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  4. Viktor Giacobbo und Mike Müller: Ihr Leben im Zirkus-Wohnwagen
Unterwegs mit dem Circus Knie

So leben Giacobbo/Müller im Wohnwagen

Sie sind das Zugpferd des Circus Knie: Giacobbo/Müller sind so unzertrennlich, dass alle fragen, ob sie im selben Wohnwagen schlafen. Bei Mike auf der Couch legen die beiden ihre Beziehung offen. Und ihre Diät. 

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Giacobbo/Müller 2019

Schoggi und Nusstorte: Mike sorgt in seinem Camper dafür, dass Viktor im Zirkus nicht aus dem Leim fällt.

Geri Born

«Nimm zuerst von der Schoggi und dann von der Nusstorte. Damit du Scheppis Fragen parieren kannst.» Mike Müller, 55, steht stolz an seiner neuen Espressomaschine und warnt Viktor Giacobbo, 67, vor SI-Co-Chefredaktor Werner De Schepper, 53. Mike und Scheppi kennen sich seit der Schulzeit in Olten SO. Darum beginnt jede Begegnung der beiden mit einem verklärten Blick zurück auf ihre Zeit im Schultheater.

«Hey, Schätzu, gömmer zäme go ne Rundi dräie?» Viktor Giacobbo, hast du diesen Satz schon mal gehört?
Nein, sagt mir gar nichts.

Das ist Mike Müllers erste Rolle auf der Bühne. Fürs Theater der Kantonsschule Olten Anfang der 80er-Jahre. Mike brachte schon damals die Leute zum Lachen. Der Satz wurde im Schulhaus Kult.
Mike Müller: Nein, Werner, das stimmt nicht. Das war nicht meine erste Rolle. 

Was dann?
Das war etwas von Ernst Burren. Ich habe seine Texte vorgelesen, glaub ich.

Giacobbo/Müller

Hausmann: Abwaschen tun sie selbst. Aber die beiden neuen Wohnwagen müssen sie nicht selber von Ort zu Ort fahren. 

Geri Born

Und was war deine erste Rolle, Viktor?
Das war für ein Theaterstück der Pfadfinder. Ich sagte: «Äh, hebed mi au.» Und alle lachten. Weshalb, wusste ich schon damals nicht. Aber meine erste eigene Rolle mit einem eigenen Text war etwas anderes.

Was denn?
Ich war Conférencier an einem Schulsilvester.

Legendär war noch ein anderer Auftritt von dir, Mike. Wir spielten mit dem Kanti-Theater vor der versammelten Lehrerschaft von Solothurn. Und weil die Lehrer nicht lachten, hast du die Hose runtergezogen und dem Publikum deinen Hintern gezeigt.
Nein, auch das hast du falsch in Erinnerung, Werner! Ich habe nicht die Hose runtergezogen, weil sie nicht lachten, sondern weil sie ständig im Saal geredet haben, statt uns zuzuhören.

Ein Bild

Espresso: Mike Müller schwört unterwegs auf Kaffebohnen einer kleiner Rösterei

Ist es vorstellbar, dass du das im Circus Knie wieder tust, wenn das Publikum nicht zuhört oder nicht lachen will?
Nein. Unmöglich. So was passiert nur bei Lehrern. Ein unmögliches Publikum sind auch Werber und Journalisten.
Viktor Giacobbo: Das stimmt. Eine Vorstellung für Werber oder an einer Pressekonferenz für Journalisten machst du nur einmal im Leben, dann nie mehr.

Also hast du überhaupt keinen Bammel vor deinem ersten Zirkus-Auftritt, Mike?
Angst nicht, Respekt schon. Denn schliesslich hat mir Viktor 2006, als er zum ersten Mal mit Knie auf Tournee ging, erzählt, wie das so ist.
Giacobbo: Wir vertrauen auch auf unsere Figuren. Fredi Hinz, Hanspeter Burri & Co. kennen die Leute vom Fernsehen.

Ein Bild

Verstehen sich blind: «Wenn wir politisch ganz verschieden wären, ginge das wohl nicht»

Speziell ist dieses Zirkus-Engagement aber schon, Mike? 
Ja. Vor 2300 Besuchern zu spielen, ist schon mal einzigartig viel. Ich hatte erst einmal mehr, im Zürcher Hallenstadion. Aber das war ein Auftritt von sechs Minuten, die Knie zitterten. Doch es geht mir nicht um die Anzahl Zuschauer. Speziell ist, dass ich dies im Gegensatz zu Viktor noch nicht kenne und dass das Publikum rund um uns herum sitzt und nicht frontal. 

