dass das Zurich Film Festival eine Reise wert ist. Nur so erhalten wir die besten Filme.

Kann man die Stars nicht einfach einkaufen?
Das würde uns nur schaden. Zudem hätten wir auch das Geld nicht. Im Verhältnis zu anderen grossen Filmfestivals haben wir ein kleines Budget, und so muss ich doppelt die Investitionen überdenken. Im Fall von Richard Gere haben wir den Film eingeladen und versucht, über den Filmverleih auch den Cast für uns zu gewinnen, mit Erfolg.

Sie haben keine Favoriten-Liste von Schauspielern?
Natürlich, die Liste ist lang, es gibt viele wunderbare Schauspieler und Schauspielerinnen.

Ihr Ehrengast Regisseur Roman Polanski wurde 2009 auf dem Weg ans Zurich Film Festival verhaftet. Wie war das?
Sehr intensiv, denn die ganze Welt will plötzlich etwas von einem. Das kann man nicht beschreiben, und wir waren nicht vorbereitet auf so einen Krisenfall. Nun ist es vorbei. Roman Polanski hat sogar den Award vergangenes Jahr persönlich abgeholt.

Aber prüfen Sie nun genauer, wen Sie einladen?
Nein. Es war weder unser Fehler, noch sind wir verpflichtet, für andere Leute Verantwortung zu übernehmen.

Was hat sich seit Beginn verändert?
Alles. Ich lerne jeden Tag dazu. Wir begannen mit nichts als einem Tisch und einem Telefon. Jetzt führen wir eine Firma, die jedes Jahr grosse Aufgaben zu meistern hat. Strukturell, finanziell, personell. Wir beschäftigen 12 Mitarbeiter, drei Monate vor dem Festival kommen 40 weitere dazu und kurz vor Beginn helfen 280 Volontäre für das Gelingen. Ein Unternehmen zu leiten, sich weiterzuentwickeln und ein immer grösseres Budget zu verwalten, das ist herausfordernd.

Wächst Ihnen die Aufgabe auch mal über den Kopf?
Sicher gibt es Zeiten, da wird es fast zu viel, weil der Druck enorm ist. Das heisst nicht, dass ich die Fassung verliere oder aufhören möchte. Ich entwickle dann eher Kampfgeist und sage: «Das ziehe ich durch!» Wichtig ist, dass man mit den Grenzsituationen umgehen kann, Leute hat, bei welchen man die Energie wieder auftanken kann.

Wie erholen Sie sich denn vom Stress?
Bei meiner Familie. Zu Hause ist mein Ruhepol. Zwar möchte mein vierjähriger Sohn auch Rambazamba haben, was ich gerne mitmache, aber Leon weiss, dass es gewisse Momente gibt, in denen Mami auch müde sein kann. Oftmals ist er in dieser Jahreszeit auch schon im Bett, wenn ich nach Hause komme. Aber er kriecht jede Nacht zu mir, was ich liebe.

Dieses Jahr führen Sie erstmals auch Kinderfilme im Programm. Weshalb?
Wer selbst Kinder hat, merkt, dass viele Familien Kinderfilme mögen. Sie sind sehr gut besucht. Diejenigen, die wir zeigen, sind ab sechs, acht Jahren und keine typischen Pixar-Filme. «Modry tygr» wird zum Beispiel live vor Ort eingesprochen. Das muss man mal ausprobieren.

Worauf achten Sie als Mutter bei Filmen?
Bei Leon ist noch das «Sandmännchen» oder «Lars der Eisbär» angesagt. Zu viel Fernsehen ist nicht gut, und wenn Filme schauen, dann in ein paar Jahren ab und zu im Kino.

Welche Filme haben Ihr Leben geprägt?
Der erste grosse war «Amadeus» – Regisseur Milos Forman war bereits hier. Wenn wir schon John Travolta bald begrüssen, will ich natürlich «Pulp Fiction» nennen. Auch «Pretty Woman» hat mich fasziniert in meinen Jugendjahren oder «Traffic» und «Short Cuts».

Was bedeutet es für Sie, dass genau Richard Gere oder John Travolta aus Ihren Lieblingsfilmen erscheinen?
Zufall, und es ist natürlich toll. Es steht für mich aber nicht im Vordergrund. Mir ist wichtiger, dass alles gut läuft.

Aber Herr Gere, Ihr Schwarm von damals!
(Lacht.) Dafür habe ich doch keine Zeit! Wer in diesem Geschäft tätig ist, findet es spannend, aber das ist auch alles.

Welcher Star hat Sie dennoch beeindruckt?
Regisseur Oliver Stone beehrt uns zum dritten Mal, das ist schön. Er war der erste richtige Star, den wir am Festival hatten. Damals verfügten wir noch über mehr Zeit, und Karl Spoerri und ich gingen mit dem Ehepaar Stone auf die Halbinsel Au picknicken. Das hat er sehr geschätzt, es war ein tolles Erlebnis.

Sind die Hollywood-Stars schwierig?
Ja, es gibt sehr anspruchsvolle. Unser Gästemanagement wird oft gefordert.

Sonderwünsche?
Gibts immer wieder. Aber die Persönlichkeiten schenken uns auch ihr Vertrauen, also möchten wir mit solchen Wünschen auch respektvoll und diskret umgehen.

Sie können auch keine Namen nennen …
Nein, das gehört sich nicht. 

Was bereitet Ihnen jetzt kurz vor dem Festival Bauchschmerzen?
Wo soll ich anfangen? (Lacht). Mir ist wichtig, dass die Organisation gut läuft, die Besucher sich amüsieren und zahlreich kommen, die geladenen Persönlichkeiten mit einem Lächeln heimreisen, die Sponsoren begeistert sind. Und das Wetter! Es darf nicht zu heiss sein, nicht stark regnen. Das sorgt alles für ein Kribbeln im Bauch. Schokolade hilft als Nervennahrung!

Von NB am 12. September 2012 - 02:00 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 00:15 Uhr