Es ist immer ein bisschen wie Heimkommen. Wenn Tom Lüthi nach Verbier fährt, wohnt er bei seinen Freunden Véronique und Patrick Fellay. Die drei kennen sich seit Jahren. Fellays, die eine Immobilienagentur besitzen, wollten vor Jahren Sponsor von Tom Lüthi werden. «Das war dann aber doch etwas teuer», erinnert sich Patrick mit einem lauten Lachen. So unterstützten sie das damalige Jungtalent halt im Rahmen ihrer Möglichkeiten – genau so wie zu Anfang von Lüthis Karriere die Einwohner und Einwohnerinnen seines Heimatdorfes Linden BE mit kleinen Beträgen die Rolle der Sponsoren übernahmen.
Tom Lüthi ist ein bescheidener Mann
Tom Lüthi, heute 30-jährig, hat die Gabe, die Menschen in seinem Umfeld mit seiner Bescheidenheit, Ernsthaftigkeit und Höflichkeit einzunehmen. Starallüren sind im fremd. Noch immer wirkt er jungenhaft, obwohl er sich seit dem Gewinn des WM-Titels in der 125er-Klasse im Jahr 2005 durchbeissen sowie Verletzungen und Rückschläge verarbeiten musste.
Zuoberst angekommen
Doch jetzt hat er den Gipfel erreicht: Er steigt in die Königsklasse des Motorsports auf und startet ab nächstem Jahr in der MotoGP-Klasse. «Es war nicht immer einfach, aber wenn man etwas wirklich will, muss man dranbleiben und hart an sich arbeiten», sagt er.
«Für uns ist Tom einer von uns»
Dieser Erfolg löst in seinem Wohnort Linden, wo er gerade ein neues Haus bezogen hat, grosse Freude aus: Noch immer werden dort alle Rennen auf Grossleinwand übertragen. Doch eben, nicht nur Linden fiebert mit, auch Verbier. «Wenn Tom ein Rennen hat, ist hier das ganze Dorf aus dem Häuschen», sagt Fellay. «Für uns ist Tom einer von uns – wir haben ihn hier oben ganz einfach adoptiert.» Der so Gelobte schmunzelt. «Ja, das stimmt. Ich habe hier viele Freunde, und es scheint wirklich, als ob das ganze Dorf mit mir mitleidet und mitfeiert.»
In seiner Freizeit trinkt Lüthi gern ein Glas Wein
So haben er und sein heutiges Team Car-Xpert Interwetten Moto2 auch die aktuelle Saison im Pistenrestaurant Le Dahu in La Chaux, Verbier eingeläutet. «Er ist einer von uns», sagt Claude-Alain Besse, Besitzer und Wirt des «Le Dahu». So weiss Besse auch, dass Tom am liebsten zuerst einen Salat und dann die Pizza des Hauses isst und dazu das in Flaschen abgefüllte Quellwasser trinkt. «Und auch ein Glas Wein, wenn er frei hat.»
Man merkt: Tom Lüthi ist in seiner Freizeit sehr oft in Verbier. Kein Wunder: «Bereits als ich Kind war, kamen meine Eltern mit uns hier in die Region 4 Vallées in die Ferien. Wir waren oft in Siviez, das war absolut ideal für uns Kinder. Das Skigebiet der 4 Vallées ist eines der schönsten, und es hat Pisten für wirklich alle Stärkeklassen.»
Lüthi mag Tiefschnee
So ruhig und bedächtig er im Gespräch auch wirkt, zieht er seine Ski an, liebt er wie auf den Rennpisten das Fahren am Limit: «Am liebsten starte ich am Mont Fort in die Freeridepiste Gentianes-Tortin.» Die Piste ist aus gutem Grund nicht präpariert. Kein Ratrac schafft dieses Gefälle.
Auch der Mont Gelé, ebenfalls ein Mekka für sehr gute Freerider, ist ein Lieblingsspot. Der Mont Gelé ist der Gipfel in der Region, von dem aus man eine Aussicht auf die ganze Region der 4 Vallées hat und sieht, wie die Täler durch Lifte und Bergbahnen verbunden sind. Das Panorama vom Mont Fort aus ist ebenso eindrücklich: Wo sonst hat man schon Matterhorn und Montblanc im Blickfeld?
Ein Skilift ist nach ihm benannt
Damit sich auch weniger gute Skifahrer ein bisschen wie Tom Lüthi fühlen können, wurde der neue Lift La Chaux 2 nach ihm benannt. Somit steht er in gleicher Reihe wie James Blunt, der ebenfalls einem Lift seinen Namen gegeben hat. Auch der englische Musikstar ist oft in Verbier, besitzt hier gar ein Chalet und schätzt die Diskretion, die es ihm erlaubt, ungestört einen grossen Teil des Jahres zu verbringen.
Noch kann Tom Lüthi die Ski nicht anschnallen: Die Saison geht bis Mitte November, und er hat zwischen den Rennen jeweils nur ein paar Tage frei. Klar ist, dass er auch keine allzu grossen Risiken eingehen sollte, die zu einer Verletzung führen könnten. «Ja, ich habe Auflagen, aber das Skifahren kann man mir nicht verbieten, ich liebe es zu sehr, es ist eine Riesenleidenschaft von mir», stellt er klar.
Lüthis erste Abfahrt muss warten
Er schätzt, dass ihm sein Manager Daniel M. Epp, der ihn vor mehr als zehn Jahren entdeckt und gefördert hat, viele Arbeiten abnimmt, die Termine koordiniert und mit ihm einen Zeitplan ausarbeitet, der genügend Ruhephasen zulässt. Trotzdem will Patrick Fellay wissen, wann er denn das nächste Mal nach Verbier komme. «Bald schon, nach der Saison sicher auch etwas länger», stellt Tom in Aussicht. Die Saison ist am 12. November mit dem Rennen in Valencia fertig. «Dann werden die Ski montiert!»
Ein Artikel aus «Wallis»