Seid ihr im Knie so politisch wie im TV?
Giacobbo: Nicht apolitisch, aber es ist bestimmt nicht die ultimative Politsatire. Das kannst du im Zirkus nicht machen. Wir klammern die Wirklichkeit nicht aus, machen Anspielungen und bauen Aktualitäten ein.

Wir machen tiergerechte Nummern, aber keinen kindergerechten Humor!

Was für Manege-Tipps hat dir Viktor gegeben, Mike?
(Lacht.) Also er hat mir keine Liste gegeben und dem kleinen Mike erklärt, was er machen soll.

Eure Beziehung ist speziell. Das geht so weit, dass euch alle fragen, ob ihr jetzt im gleichen Wohnwagen schläft.
Giacobbo: Ja, sogar Journalisten fragen das. Auch wenn es absurd ist. Was sollen wir beide im selben kleinen Bett in einem Wohnwagen? Schliesslich wohnen wir privat auch nicht in einer gemeinsamen Einzimmerwohnung.

Giacobbo/Müller 2019

Hoch zu Ross: Mike Müller: «Ich habe erst jetzt im Circus Knie reiten gelernt, das heisst draufsitzen und traben. 

Geri Born

Wann hast du das erste Mal von Mike Müller aus Olten gehört?
Das war Mitte 90er-Jahre nach einem Auftritt von Mike für die Sendung «Übrigens». Er spielte dort Peter Bichsel. Dies brachte unser Team von «Viktors Spätprogramm» auf die Idee, einen Sketch zu schreiben, in dem Mike mitspielen konnte. So kamen wir zusammen. Und merkten, dass wir ähnlich ticken und denken.

Auch politisch?
Ja. Wenn wir da ganz verschieden wären, ginge das wohl nicht.

Ab dann gabs kein Jahr mehr, wo ihr nicht was zu zweit gemacht habt.
Giacobbo: Richtig toll wurde die Zusammenarbeit für den Film «Ernstfall in Havanna». Ich habe damals darauf bestanden, dass Mike die Rolle kriegt. 
Müller: Diese sechs Wochen mit fünf Tagen Drehen und einem Tag Pause, dann wieder fünf Tage Drehen bis in die Nacht waren extrem intensiv.
Giacobbo: Auch neben dem Set wars extrem lustig in Santo Domingo.

Giacobbo/Müller 2019

Sauwohl: Viktor Giacobbo alberte 2006 mit einem Kamel rum, jetzt macht er im Knie mit einem Säuli das Kalb.

Geri Born

Also der Karibik-Klassiker mit Frauen, Trinken und so?
Müller: Nein, überhaupt nicht. Das war nicht der Ort dafür.
Giacobbo: Also gruslig wars schon auch. Weisst du nicht mehr, dieses Oktoberfest?
Müller: Ja, das war echt komisch – diese eingewanderten Deutschen und Schweizer mit ihren Frauen. Sauerkraut und Weissbier bei dreissig Grad in der Nacht! 

Zurück zum Zirkus. Als du, Viktor, letztes Mal dabei warst, gabs noch Wildtiere, Elefanten und Kamele. Jetzt nicht mehr. Spürst du einen Unterschied?
Nein. Die Familie Knie, die Requisiteure und die Marokkaner sind ja immer noch die gleichen. Auch die Weltklassenummern und der Groove mit den Artisten. 

Findest du es richtig, dass es im Knie keine Wildtiere mehr gibt?
Ja, das ist ein Zeichen der Zeit. Man kann einfach keine Raubtiere tiergerecht in einem Zirkus halten. Bei den Elefanten, die Arbeitstiere sind wie Pferde, habe ich es ein wenig anders gesehen.

Das Duo über die Zusammenarbeit mit Knie

Wie kam es diesmal zum Engagement?
Giacobbo: Ich kenne die Familie. Und die Knies haben immer mal wieder gefragt. Jetzt zum Jubiläum 100 Jahre Knie passte es einfach. Auch für Mike.

Und vermutlich habt ihr auch eine Super-Gage.
Giacobbo: Darüber reden wir natürlich nicht. Aber es ist überhaupt nicht so, dass wir hier im Vergleich zum Theater oder Film einfach abräumen und dann ausgesorgt haben. 

Ein Bild

Schlaf: Jedem sein eigenes Bett! Mike und Viktor haben beide von Knie einen Camper für die Tournee bekommen.

