Tim Guldimann, 67, hat gestern Sonntag seinen Rücktritt zum Ende der Frühlingssession 2018 bekanntgegeben. Der ehemalige Schweizer Botschafter in Berlin zog 2016 mit einem hervorragenden Resultat für Zürich in den Nationalrat. Dort sah er sich aber nicht nur als Vertreter der Zürcherinnen und Zürcher, sondern vor allem auch der Auslandschweizerinnen und -schweizer. Denn der SP-Mann lebt mit seiner Familie in Berlin. Dieser Umstand war auch ein wichtiger Grund für seinen Rücktritt.
Tram vs. U-Bahn
Es sei für ihn ein Problem gewesen «in einem Milieu zu leben und in einem anderen Milieu Politik zu machen, ohne dort die Menschen zu spüren», wie er in seiner Rücktrittserklärung schreibt. Ganz pointiert: «Im Zürcher Tram ist es nicht wie in der Berliner U-Bahn.» Um diese Distanz zu überwinden, hätte er viel mehr Zeit im Kanton Zürich verbringen müssen.
Politischer Frust
Neben der fehlenden Nähe zu seinem Wahlkreis war auch die familiäre Situation ein Grund für Guldimanns Rücktritt. Er ist mit der deutschen Spiegeljournalistin Christiane Hoffmann, 50, verheiratet. «Meine Frau hat mir für meine diplomatische Karriere den Rücken freigehalten. Warum nicht mal umgekehrt?» Gleichstellung war für den ehemaligen Schweizer Botschafter in Berlin stets ein wichtiges Anliegen, welches er auch in sein Wahlprogramm schrieb. Dabei macht sich ein gewisser politischer Frust bemerkbar: «Mein Versuch, dieses gesellschaftliche Anliegen parteiübergreifend im Rat mit einer Gruppe von Kollegen und Kolleginnen anzugehen, kam nicht zum Tragen.»
Nun will Guldimann das Anliegen der Gleichstellung wenigstens im familiären Kreis durchsetzen. «Unsere beiden Töchter gehen noch zur Schule und meine Frau ist als Journalistin beruflich sehr gefordert.» Der ehemalige Juso-Chef und Zürcher Kantonsrat Fabian Molina, 27, erbt seinen Platz im Nationalrat.