Er kanns nicht lassen: Mit einem Salto springt Jamie Huser in den Pool im Garten des Ferienhauses in Kissimmee bei Orlando, das momentan sein Zuhause ist. «Bist du eigentlich nie müde?», fragt seine grosse Schwester kopfschüttelnd.
Diesmal begleitet Sarah Gattiker, 34, Jamie nach Florida. Jemand aus der grossen Familie – Jamie ist der Zweitjüngste von sieben Geschwistern – ist immer dabei, wenn der junge Sportler zum Training oder für Wettkämpfe in der Welt unterwegs ist.
Vom Bündnerland nach Florida
Jamie war zwei Jahre alt, als er erstmals auf einem Wakeboard stand. Daran erinnern kann er sich nicht. «Mami hat mir erzählt, dass sie mich einfach auf dem Brett umhergezogen haben», erzählt er lachend. Mit elf wurde er erstmals Schweizer Meister – in der Kategorie der Erwachsenen, weil er bereits zu gut war, um bei den «Boys» mitzufahren.
Das kommt nicht von ungefähr. Jamie wächst zwar im Wintersportort Flims GR auf, sein Vater Beat Gattiker ist aber ein Pionier in Sachen Wassersport: Mit der Wakeboard Academy in Kilchberg ZH gründete er die erste Wakeboard-Schule Europas. Sie wird inzwischen von Sarah und ihrem Bruder Sascha geführt.
Wenn es im Herbst zu kühl wird, um auf dem Zürichsee aufs Brett zu steigen, begibt sich Jamie in wärmere Gefilde: Die Region rund um Orlando ist auch wegen der Vielzahl an Seen ideal zum Wakeboarden (das Meer ist zu unruhig dafür).
Während andere Partys feiern, trainiert Jamie
Zudem hat Jamie hier einen Trainer gefunden. Der ehemalige Wakeboard-Champion Trevor Hansen, 31, schwärmt von seinem Schützling: «Er ist eines der grössten Talente, die ich je gesehen habe. Er beherrscht Tricks, die er in seinem Alter eigentlich noch gar nicht machen könnte. Wenn er so weitermacht, traue ich ihm die Weltspitze zu!»
Das dauert noch eine Weile. Und bis dahin muss Jamie auch zur Schule. Ist er länger in Florida, drückt der Siebtklässler auch hier die Schulbank. «In Englisch bin ich zu Hause in Flims jetzt super», erklärt er grinsend. Und sonst? «Geht so.»
Dass er nach Schulabschluss alles auf eine Karte setzt und Profi werden möchte, ist beschlossene Sache. Jamie Husers Ziel: «Ich will der beste Wakeboarder der Welt werden.» Dafür nimmt er einiges auf sich. Während seine Klassenkameraden langsam ins Alter kommen, in dem sie Partys feiern, ausgehen, die erste Freundin haben, konzentriert sich bei Jamie alles auf den Sport.
«Mami vermisse ich manchmal schon»
Für Wettkämpfe ist er in der ganzen Welt unterwegs – an den World Games im Februar in Polen fuhr er in die Top Ten. Sonst pendelt er zwischen Flims und Orlando, sieht seine Freunde und Familie manchmal wochenlang nicht. «Mami vermisse ich manchmal schon», gesteht er. «Ab Januar fliegt Edelweiss wenigstens direkt von Zürich nach Orlando, das erleichtert das Pendeln.»
Dafür erlebt Jamie mehr als andere. «Morgen fahren wir nach dem Training ins SeaWorld, das ist gleich ums Eck», erzählt er begeistert, als er aus dem Pool kraxelt. Sarah lacht. «Aber jetzt machst du erst mal Hausaufgaben.»
Jamie schüttelt sich, wirft einen Blick auf seine Schwester – und springt noch mal kopfüber in den Pool. Manchmal ist eben auch das grösste Wakeboard-Talent ein ganz normaler Bub.