Aber den nigelnagelneuen Wohnwagen habt ihr gratis?
Giacobbo: Ja. Beide bekommen wir für diese Saison gratis einen zur Verfügung. Auch um den Transport müssen wir uns nicht selber kümmern. Das ist ein Privileg. Das war früher bei Ursus und Nadeschkin noch anders. Die mussten ihren Wohnwagen selber rumfahren.

Und noch ein Privileg habt ihr rausgeholt. Ihr müsst keine Nachmittagsvorstellungen geben. Tretet nur abends auf. Seid ihr zwei Kinderschrecke?
Giacobbo: Wir machen zwar tiergerechte Nummern, aber eben keinen kindergerechten Humor.
Müller: Du hast es schon mal besser gesagt: Die Kinder haben ein Recht darauf, uns nicht sehen zu müssen. Dafür bekommen sie super Clowns, die abends weniger zum Einsatz kommen.

Alle wollen in den Zirkus Knie

Was passiert, wenn es in einer Vorstellung kaum Zuschauer hat?
Giacobbo (lacht): Also im Knie ist das sicher nie der Fall.
Müller: Das Schlimmste, was mir mal passiert ist: Es kam kein einziger Zuschauer! Das war in Lörrach, und um 20.15 Uhr ging ich nach Hause.
Giacobbo: Knie ist weltweit die Nummer 1. Frag mal Leute aus dem Cirque du Soleil – die kämen jederzeit gerne zum Schweizer Nationalzirkus.
Müller: Hank Shizzoe, laut «Rolling Stone» der beste Blues-Gitarrist ausserhalb Amerikas, hat mir kürzlich erzählt, dass er nur wegen dem tollen Orchester, das alles kann, in den Knie käme – was für ein Kompliment!

Leiden aktuelle Projekte unter eurem Knie-Engagement?
Müller: Nein, wir können uns auf den Knie konzentrieren. Ich werde noch bei einem Film mitspielen, das sind nur zehn Drehtage. Aber die «Gemeindeversammlung» gehe ich an meinen freien Tagen jetzt sicher nicht spielen. Dazu haben ich auch keine Lust. Ich will jetzt im Zirkus sein.

 Weil ich nicht frühstücke, faste ich 16 Stunden am Tag. Das ist meine Diät!

Wie cool ist das Leben im Camper?
Giacobbo: Also ich wohnte ausser in meinem Solo-Jahr im Knie nie in einem Campingwagen. Hier fühlen wir uns wohl, es gibt genügend Platz. Beide Wohnwagen sind praktisch gleich eingerichtet.
Müller: Ich habe Biwak-Erfahrung. Mit 16 war ich mal mit meinem Onkel in Amerika campieren. Ich finds schön. Zudem ist es ja ein Reisezirkus, in dem man viel Zeit draussen verbringt. Drinnen schläft man praktisch nur oder kocht.
Giacobbo: Man kann essen, wo man will. Knie hat zwei grosse Küchen, sogar eine Halal-Küche für die Mitarbeiter aus Marokko. Daran sieht man, dass Knie ein sehr soziales Unternehmen ist. 

Giacobbo/Müller

Querköpfe: Beim Fotoshooting im Knie-Winterquartier in Rapperswil SG steht Viktor Giacobbo lieber mal schräg.

Geri Born

Zwei Säuli und ein Pferd sind bei euch im Programm. Habt ihr denn schon Erfahrungen mit Tieren?
Müller: Ja, ich habe mal eine Hunde-Nummer gespielt. Reiten, das heisst kurz draufsitzen und traben, das habe ich aber erst jetzt gelernt. Viktor hat 2006 mit Kamelen in der Manege Erfahrungen gemacht.

Geraldine Knie hat 24 Kilo abgenommen. Viktor, was ist das Geheimnis deiner Schlankheit?
Ich dachte schon, du wolltest jetzt Mike etwas fragen. Aber ich mach zufälligerweise seit Jahren die Diät, die momentan sehr populär ist: Weil ich nicht frühstücke, esse ich immer nur innert acht Stunden, und dann faste ich sechzehn Stunden. Nicht nach Plan, sondern weil mir das passt. Dafür esse ich in diesen acht Stunden alles, und irgendwie klappt das.
Müller: Du isst in diesen acht Stunden so viel, dass für mich nichts mehr übrig bleibt! Ende Saison bin ich so schlank wie Viktor. 

Von Werner De Schepper am 22. März 2019 - 16:15 Uhr, aktualisiert 22. März 2019 - 20:04 Uhr