«Schweizer Illustrierte»: Draussen sind 24 Grad und Sie tragen einen dicken Rollkragenpulli…
Toni Garrn: Das wusste ich leider nicht, ich war den ganzen Tag noch nicht draussen! Ich bin heute Morgen früh aus Budapest gekommen und hatte noch nicht einmal Zeit, mich umzuziehen. Das ist mein Wohlfühlpulli, und ich trage nichts darunter.
Sie kommen aus Hamburg, leben aber schon lange in den USA. Wie deutsch sind Sie noch?
Ich bin ziemlich pünktlich und liebe Apfelschorle und Franzbrötchen. Ich esse allerdings kein Fleisch und in Deutschland wird ja viel Wurst und Aufschnitt gegessen. Aber ich fühle mich zu 100 Prozent als Hamburgerin, ich bin schon sehr deutsch!
Und wo fühlen Sie sich zu Hause?
In jedem Hotelzimmer, wenn es Internet hat und ich skypen kann.
Brauchen Sie nicht irgendwo eine Art «Nest»?
Nein, dann hätte ich bloss Heimweh, ich bin ja ständig auf Reisen. So kann man mich irgendwo hinschicken und ich fühle mich daheim.
Stinkt Ihnen die Reiserei manchmal?
Ich kenne es ja nicht anders. Ich reise, komme an, arbeite und fahre wieder weg. Und wenn es sich gerade ergibt, dann besuche ich Familie oder Freunde in der Nähe.
Mit meiner Grösse hätte ich die Knie sonst unter dem Kinn
Was machen Sie so, wenn Sie unterwegs sind?
Es ist meine Freizeit. Ich schaue Serien und skype mit meinen Freunden oder bearbeite meine Mails, das passiert eigentlich immer unterwegs. Ich habe ja kein Büro oder so. Manchmal relaxe ich auch einfach oder schlafe.
Können Sie im Flugzeug schlafen?
Ich muss! Wenn ich von Europa in die USA fliege, muss ich am nächsten Tag meist arbeiten, und dann möchte ich ausgeschlafen sein.
Können Sie wenigstens Business-Class fliegen?
Ja, zum Glück. Ich könnte meinen Job sonst gar nicht machen. Mit meiner Grösse hätte ich die Knie sonst unter dem Kinn.
Untypisch für Ihren Beruf ist Ihr Engagement für benachteiligte Frauen...
Schauen Sie, ich hatte sehr viel Glück in meinem Leben und mir war früh klar, dass ich davon etwas zurückgeben möchte. Ich bin mit meinen Eltern viel gereist und mein Bruder hatte in Kapstadt mit behinderten Kindern gearbeitet. Dort habe ich zum ersten Mal gesehen, was Hilfe bewirken kann. In meiner Welt wird viel Drama und Stress gemacht - das relativiert sich alles, wenn man weiss, wie es in der Welt sonst noch aussieht.
Kommt man da mit der schönen Modewelt nicht ins Hadern?
Doch. Aber es hat mich sogar noch ehrgeiziger gemacht, ich arbeite fast noch lieber. Ich möchte noch erfolgreicher sein und durch meine Bekanntheit noch mehr Menschen zum Spenden animieren.
Könnte das auch was für das Leben nach dem Modeln sein?
Ich werde mich auf jeden Fall weiter engagieren, klar. Ich verfolge Nachrichten und interessiere mich für die grossen Zusammenhänge.
Sie beschäftigen sich mit der grossen Politik?
Ein bisschen. Im Hotel mache immer gleich verschiedene Nachrichtensender an unter anderem auch Al Jazeera. Aber ich möchte mich politisch gar nicht zu sehr exponieren. Ich will Mädchen den Zugang zu Schulen ermöglichen, unabhängig vom politischen Hintergrund.
Ich möchte noch erfolgreicher sein
Sie haben in Deutschland Abitur gemacht. Wollen Sie mal studieren?
Ich habe so viel um die Ohren, so viel Projekte, mir fehlt einfach die Zeit dazu. Ab und zu mache ich Online-Kurse, mehrere Universitäten bieten das an. Da habe ich schon Sprachkurse belegt. Aber eben: Ich habe wenig Zeit.
Werden Sie manchmal unterschätzt?
Das kommt selten vor. Das Klischee vom hübschen Dummerchen ist zum Glück überholt.
Was planen Sie als Model noch?
Das lässt sich schlecht planen. Ich hatte bis jetzt immer Glück und gute Agenten und es hat alles gut geklappt.
Keine Angst, dass irgendwann plötzlich die Buchungen ausbleiben?
Nein, es gibt schon ab und zu freie Zeit, diese Woche zum Beispiel ist sehr ruhig. Aber das ist nicht schlimm. Im Gegenteil. Dann kann ich mich wieder um alles kümmern, was sich angehäuft hat. Und meistens kommen danach wieder ganz viele Anfragen und ich wünschte mir, ich hätte die freie Zeit mehr genossen.
Das Handy ist mein Kontakt zur Aussenwelt
Wie gehen Freunde und Familie damit um, dass Sie ständig unterwegs sind und sich Ihre Termine dauernd ändern?
Die kennen das nicht anders. Das ist so, seit ich 14 bin. Sie sagen immer, dass es schön wäre, wenn ich kommen könnte, aber sie erwarten das nicht von mir. Und ab und zu schaue ich auch spontan vorbei, es ist ja nicht so, dass ich jeden Tag arbeite.
Haben Sie viele gute Freunde?
Nicht unbedingt viele, aber ich habe gute Freude auf der ganzen Welt. Deshalb ist mein Handy auch so wichtig für mich: es ist mein Kontakt zur Aussenwelt, zu meinen Freunden.
Sie wurden mit 13 Jahren entdeckt. Wenn Sie selber mal eine Tochter in dem Alter hätten, was würden Sie ihr raten?
Ich würde natürlich die Agenten ganz genau abchecken und alles ganz genau wissen wollen!
Aber davon abraten würden Sie ihr nicht?
Nein, ich liebe ja meinen Job!